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Energie & Klima

Standpunkte Wie ein PPA-Boom zur Realität werden kann

Stefan Degener, Geschäftsführer bei GreenGo Energy Germany
Stefan Degener, Geschäftsführer bei GreenGo Energy Germany Foto: GreenGo Energy Group

In Zeiten von knappen Kassen kann sich die Bundesregierung nicht allein auf die EEG-Förderung zur Finanzierung von Erneuerbaren verlassen. Die Direktvermarktung von Strom mittels Power Purchase Agreements wird daher künftig unerlässlich sein, um die Klimaziele zu erreichen, ist Stefan Degener von GreenGo Energy überzeugt. Besonders kleinen und mittleren Unternehmen muss dabei der Zugang zu PPAs erleichtert werden.

von Stefan Degener

veröffentlicht am 14.06.2024

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Der förderfreie Zubau erneuerbarer Energien mithilfe von Instrumenten der Direktvermarktung hat im vergangenen Jahr stark zugelegt und gewinnt angesichts der aktuellen Haushaltslage der Bundesregierung zunehmend an Bedeutung. Zukünftig wird die Finanzierung von Erneuerbare-Energien-Projekten in Form der Direktvermarktung des Stroms über Power Purchase Agreements (PPA) oder den Verkauf an der Strombörse (Merchant Power Sales) weiter zulegen und zu einem zentralen Strukturmerkmal der Energiewirtschaft werden.

Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Stromgestehungskosten für erneuerbare Energien kontinuierlich sinken und PPAs zur Flexibilisierung und Preisstabilisierung in der Energiewirtschaft beitragen können. Dennoch bleibt das Marktpotenzial hinter seinen Möglichkeiten zurück und bedarf Anschubmaßnahmen, die die Abnehmerbonität kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) sowie Stromhandelsunternehmen stärken.

PPAs können zukünftige Flexibilitätsanforderungen erfüllen

Allein im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der PPA-Abschlüsse gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Für diesen Trend ist eine Reihe von Entwicklungen verantwortlich zu machen. Dazu zählt die starke Kostendegression erneuerbarer Energien und die dadurch steigende Nachfrage nach immer größeren Mengen erneuerbarer Energien, die insbesondere durch größere Solarkraftwerke erzeugt werden können, jedoch aufgrund der Größenbeschränkung von mittlerweile 50 Megawatt nicht an den EEG-Auktionen teilnehmen dürfen. Hinzu kommen ausgeförderte Post-EEG-Anlagen, die fortwährend in den Markt schwemmen und zumindest ihre Betriebskosten über die Erlöse aus einem PPA sichern müssen.

Aus systemischer Sicht besteht ein wesentlicher Vorteil darin, dass PPAs – je nach Ausgestaltung – flexibilitätssteigernd und damit preisvolatilitätsdämpfend eingesetzt werden können und den strukturellen Flexibilitätsanforderungen des zukünftigen Energie(ziel)systems dienen. Denn PPAs können für verschiedene erneuerbare Strommarktprodukte (und als Produktbündel) abgeschlossen werden und schaffen auf Abnehmerseite Anreize für erzeugungsinduzierte Flexibilitäten. Daher können PPAs eine entscheidende Rolle bei der strukturierten Strombeschaffung durch Aggregatoren beziehungsweise Energieversorgungsunternehmen (EVUs) spielen. Diese Anreizwirkung ist wünschenswert, da sie einen effizienten Ausgleich von Stromerzeugung und -verbrauch auf dem Markt ermöglicht.

Überraschend knappe Mittel, absehbare Haushaltskonflikte

Angesichts der knappen Haushaltsmittel müssen verstärkt Instrumente in den Blick genommen werden, die den Bundeshaushalt nicht übermäßig belasten und den Ausbau der erneuerbaren Energien weit über die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) forcierten Ausbaupfade hinaus flankieren können. Hierzu zählt die Direktvermarktung von grüner Energie aus Neuanlagen ohne Förderung, wodurch der Ausbau der erneuerbaren Energien zunehmend privatwirtschaftlich finanziert würde.

In grober Vereinfachung bietet die Direktvermarktung in Form von PPAs eine wirtschaftliche Alternative und Ergänzung zur Finanzierung durch die staatlich garantierten Vergütungssätze des EEG, indem zwischen Stromerzeugern, Zwischenhändlern oder Direktverbrauchern die direkte Lieferung einer garantierten Strommenge (physischer PPA) über einen bestimmten Zeitraum einschließlich einer definierten Verteilung über die Zeit vereinbart wird. Dieses komplexe Vertragswerk übernimmt die Sicherheit der über 20-jährigen staatlich garantierten Vergütungssätze und ermöglicht es so den finanzierenden Banken und Investoren, Preis- und Bonitätsrisiken zu tragen.

Gezielt Sicherheiten für KMUs schaffen

Obwohl sich die Anzahl der PPA-Abschlüsse erhöht, bleibt das Marktpotenzial in Deutschland noch weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur könnten bis 2030 bis zu 192 Terawattstunden (TWh) über PPAs finanziert werden, was etwa 25 Prozent des gesamten prognostizierten Strombedarfs von 750 TWh in Deutschland im Jahr 2030 entspricht.

Grund dafür ist, dass sich KMUs in den meisten Fällen nicht langfristig gegen Energiepreisrisiken absichern können, da ihr Nachfragevolumen zu klein ist, um an der Strompreisbörse direkt zu handeln und Hedging-Strategien umzusetzen. Zudem verfügen sie für den Abschluss von PPA häufig nicht über die notwendige Bonität. So bleiben sie darauf angewiesen, ihren Strom über lokale, regionale oder überregionale Versorger einzukaufen.

Dabei könnte ein PPA für den Bezug von Strom aus erneuerbaren Energien für KMU langfristige Preisstabilität schaffen. Um ein solches PPA abschließen zu können, muss jedoch die Bonität des Abnehmers gegeben sein. Die kurz- bis mittelfristige Einführung staatlicher Kreditgarantien zur Absicherung von PPAs mit neu errichteten Erneuerbare-Energie-Anlagen kann ein sehr probates Mittel zur Sicherstellung der Abnehmerbonität sein. Für die öffentlichen Haushalte führt eine Bürgschaft nicht zu einem unmittelbaren Abfluss von Finanzmitteln, da diese erst im möglichen Schadensfall (Insolvenz des KMU) fällig werden.

Weiterhin verfügen einzelne KMU in der Regel nicht über eine ausreichend hohe Stromnachfrage, die den erzeugertypischen Losgrößen entspricht. So können Stromeinkaufsgemeinschaften aus mehreren KMU mit komplementären Nachfrageprofilen gebildet werden, um Mindestabnahmemengen, das heißt erzeugertypische Losgrößen, zu erreichen. Um diese Nachfragebündelung zu ermöglichen, haben sich bereits Start-ups, aber auch etablierte Stromhandelsunternehmen positioniert.

Schließlich führen die Komplexität der Verträge und die damit verbundenen Transaktionskosten zu einer geringeren Nachfrage von KMU nach PPAs. Auch in diesem Bereich sollten das „Offtaker-Pooling“ sowie standardisierte Musterverträge helfen, den Zugang von KMU zum Einkauf grüner Energie zu vereinfachen. Die beschriebene Beschaffungsstrategie und Erzeuger- und Abnehmerkonstellationen führen verstärkt zu einem Impuls für die Entwicklung des Strommarktes und die Integration von erneuerbaren Energien.

Im Ergebnis würden PPAs künftig stärker in den Strommarkt integriert, um den wettbewerblichen Ausbau der erneuerbaren Energien weiter zu fördern und den EEG-getriebenen Ausbau – der allein auf Grund fiskalischer Restriktionen nicht ausreichen wird, um die hohen Ausbauziele zu erreichen – zu ergänzen.

GreenGo Energy entwickelt große, subventionsfreie Solarkraftwerke, deren Strom in der Regel über PPA oder über den Handel an der Strombörse vermarktet wird.

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