Viele Patienten bewerten ihren Arzt auf Google oder auf anderen Bewertungsportalen und teilen den Internetnutzern auf diese Weise ihre eigenen Erfahrungen mit. Nach einer Bitkom-Studie aus dem Jahr 2019 vereinbart bereits jeder vierte seinen Arzttermin online. Ärzte mit vielen positiven Bewertungen können sich deshalb im Internet von anderen Kollegen abheben und Patienten für sich gewinnen. Negative Bewertungen sind hingegen lästig und sorgen für einen schlechten Ruf des Arztes. Auf der anderen Seite ist natürlich die Meinungsfreiheit des Bewertenden zu beachten. Immer wieder haben sich Gerichte mit der nicht ganz leichten Abwägungsfrage zu beschäftigen. Wir möchten in diesem Artikel die rechtlichen Fallstricke im Umgang mit Google, Facebook, Sanego, Jameda und Co. etwas näher darstellen.
Von der Rechtsprechung gebilligt
Zunächst einmal ist es so, dass ein „Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfülle, sofern die Betreiberin als neutraler Informationsmittler auftrete“ (s. z.B. das Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 30.04.2020, Az.: 16 U 218/18). So weit so gut. Das heißt übersetzt: Solange Jameda, Sanego, DocInsider als auch Google & Co. ihre objektive Stellung nicht verlassen, unterstehen sie dem Schutz der Meinungsfreiheit.
Der Arzt kann keine Löschung seiner Basisdaten erlangen
In dem Fall vor dem OLG Frankfurt ging es nun darum, dass sich eine Augenärztin gegen eine negative Bewertung zur Wehr setzte, die zunächst zwar unsichtbar, im weiteren Verlauf beziehungsweise nach Prüfung durch das Bewertungsportal allerdings wieder sichtbar wurde. Die Augenärztin verlangte daraufhin eine vollständige Löschung ihres Profils, und zwar ihrer sogenannten Basisdaten, sodass keine Bewertungen unter ihrem Namen mehr möglich wären.
Das Gericht lehnte einen solchen Anspruch ab und begründete dies mit der obigen Annahme, also damit, dass ein Arztbewertungsportal eine gesellschaftlich erwünschte Funktion erfülle. Die Abwägung fiel somit zu Gunsten der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und gegen die Interessen der betroffenen Ärztin aus.
Der „richtige“ Umgang mit negativen Bewertungen
Die Entscheidung zeigt, dass eine Negativbewertung – solange sie die Grenze zur reinen Schmähkritik nicht überschreitet –eine Existenzberechtigung hat. Generell gibt es einen Mangel an seriösen, systematisch zusammengestellten Informationen zur Qualität in der ambulanten und stationären Versorgung: Im klinischen Bereich bieten Bewertungen zu Fachkliniken und Bewertungen von Kliniken untereinander Orientierung. Aber auch die sind lückenhaft, weswegen etwa die Ersatzkassen den Gemeinsamen Bundesausschuss dazu auffordern, ein Qualitätsportal für Kliniken einzurichten. Erhebungen zeigen, dass Patienten und Patientinnen immer noch am häufigsten auf Empfehlung ihrer ambulanten Ärzte vertrauen, wenn es um die Klinikwahl gehen. Für die Wahl eines ambulanten Arztes oder Therapeuten fehlen systematische und seriöse Bewertungsportale; neben Empfehlungen aus Freundes- oder Familienkreis dürften Online-Bewertungen, auch wegen ihrer einfachen Zugänglichkeit, eine der wichtigsten Quellen bei der Entscheidung sein.
Gerade deshalb kann eine negative Bewertung, vor allem, wenn sie weit oben gelistet wird, einen negativen Einfluss auf das Praxisgeschäft haben. In einem ersten Schritt ist eine negative Bewertung deshalb darauf zu prüfen, ob sie diffamierende Wirkung hat oder ob sie Ausfluss der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit ist. Während unwahre Tatsachenbehauptungen (also Geschehnisse, die einem Beweis zugänglich sind und mit wahr oder falsch eingestuft werden können) freilich zu entfernen sind, müssen subjektive Meinungsäußerungen – mit Ausnahme der Schmähkritik – grundsätzlich hingenommen werden.
In einem zweiten Schritt ist zu überlegen, ob ein Löschantrag sinnvoll erscheint oder ob zum Beispiel eine öffentliche Kommentierung der Bewertung eine praktikable Alternative darstellt. Gegebenenfalls ist auch eine kumulierte Vorgehensweise sinnvoll, wobei natürlich tunlichst darauf zu achten ist, die ärztliche Verschwiegenheitsverpflichtung zu wahren. Welcher Weg eingeschlagen werden soll, richtet sich vor allem nach dem Inhalt der Bewertung und was dieser entgegengehalten werden kann oder zum Beispiel danach, ob der Bewertende überhaupt Patient der Praxis war.
Einen Königsweg gibt es nicht, da von Fall zu Fall zu entscheiden ist, wie die Chancen auf eine Löschung der Bewertung einzustufen sind. Wichtig ist vor allem eine nachhaltige Herangehensweise, also insbesondere eine stetige Pflege des Profils sowie eine regelmäßige Überprüfung der Bewertungen verbunden mit einem Ausloten der rechtlichen und strategischen Möglichkeiten. Auf Grund der negativen Auswirkungen schlechter Bewertungen auf das Bild eines Arztes in der Öffentlichkeit sollte diesen auf jeden Fall die notwendige Beachtung geschenkt werden.
Christian Erbacher, ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Lyck+Pätzold healthcare. Er berät Ärzte, Kliniken und Gesundheitsunternehmen bei allen medizinrechtlichen Fragestellungen, insbesondere bei der Umsetzung von Kooperationsmodellen und MVZ-Gründungen sowie bei allen Fragen zum eHealth.