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Digitalisierung & KI

Standpunkte Nachhaltigkeit in der Cloud

Marianne Janik, Deutschlandchefin von Microsoft
Marianne Janik, Deutschlandchefin von Microsoft Foto: Microsoft Deutschland

Digitalisierung und Klimaschutz müssen zusammengedacht werden. Denn ohne innovative Technologien werden wir es nicht schaffen, sowohl unseren Wohlstand als auch unseren Planeten zu retten, schreibt Marianne Janik, Deutschlandchefin von Microsoft. Dazu sollten Unternehmen und Verwaltung in grüne IT investieren.

von Marianne Janik

veröffentlicht am 05.11.2021

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Die Klimakrise ist und bleibt die größte Herausforderung, der wir in Deutschland und der Welt gegenüberstehen. Doch wir agieren ähnlich wie beim Thema Digitalisierung: Wir kennen das Problem, wir haben Strategien und Konzepte – und sind uns weitgehend einig, dass wir mehr tun und schneller vorankommen müssen. Nicht nur aufgrund dieser Parallele müssen wir Digitalisierung und Dekarbonisierung in Zukunft zusammen denken und angehen.

Fakt ist, ohne innovative Technologien werden wir es nicht schaffen, sowohl unseren Wohlstand als auch unseren Planeten zu retten. Wir brauchen technologische Innovationen, um die industrielle Produktion, Mobilität oder Energienetze effizient und nachhaltig zu gestalten. Schon heute haben acht von zehn Unternehmen ihren CO2-Ausstoß durch Digitalisierungsmaßnahmen verringert.

Paris-Ziele: Digitalisierung ist die halbe Miete

Doch die Potenziale sind deutlich größer. Laut einer Untersuchung des Beratungsunternehmens Accenture und des Branchenverbands Bitkom könnte Deutschland durch eine konsequente Digitalisierung seine in Paris vereinbarten Klimaziele schon fast zur Hälfte erfüllen. Allerdings sind – und das ist die Kehrseite der Medaille – Cloud-Rechenzentren, das Training von Künstlicher Intelligenz, die Blockchain-Technologie oder Quantencomputing ebenfalls energieintensiv und können ihr Versprechen nur einlösen, wenn sie selbst CO2-neutral werden. Hier sehe ich die IT-Industrie in der Verantwortung, den eigenen ökologischen Fußabdruck weiter zu verringern und ihre Kunden bei deren Nachhaltigkeitsbemühungen zu unterstützen – auch durch die Entwicklung entsprechender Technologielösungen.

Tatsächlich steht Nachhaltigkeit heute auf der Agenda vieler Firmen ganz weit oben, doch einen wichtigen Bereich klammern sie bisher weitgehend aus: Laut einer Studie von Capgemini verfügt zwar jedes zweite Unternehmen über eine Nachhaltigkeitsstrategie, doch nur jedes fünfte berücksichtigt dabei die eigene IT. Die Mehrheit der Befragten weiß weder, wie groß der CO2-Fußabdruck ihrer Unternehmens-IT ist, noch, wie sie eine nachhaltige IT gestalten sollen. Dabei lohnt es sich, jetzt in eine „grünere“ IT zu investieren, denn mit dem wachsenden Bedarf an Rechenpower wird auch der Einfluss der IT auf die Nachhaltigkeitsbilanz des gesamten Unternehmens weiter steigen.

Beispiel Rechenzentren: Cloud-Rechenzentren verbrauchen zwar viel Strom – allerdings deutlich weniger, als wenn jeder Nutzer ein eigenes Rechenzentrum betreiben würde. Tatsächlich haben neuere Untersuchungen klar belegt, dass größere Cloudanbieter tendenziell energieeffizienter arbeiten können, als kleinere Rechenzentrumsbetreiber – vor allem, wenn sie beim Betrieb auf regenerative Energien setzen.

Staat als Innovationstreiber für grüne IT?

Um das ganz große Ziel zu erreichen, braucht es eine Vielzahl von ganz unterschiedlichen Bausteinen, die intelligent ineinander greifen. Wir brauchen Investitionen in Innovationen, um den Wandel zum nachhaltigen Wirtschaften und die weitere Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch zu ermöglichen Und wir brauchen die enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Verwaltung, wie die Einbindung aller Ebenen des Staates von der Kommune bis zum Bund, denn Dekarbonisierung wie Digitalisierung sind Querschnittsaufgaben, die nur gemeinsam gelöst werden können.

Schließlich trägt der öffentliche Sektor selbst als Eigentümer von Liegenschaften oder über den öffentlichen Personenverkehr direkt zu Emissionen in den großen Bereichen Gebäude und Mobilität bei. Als großer Nachfrager können Bund, Länder und Kommunen aber auch Wegbereiter, Förderer und Leitnutzer umweltfreundlicher Technologien sein. Das Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand liegt Schätzungen zufolge bei mehr als 400 Milliarden Euro pro Jahr, davon entfällt etwa die Hälfte auf Bund und Länder, die andere Hälfte auf die Kommunen.

Gerade die Rolle des öffentlichen Sektors als Leitnutzer moderner Technologien wird bisher im IT-Bereich kaum thematisiert. Dabei hatte McKinsey schon vor zwölf Jahren in einer Studie über „Potenziale der öffentlichen Beschaffung für ökologische Industriepolitik und Klimaschutz“ im Auftrag des Bundesumweltministeriums auf das Potenzial dieses Bereichs hingewiesen.

Schon damals stellten die Berater einen Nachfrageanteil der öffentlichen Hand am Servermarkt in Deutschland von 20 Prozent fest. Die Deutsche Energie-Agentur (dena), die als Tochtergesellschaft des Bundes öffentliche und private Akteure bei der CO2-Reduktion berät, empfiehlt Kämmerern und Bürgermeistern Investitionen in „Green IT“. Doch wir sind noch weit davon entfernt, deren Potenziale strategisch einzukalkulieren und konsequent zu heben.

Öffentliche Hand braucht breiter angelegte Klimastrategien

Auch im öffentlichen Sektor werden zunehmend die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Möglichkeiten der Cloud für den Klimaschutz zu nutzen. Die EU-Kommission hat in diesem Jahr „Kriterien für das umweltorientierte öffentliche Beschaffungswesen für Datenzentren, Serverräume und Cloud-Dienstevorgelegt. Deren Anwendung ist jedoch freiwillig. Auch das Umweltbundesamt betont, dass es prinzipiell zulässig ist, Umweltkriterien in Vergabeverfahren einzubauen. Sie können in der Leistungsbeschreibung, bei der Eignungsprüfung und auch den Zuschlagskriterien Eingang finden.

Entscheider in Bund, Ländern und Kommunen haben es also in der Hand, die CO2-Einsparpotenziale der Cloud zu heben. Diese beschränken sich nicht auf die direkten Einsparungen durch grüne Rechenleistung. Mit Einsparungen durch Innovationen für mehr Energieeffizienz in Behörden und öffentlichen Unternehmen lassen sich diese noch erhöhen. Die öffentliche Hand braucht daher breit angelegte Strategien für den Klimaschutz – und die Cloud einen prominenten Platz darin.

Marianne Janik ist Chefin von Microsoft Deutschland. Zuvor betreute die studierte Rechtswissenschaftlerin für fünf Jahre Microsoft Schweiz als Ländermanagerin. 

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