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Gesundheit & E-Health

Standpunkte ePA sollte Bürgerpflicht werden

Willms Buhse ist Transformationsberater
Willms Buhse ist Transformationsberater Foto: doubleYUU

Seit zwei Jahren können alle gesetzlich Versicherten die elektronische Patientenakte (ePA) ihrer Krankenkassen erhalten. Aus dem Können, der Kür, sollte langsam eine Pflicht werden. Denn bisher wird die e-Akte deutlich zu wenig genutzt, damit ist sie ein Symbol für den Stand der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen.

von Willms Buhse

veröffentlicht am 01.02.2023

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Vorerkrankungen, Medikamente, Unverträglichkeiten, Blutwerte, behandelnde Ärzte – in den meisten Fällen stehen diese Informationen immer noch verteilt in verstaubten Aktenordnern in verschiedenen Praxen und Kliniken. Das mag etwas überspitzt formuliert sein, entspricht aber viel zu oft der Realität. Die
Digitalisierung im Gesundheitswesen wurde bisher verschlafen. Auch die elektronische Patientenakte wird ihrer Rolle als Vorreiterprojekt in Sachen digitaler Transformation des Gesundheitswesens nicht gerecht. Von den potenziell 73 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland haben sich nur 550.000 für eine ePA entschieden. Das sind weniger als ein Prozent.

Das Problem? Ist vielseitig: Neben verschiedenen, in der Regel emotionalen Vorbehalten in Sachen Datenschutz, scheint die „Holschuld“ eine Hürde zu sein. Bisher müssen Versicherte die ePA bei ihren Krankenkassen beantragen. Außerdem ist das Pflegen der Akte und ihr Befüllen mit digitalen Kopien bisher mit viel Eigeninitiative auf Seiten der Versicherten verbunden. Das soll sich ändern: 2023 oder spätestens 2024 wird die ePA für alle Versicherten eingerichtet. Wer das nicht möchte, muss aktiv widersprechen. Dieser „Opt-Out-Lösung“ ist aber kein Garant für das Gelingen des zentralen Digitalisierungsprojekts der Branche.

Guter Wille der Versicherten reicht nicht

Die ePA muss auch von möglichst vielen Versicherten genutzt und von den Leistungserbringern befüllt werden. Wie dies gesichert werden soll, ist aus meiner Sicht, nicht verbindlich geregelt. Nur auf den guten Willen der Versicherten zu setzen, wird nicht ausreichen. Das Gesundheitswesen darf diese Gelegenheit nicht verpassen, denn die Digitalisierung ist die größte Chance, unseren maroden Gesundheitsbereich effektiver zu machen. Eine McKinsey-Studie hat ermittelt, dass durch die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens 42 Milliarden Euro pro Jahr eingespart werden können. Die ePA ist das zentrale Element, um diese Vorteile abzuschöpfen. Doch sie ist auch eine zentrale Technologie für die Patienten. Die ePA bietet den Krankenkassen die Möglichkeit, ihren Versicherten eine Vielfalt an zeitgemäßen, digitalen Services zur Verfügung zustellen. Angebote, Services und Kommunikation verbessern sich damit erheblich für den Kunden.

Damit ist die ePA ein wichtiger Schritt in der digitalen Transformation des Gesundheitswesen und auch ein Wegbereiter für den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). Tatsächlich ist zu erwarten, dass der Einsatz künstlicher Intelligenz in Forschung, Verwaltung und Versorgung die Medizin stark verändert wird. Auf der einen Seite wird Zeit eingespart und die Qualität der Arbeit erhöht. Andererseits können möglicherweise auch Finanzmittel effizienter eingesetzt werden. KI hat durch ihre Fähigkeit, sich wiederholende Aufgaben zu automatisieren, Daten zu analysieren und Patienteninformationen schnell und effizient zu verarbeiten, erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheitsbranche.

In den letzten Jahren nimmt KI eine immer wichtigere Rolle bei der Diagnose, der Behandlung von Krankheiten und letztlich der Verbesserung der Behandlungseffizienz ein. Beispielsweise kann die KI bösartige Erkrankungen erkennen und diagnostizieren, indem sie Daten aus Computertomographie,
Röntgenaufnahmen und anderen bildgebenden Verfahren verarbeitet. Wenn aber der Aufbau von Vertrauen in die elektronische Patientenakte schon Jahre dauert, haben wir im Bereich KI noch einen (zu) langen Weg vor uns. Alle Akteure im Gesundheitswesen sollten zusammenarbeiten und bereit ein, das Tempo zu erhöhen, denn die Digitalisierung ermöglicht auch gänzlich neue Wege der Kommunikation zwischen Ärztinnen und Ärzten auf der einen und Patientinnen und Patienten auf der anderen Seite.

Dr. Willms Buhse ist Transformationsberater, Buchautor und Key Note Speaker.

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