In den 80 Jahren ihres Bestehens haben der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank viele von fossilen Energien angetriebene Strukturen mitaufgebaut, deren Emissionen die Grundlage der sich zuspitzenden Klimakrise sind. Auf die Klimakrise und die schnelle Abfolge mit ihr zusammenhängender Krisen haben beide Institutionen bisher keine ausreichende Antwort.
IWF und Weltbank sind konzipiert worden, um die Folgen vielleicht einer Krise pro Jahrzehnt abfedern zu können – nicht einer pro Jahr. Und Investitionen in fossile Energien galten lange als ein Rezept zur Abfederung von Krisen. Die Dimension der Klimakrise könnte nun für sie und andere multilaterale Entwicklungsbanken einen grundlegenden Umbau bedeuten.
Schädliche Billionen-Dollar-Flüsse eingrenzen
Laut eines kürzlich veröffentlichten Berichts einer Expertengruppe um Nicholas Stern und Vera Songwe müssten jährlich eine Billion US-Dollar an externer Finanzierung an Schwellen- und Entwicklungsländer fließen, China ausgenommen. 2020 schafften es die Industrieländer jedoch nicht einmal, die versprochenen 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und -anpassung im globalen Süden zu mobilisieren. Was wir stattdessen beobachten, ist eine Verschiebung von Billionen Dollar in die falsche Richtung: Öl- und Gasstaaten fahren wegen der hohen Preise Rekorderträge ein.
Wir brauchen also nicht nur mehr Finanzierung für den Klimaschutz, wir brauchen auch dringend einen zügigen Rückgang der Investitionen, die ihn konterkarieren. Dies gilt auch für öffentliche Finanzinstitutionen.
Multilaterale Entwicklungsbanken gefordert
Die kürzlich beendete Weltklimakonferenz in Scharm El-Scheich hat – weitgehend unbemerkt vom Großteil der Öffentlichkeit – diesen Umbruch eingeläutet. Die Vertragsstaaten des Pariser Abkommens – von denen fast alle auch Anteilseigner multilateraler Entwicklungsbanken sind – fordern nichts weniger als eine grundlegende Reform der internationalen Finanzarchitektur. Sie drängen darauf, die Geldflüsse für Klimaschutz deutlich zu erhöhen, und verlangen von multilateralen Entwicklungsbanken, ihre Geschäftsmodelle und Finanzinstrumente so anzupassen, dass sie der Klimanotlage gerecht werden.
Dies könnte bedeuten, dass diese für die Vergabe öffentlicher Gelder zuständigen Banken den Schutz globaler öffentlicher Güter zum erklärten Ziel ihrer Geschäfte machen, oder dass sie mit ihrem Kapital mehr Risiken eingehen, um mehr öffentliche Gelder hierfür verfügbar zu machen. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze hat zudem vorgeschlagen, dass Kreditzinsen für Klimaschutzprojekte niedriger als für andere Projekte sein sollten.
Sicherheitsrelevante Finanzierungsmechanismen für Klimavorhaben angedacht
Bei den G20, den führenden Industrie- und Schwellenländern, liegen überdies bereits Vorschläge aus der Überprüfung der sogenannten Kapitaladäquanzrahmen vor. Dabei geht es darum, bankinterne Vorgaben so anzupassen, dass mehr Kapital für Klimaschutz und -anpassung vergeben werden kann, ohne die Bonität der Banken und deren bevorrechtigten Status als Gläubiger zu gefährden. Dies könnte ihre Kreditvergabe verdreifachen.
Eine andere große Komponente der angestrebten Reform ist die „Bridgetown Agenda“, deren erstes Ziel es ist, Ländern nach Extremwetterereignissen eine Chance zu geben, schnell zu reagieren. Dazu brauchen sie zügig verfügbare Liquidität – etwa durch temporäres Aussetzen von Kreditrückzahlungen. Anstatt Schulden zurückzuzahlen, könnten sie so die klimabedingten Schäden bewältigen. Zweitens unterstützt die Agenda die oben genannten Empfehlungen zu den Kapitaladäquanzrahmen. Drittens fordert sie die Ausgabe von 650 Billionen Dollar in sogenannten Sonderziehungsrechten – diese Rechte können gegen die frei verfügbaren Währungen des IWF getauscht werden, also Dollar, Euro, Yen, Renminbi und Britisches Pfund – für den Klimaschutz.
Schon wird darüber gesprochen, wie bei der nächsten Münchener Sicherheitskonferenz die Dynamik für die Reform befeuert werden kann – um massive Sicherheitsrisiken zu verhindern. Bis zu ihren Frühjahrstagungen müssen Weltbank und IWF eigene Reformvorschläge vorlegen und Optionen zur Umsetzung der Empfehlungen zum Kapitaladäquanz-Rahmen präsentieren. Frankreichs Präsident Macron lädt im Juni zu einem Gipfel für „einen neuen Finanzpakt mit dem Süden“, bei dem unter anderem die Sonderziehungsrechte des IWF im Zentrum stehen werden.
Fragen an die Bundesregierung
Noch sind viele Fragen offen, eine davon hat der künftige brasilianische Präsident Lula da Silva bei seiner Rede auf dem Weltklimagipfel angesprochen: Es braucht Institutionen, die Dinge verändern können. Dazu sei aber eine Stimmrechtsverteilung nötig, die nicht die Welt von 1945, sondern von heute abbilde. Es bleibt abzuwarten, ob auch die USA zu einer Reform bereit sind, die ihre damals gesicherte Vormachtstellung einschränkt.
Die Bundesregierung hat ihren Sustainable-Finance-Beirat beauftragt, Vorschläge für eine führende Rolle Deutschlands zum Thema zu entwickeln. Wird die Bundesregierung zur Dynamik beitragen, indem auch sie Reformen bei den multilateralen Entwicklungsbanken und der Weltbank vorantreibt? Wird das Finanzministerium die Empfehlungen aus dem G20-Prozess unterstützen? Es liegt an Bundesbank und Regierung, die deutschen Ansprüche auf Sonderziehungsrechte für den globalen Klimaschutz nutzbar zu machen und, wenn nötig, das Bundesbankgesetz anzupassen. Die globale Transformation kann nur gelingen, wenn die Gelder in die richtige Richtung gelenkt werden.