Das Haupthaar wird dünner, im Schlafzimmer läuft es nicht mehr wie gewohnt, seit Monaten spürt man ein Gefühl von Antriebslosigkeit. Das sind keine Themen, über die man gerne spricht. Nicht mit dem Partner oder der Partnerin, aber schon gar nicht mit jemand Fremden: einem Arzt. Wenn der Leidensdruck zu groß wird, suchen viele im Internet nach Rat, stoßen dort aber auf unseriöse oder nicht-medizinische Angebote.
„Die Zugangsbarrieren zum konventionellen Medizinsystem sind oft zu hoch und nicht mehr zeitgemäß – sie müssen dringend reduziert werden”, sagt der Psychiater Dr. Simon Senner, der Oberarzt am Klinikum der TU München ist und dem medizinischen Beirats unseres Unternehmens Wellster angehört. Eine Ursache dafür ist die Unwissenheit, dass es sich bei den Beschwerden um ein medizinisches Problem handelt. Und dass es dafür Diagnosen gibt, die Effluvium, erektile Dysfunktion und depressive Episode heißen – mit entsprechenden Therapiemöglichkeiten. So wird zum Beispiel Haarausfall als Lifestyle-Problem abgetan, ohne zu berücksichtigen, dass es für viele eine psychische Belastung darstellt.
Psychische und nicht zeitgemäße Zugangsbarrieren
Scham und Stigma spielen zusätzlich eine Rolle – oft fühlen sich Patienten beim Arzt unverstanden, weil die Beschwerden nicht ernst genommen werden. Dies trifft besonders bei Depressionen zu, die nicht selten mit den wenig tröstenden Worten abgetan werden, man solle sich eine Auszeit nehmen. „Bei psychischen Erkrankungen ist die Sorge ,abgestempelt’ zu werden groß. Patienten vermeiden daher den klassischen Arztkontakt”, so Senner.
Viele komplizierte Wege erschweren zusätzlich die Motivation zum Handeln. Der Allgemeinarzt stellt die Überweisung zum Facharzt aus, auf dessen Termin man lange wartet. Im Anschluss muss der Patient noch das Rezept in der Apotheke einlösen. Verstärkt wird diese Hürde durch die Antriebslosigkeit, wenn psychische Belastungen zu den Beschwerden hinzukommen.
„Manche Menschen möchten nicht in einer Arztpraxis mit gesundheitlichen Problemen konfrontiert werden – man spricht hier von Vermeidungsverhalten. Wenn sie dann online nach ihren Symptomen googeln, sollte es dort auch seriöse Therapieangebote geben”, so Senner.
All-in-One Lösung für die Gesundheit
Die Vermutung liegt nahe, dass ein Online-Arzt diesen Problemen in Teilen gerecht werden kann. Der aktuelle Telemedizin-Markt spricht aber vor allem diejenigen an, die sowieso schon in ärztlicher Behandlung sind. Es geht hier also vor allem um ein Umverteilen von offline zu online. Nach der Diagnose wird der Patient allein zurückgelassen. Außen vor bleiben bisher alle Unentschlossenen, die gar nicht wissen, dass es eine Lösung für ihr Problem gibt. Die richtigen Antworten liefern derzeit Gesundheitsplattformen mit vertikal integrierten und rein digitalen Patientenerlebnis.
Was das genau bedeutet? Der Patient wird proaktiv von einer spezialisierten Themenplattform angesprochen, ohne dass er nach einem Arzt sucht. Das geschieht über TV- und Plakatwerbung, oder wenn er das Problem im Internet googelt. So wird er auf die vollintegrierte Lösungsplattform weitergeleitet. Die Nutzer füllen einen Fragebogen aus, senden Bildmaterial zu oder nehmen optional eine Videosprechstunde wahr – der Arztbesuch ist dadurch auch von zu Hause möglich. Die Diagnose wird vom Arzt per Ferndiagnose gestellt, das Rezept je nach Wunsch des Patienten an eine Versandapotheke oder Apotheke vor Ort übermittelt.
Medizinische Aufklärung via Social Media
Vollintegrierte Plattformen decken das gesamte Patientenerlebnis ab. Das meint eine digitale Lösung, die therapeutische, medikamentöse oder nicht-medikamentöse Behandlungsoptionen einschließt. Der ganzheitliche Behandlungserfolg kann unter Anleitung von qualifizierten Fachärzten entlang der geltenden medizinischen Richtlinien sichergestellt und fortlaufend optimiert werden.
Auch aus kommunikativer Sicht bieten vollintegrierte Plattformen Vorteile: Durch Social-Media-Aktivitäten, Content Marketing, Kundenbewertungen und -empfehlungen sowie SEO-Aktivitäten kann langfristig eine starke Kundenmarke etabliert werden. Über die Sozialen Medien lernen Betroffene Methoden kennen, inwiefern es bei Beschwerden, zum Beispiel Haarausfall, medizinische Lösungen gibt. Außerdem können sie untereinander Erfahrungen austauschen.
Nachhaltige, digitale Patientenbetreuung
Vollintegrierte Gesundheitsplattformen sprechen also Menschen an, die noch gar nicht wissen, dass es für ihr Problem eine Lösung gibt. Dadurch stellen sie auch keine Konkurrenz zu Ärzten oder Apothekern dar. „Die Digitalisierung wird es schaffen, Therapien schneller und individueller allen Menschen zugänglich zu machen. Es ist wichtig, dass wir neue Wege gehen und Zugangsbarrieren reduzieren. Das Potential vollintegrierter Plattformen ist riesig“, so Dr. Senner.
Während Telemedizin-Anbieter grundsätzlich einmaligen Kontakt zu ihren Patienten haben, setzen vollintegrierte Plattformbetreiber auf regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen. Dabei werden Behandlungen kontinuierlich angepasst oder die Medikamente auf Abonnement-Basis geliefert. Sie schaffen eine Nähe zum Patienten und dessen Problem, indem sie ihn durch den gesamten Prozess nachhaltig begleiten – von der Diagnose bis hin zur individuellen Behandlung.
Nico Hribernik war 2018 einer der Gründer der Wellster Healthtech Group, zu der unter anderen gospring.de, myspring.com oder helloeasy.de gehören. Seit ihrem Go-Live im Mai 2019 nutzen bereits mehr als eine Million Menschen telemedizinische Sprechstunden über die Plattformen von Wellster.