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Energie & Klima

Standpunkte Ein Generalverdacht gegen Energieversorger ist nicht gerechtfertigt

Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des VKU
Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des VKU Foto: VKU/Chaperon

Natürlich muss ein Missbrauch der geplanten Energiepreisbremsen verhindert werden, schreibt der Hauptgeschäftsführer des Verbands Kommunaler Unternehmen, Ingbert Liebing. Den Verdacht, Energieversorger wollten sich zulasten des Steuerzahlers aus der Krise mogeln, weist er entschieden zurück.

von Ingbert Liebing

veröffentlicht am 06.12.2022

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Die Regelungen der Energiepreisbremsen des Bundes gegen Missbrauch sind sehr streng. Angesichts der dafür aufgewandten Steuermilliarden ist das nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar sind jetzt aber Medienberichte, in denen Energieversorger pauschal unter den Generalverdacht gestellt werden, sie wollten „Abzocke“ betreiben. Die Stadtwerke halten seit Monaten auch in Krisenzeiten Deutschland am Laufen. Sie setzen komplizierte Gesetze der Politik um. Das verdient Anerkennung statt Pauschalkritik. Und für Aufrufe zur Zahlungsverweigerung gibt es keine Rechtfertigung.

Bereits seit vielen Monaten weisen wir darauf hin, dass weitere Preiserhöhungen notwendig sind. Die Beschaffungspreise liegen im Terminhandel auch weiterhin extrem hoch. Wenn sie vor wenigen Wochen auf dem Zehnfachen des Vorkrisenniveaus lagen und inzwischen auf das Fünf- bis Siebenfache gesunken sind, mag man sich darüber freuen. Tatsächlich bedeuten sie aber immer noch deutlich höhere und schmerzhafte Beschaffungspreise. Es ist logisch und zwingend, dass sie ihren Niederschlag in den Verbraucherpreisen finden.

Es gibt bereits ein scharfes Schwert

Dieser Entwicklung im Großhandel können sich auch die Stadtwerke nicht entziehen. Genau das ist ja auch der Grund für die dringend notwendigen Preisbremsen. Deshalb ist es richtig, dass diese auch weiterhin sachlich gerechtfertigte und wirtschaftlich gebotene Tariferhöhungen erlauben. Darüber hinaus gehende Preissteigerungen halten auch wir nicht für gerechtfertigt.

Es ist Aufgabe der Kartellbehörden, die Einhaltung dieser Vorgabe zu prüfen und durchzusetzen. Die Gesetzentwürfe der Bundesregierung gehen über die bisherige kartellrechtliche Kontrolle noch einmal hinaus. Zudem gilt eine Beweislastumkehr, dass in den Verfahren nach den Preisbremsengesetzen die Versorger ihr rechtskonformes Verhalten gegenüber den Kartellbehörden nachweisen müssen. Das ist ein scharfes Schwert und heftig. Aber wir akzeptieren dies, weil auch wir ein Interesse daran haben, dass schwarze Schafe die Lage und die Gesetze nicht ausnutzen.

Die Stadtwerke beschaffen ihre Energie konservativ vorausschauend auf Termin. Das hat sich für die Kundinnen und Kunden der Stadtwerke in den vergangenen Monaten segensreich ausgewirkt. Sie wurden vor noch höheren Preisen geschützt. Ansonsten wäre die Preissteigerung der Spotmärkte viel früher und heftiger gekommen. Allerdings sind die Versorger gegen massiv gestiegene Marktpreise nicht immun. Sie müssen sie im angemessenen Rahmen schrittweise weitergeben. Das passiert jetzt gerade zum Jahreswechsel und ist seit langem vorhersehbar gewesen.

Gefährliche Aufrufe

Die Gesetzentwürfe der Ampel zu den Energiepreisbremsen enthalten noch weitere Regeln, um missbräuchliche Tariferhöhungen zulasten des Steuerzahlers zu verhindern. Das gilt für das Einfrieren der Grundpreise ebenso wie für die Begrenzung der Boni auf 50 Euro bei Neuverträgen. Diese klaren und eng gefassten Vorgaben begründen sich mit dem erheblichen Aufwand, den der Staat zur Finanzierung der Energiepreisbremsen betreibt. Das akzeptieren wir. Der pauschale Vorwurf allerdings, die Energieversorger würden Optimierungsfinesse zulasten des Steuerzahlers betreiben, entbehrt jeder sachlichen Grundlage.

Ohne die Zahlen einzelner Energieversorger bewerten zu können, bleibt festzuhalten: Gerade die Stadtwerke und kommunalen Energieversorger als verlässliche Träger kommunaler Daseinsvorsorge geben ihr Bestes, um die Energieversorgung sicherzustellen und die geplanten Entlastungen der Gas-, Wärme- und Strompreisbremse fristgerecht an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterzugeben. Schon das ist eine gewaltige Kraftanstrengung für die Mitarbeitenden in den Unternehmen.

Umso ärgerlicher sind, wie jüngst vom Bund der Energieverbraucher initiiert, pauschale Aufrufe an Energieverbraucher, ihre Preiserhöhungen nicht zu bezahlen. Diese Aufrufe entbehren jeder Grundlage. Sie sind auch für die Kundinnen und Kunden gefährlich, weil sie dadurch in Zahlungsverzug geraten. Hier versucht ein Verband, sich zu profilieren, aber betätigt sich im Ergebnis als Brandstifter. Dies ist unverantwortlich gerade in Krisenzeiten: Wir brauchen mehr Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, um die Krise gemeinsam durchzustehen, als derartige reißerische Aktionen.

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