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Energie & Klima

Standpunkte G7 und G20 müssen das Momentum nutzen

Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung KlimaWirtschaft
Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung KlimaWirtschaft Foto: Stiftung KlimaWirtschaft

Vor dem G7-Gipfel in Hiroshima und auf dem Weg zur COP 28 sind deutliche Signale der wirtschaftsstärksten Länder in Richtung einer grünen Transformation der Weltwirtschaft dringend notwendig, schreiben Sabine Nallinger und Brick Medak von der Stiftung KlimaWirtschaft in ihrem Standpunkt.

von Sabine Nallinger

veröffentlicht am 05.05.2023

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Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock haben diese Woche auf dem Petersberger Klimadialog ein wichtiges Signal an die Unternehmen weltweit gesendet. Sie haben vorgeschlagen, dass sich die Staatengemeinschaft auf der diesjährigen UN-Klimakonferenz in Dubai auf eine Verdreifachung des globalen Ausbaus der erneuerbaren Energie bis 2030 und eine Steigerung der Energieeffizienz einigen solle.  

Um international glaubwürdig für ambitionierten Klimaschutz eintreten zu können, muss Deutschland aber zuhause auch seine klimapolitischen Hausaufgaben erledigen. Die Ampelkoalition sollte daher zu einem chancenorientierten Narrativ „Fortschritt durch Klimaschutz“ zurückkehren. Es gilt, Blockaden zu lösen und das hohe Tempo für die grüne Transformation vorzulegen, das wir für die Dekade der Umsetzung benötigen. 

Auf dem Treffen der G7-Minister:innen Mitte April in Sapporo hatten sich diese zum ersten Mal auf globale Ausbauziele für die erneuerbaren Energien geeinigt. Das wurde umgehend von EU-Kommissionspräsident Ursula von der Leyen aufgegriffen, die vorgeschlagen hat, auf der nächsten UN-Klimakonferenz zusätzlich noch ein globales Ziel für die Steigerung der Energieeffizienz zu verabschieden.

Diese beiden wichtigen Initiativen müssen aufbauend auf dem Petersberger Dialog beim G7-Gipfel Mitte Mai in Hiroshima und vor allem auch später auf dem G20-Gipfel im September in Neu-Delhi bestätigt werden. Ohne den massiven und schnellen Ausbau der Erneuerbaren und die Steigerung der Energieeffizienz weltweit dürfte das 1,5-Grad-Ziel außer Reichweite bleiben. Den G7- und G20-Staaten kommt dabei eine besondere globale Verantwortung zu. 

Das würde ein bereits bestehendes Momentum bei der grünen Transformation der Weltwirtschaft nochmals verstärken. Viele klimaneutrale Technologien haben die Schwelle zur Massenanwendung überschritten und sind auf dem Weg, kosteneffizienter als ihre fossilen Alternativen zu werden. Die Wirtschaft ist bereit, diese Technologien einzusetzen und massiv zu skalieren. In einer hochgradig globalisierten Welt erfordert dies jedoch mehr politische Unterstützung, Investitionen auch vonseiten der Staaten sowie klare internationale Rahmenbedingungen, Ziele und Zeitpläne. Die Unternehmen brauchen greifbaren Fortschritt, um noch mehr Investitionen in die grüne Transformation zu lenken.

Fünf zentrale Signale der G7 und G20 für die grüne Transformation der Weltwirtschaft 

Gerade der bevorstehende G7-Gipfel bietet eine wichtige Gelegenheit, das Momentum für weltweiten ambitionierten unternehmerischen Klimaschutz weiterzunutzen und auf dem Weg zur COP 28 die Weichen für eine klimaneutrale Weltwirtschaft zu stellen.

Dafür sind fünf Signale der Regierungen vor der COP 28 besonders wichtig: 

Der weltweite Ausstieg aus den fossilen Energien rückt näher. Das klare Bekenntnis hierzu muss mit ehrgeizigen Zielen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, der entsprechenden Infrastruktur und zur Steigerung der Energieeffizienz unterlegt werden. Der Beschluss der G7-Minister:innen in Sapporo ist hier ein erster guter Schritt, reicht aber noch nicht aus. Notwendig ist mindestens eine Verdreifachung des globalen Ausbaus bis 2030.  

Zweitens: Die Zeit ist reif, das globale Ende der Kohleverstromung endgültig zu besiegeln. Notwendig ist hier ein eindeutiges Signal für einen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens 2030 in den OECD-Staaten und bis 2040 im Rest der Welt, wie ihn auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres fordert. Bisher fehlt es hier an der notwendigen Eindeutigkeit. Gleichzeitig muss man sich auf die baldige Einstellung der öffentlichen Finanzierung von fossilen Projekten im Ausland einigen.    

Drittens: Die Regierungen sollten sich zudem zu dem Ziel von 100 Prozent Elektromobilität bei Pkws bis 2035 bekennen. Die Entscheidung für die Elektromobilität als Leittechnologie ist weltweit bereits gefallen. Die Automobilindustrie mit ihren globalen Wertschöpfungsketten kann auch Vorreiter für globale grüne Leitmärkte werden.  

Viertens: Die Bundesregierung möchte auf der COP 28 einen inklusiven Klimaclub etablieren, der über einen reinen Club der G7-Staaten weit hinaus gehen soll. Ein zentrales Thema soll hier die globale grüne Transformation der Industrie sein. Der Club erfreut sich zunehmender Beliebtheit bei vielen Staaten, auch wenn teilweise noch unklar ist, was er wirklich leisten soll und kann. Er kann aber helfen, Brücken zwischen den Industrienationen und vor allem dem Globalen Süden zu bauen. 

Und schließlich, fünftens: Die Regierungen sollten den Aufbau einer globalen Infrastruktur unterstützen, soweit die Produktion, der Transport und die Nutzung von Wasserstoff im Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel bleiben.  

Deutschland muss treibende Kraft werden 

Innerhalb der G7 und G20 kommt Deutschland als größter Industrienation in der EU eine besondere Rolle zu, den Ausbau der Erneuerbaren als Kern des European Green Deal voranzutreiben und diesen damit auch als Vorbild für andere Weltregionen zu präsentieren. Der Klimaclub geht auf eine Initiative von Bundeskanzler Olaf Scholz zurück. Deutschland setzt damit schon wichtige Akzente, muss aber auch im Sinne der grünen Transformation der eigenen Wirtschaft noch mehr Führungskraft und Initiative in der EU und weltweit zeigen.

Etwa indem man den nationalen Ausstieg aus der Kohle auf 2030 vorzieht, ein baldiges Ende der öffentlichen Finanzierung von fossilen Projekten im Ausland verkündet und die Unterstützung des Globalen Südens bei der Klimafinanzierung mit sechs Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt 2024 und 2025 endgültig zusichert.  

Sabine Nallinger ist Vorständin der Stiftung KlimaWirtschaft. Brick Medak leitet den Bereich Europäische und Internationale Politik der Stiftung KlimaWirtschaft. 

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