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Digitalisierung & KI

Standpunkte Digitale Lösungen gegen den Personalmangel

Uwe Pranghofer, Head of Healthcare Business bei Avaya
Uwe Pranghofer, Head of Healthcare Business bei Avaya Foto: Avaya

Digitale und mobile Lösungen können das Pflegepersonal entlasten, indem sie sichere Datenverfügbarkeit in der gesamten Einrichtung bereitstellen und die Dokumentation vor Ort am Krankenbett erlauben. Uwe Pranghofer, Head of Healthcare Business bei Avaya, über die Anforderungen an Digitalisierung als Mittel gegen Personalmangel.

von Uwe Pranghofer

veröffentlicht am 05.01.2022

aktualisiert am 31.10.2022

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Pflegekräfte stehen immer stärker unter Druck. Dahinter steckt eine toxische Kombination aus hoher Verantwortung, Personalmangel und nicht immer zufriedenstellender Bezahlung. In der Corona-Pandemie hat sich die ohnehin schwierige Lage noch potenziert: Immer mehr Pflegekräfte sind am Limit und verlassen ihren Beruf. Somit sind für eine aktuell wieder deutlich steigende Anzahl an Intensivpatienten wesentlich weniger Fachkräfte verfügbar als etwa noch in den vergangenen drei Wellen der Pandemie.

Dass es kaum möglich ist, diese Situation in kurzer Zeit zu lösen, ist offensichtlich. Aber welche Lösungsansätze könnten mittelfristig Erfolge ermöglichen? Eine erste Erleichterung versprechen digitale Lösungen. Die werden zwar schon seit Jahrzehnten diskutiert, aber entscheidende Stellen haben die tatsächliche Umsetzung immer wieder verschleppt.

Die Bundesregierung hat dieses Problem nun erkannt und möchte es schnellstmöglich lösen. Das „Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege“ soll für eine Verbesserung der Lage sorgen, indem es Anreize gibt für die Weiterentwicklung von Telemedizin, elektronischer Patientenakte (ePA) und ähnlichen Lösungen. Zudem soll es die ganzheitliche digitale Vernetzung fördern. Hierzu gibt es bereits konkrete, gesetzlich festgelegte Fristen. In welchem Umfang diese Schritte allerdings tatsächlich fristgerecht umgesetzt werden, ist noch offen.

Dokumentation am Bett und transparente Patientenwünsche

Den Klinikalltag in der Dokumentation bestreitet das Personal seit vielen Jahren mit dem gleichen Instrumentarium: Stift, Papier und im besten Falle Desktop-PCs oder Laptops. Das bedeutet, dass Ärzt:innen und Pflegekräfte Anamnese, Therapien und Statusberichte am Krankenbett händisch notieren und später noch einmal in das Pflegesystem eintragen müssen. So haben sie zum einen die doppelte Arbeit und zum anderen können ihnen beim späteren Erfassen im System Übertragungsfehler passieren.

Eine verhältnismäßig schnelle Erleichterung können Kliniken hier schaffen, indem sie ihr Personal flächendeckend mit dienstlichen Mobilgeräten und professionellen Anwendungen ausstatten. Damit ermöglichen sie einerseits eine sichere Datenverfügbarkeit auf dem gesamten Campus und erlauben andererseits die Dokumentation vor Ort am Krankenbett. Das vereinfacht die Prozesse deutlich und senkt so die Zeit, die Pflegekräfte mit der Dokumentation aufwenden müssen anstatt mit der Patientenpflege.

Die Lösungen müssen dabei allerdings anwenderfreundlich gestaltet sein – die digitalen Kenntnisse sind nach eigenen Aussagen des Personals oftmals eher eingeschränkt und Zeit oder Budget für die Weiterbildung sind kaum vorhanden. Ein weiteres Problem von fehlendem Budget ist zudem die digitale Infrastruktur in zahlreichen Pflegeinstitutionen. Häufig ist sie veraltet und schlecht ausgebaut und taugt damit nicht für zukunftsfähige digitale Lösungen.

Dabei wären diese an einigen Stellen wichtig, unter anderem auch in der Kommunikation zwischen Patient:innen und Pflegepersonal. In den meisten Fällen können Patient:innen gegenwärtig ein Bedürfnis nur über den Stationsalarm melden, oder, wenn sie körperlich mobil genug sind, auf die Suche nach dem Krankenhauspersonal gehen. Das ist für beide Seiten zeitaufwändig und nicht ideal. Anders sieht es aus, wenn den Patient:innen eine Anwendung zur Verfügung steht, durch die sie gleichzeitig mit der Benachrichtigung ihr Anliegen kommunizieren. Das erlaubt den Pflegekräften eine schnelle Priorisierung und Zuordnung sowie die mögliche Delegation an nichtmedizinisches Personal – etwa wenn die Patient:innen nur ein zusätzliches Kissen oder ein Getränk benötigen. Damit entfallen unter anderem viele überflüssige Wege und Arbeitsschritte.

Ein weiteres Feld, in dem Pflegeinstitutionen die Abläufe beschleunigen und vereinfachen – und damit den Arbeitsplatz attraktiver machen – können, ist die interne Kommunikation. Mit professionellen Plattformen zur Online-Zusammenarbeit können sie hier Schnittstellen schaffen, unter anderem zur abteilungsübergreifenden Kooperation oder Abstimmung mit externen Experten sowie Hausärzt:innen.

Was muss sich jetzt bewegen?

Der erste Schritt in Richtung digitale Pflege muss jetzt sein, die notwendige digitale Infrastruktur zu schaffen. Mit dem Krankenhauszukunftsfonds bietet der Bund Kliniken eine Fördermöglichkeit, um das voranzutreiben.

Mindestens genauso wichtig ist aber, Weiterbildungsmöglichkeiten in Sachen Digitalisierung systemisch im Gesundheitswesen zu verankern. Denn: Der Einsatz moderner digitaler Anwendungen kann etliche Vorgänge effizienter, schneller und sicherer machen. Das ist aber nur zielführend, wenn die Pflegekräfte die neuen Möglichkeiten ohne lange Anlernzeiten und entsprechende Widerstände im Alltag anwenden können.

Der wichtigste Erfolgsfaktor für eine zügige Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie ist der Wandel in den Köpfen der Entscheidungsträger. Dieser Wandel ist für viele nur schwer greifbar, weil sie gewohnte Muster aufbrechen und bekannte Abläufe überarbeiten müssen. Um die Chancen der Digitalisierung zu verstehen, ist dies essenziell.

Wie können Kliniken Personal halten oder anziehen?

Natürlich führt kein Aspekt daran vorbei: Ein angemessenes Gehalt sowie humane Arbeitszeiten sind ein wichtiger Faktor, um Fachpersonal an ein Haus zu binden. Darüber hinaus sind aber vor allem die Arbeitsumstände wichtig. An dieser Stelle kann die Digitalisierung durch den Abbau der Bürokratie einen Anreiz für potenzielle Mitarbeiter:innen setzen: „Hier können sich die Mitarbeiter:innen wieder auf das Wichtigste konzentrieren – die Pflege.“

Uwe Pranghofer ist Head of Healthcare Business bei der Avaya GmbH & Co. KG.

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