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Smart City

Standpunkte Demokratie braucht offene Daten

Sven Tetzlaff, Bereichsleiter bei der Körber-Stiftung
Sven Tetzlaff, Bereichsleiter bei der Körber-Stiftung Foto: Körber-Stiftung

Offene Gesellschaften brauchen offene Daten. Doch um diese effektiv zu nutzen, braucht es auch Schnittstellen – zwischen Verwaltung und Civic Tech-Community, zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Das schreibt Sven Tetzlaff von der Körber-Stiftung anlässlich des zweitägigen Forums Offene Stadt, das heute in Hamburg beginnt.

von Sven Tetzlaff

veröffentlicht am 17.11.2022

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Demokratien stehen unter Druck. Seit fast 20 Jahren nimmt ihre Zahl weltweit nicht mehr zu, sondern ist im Gegenteil rückläufig. Die einstige Erfolgsgeschichte von Demokratie, von Transparenz staatlichen Handelns, mehr Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und mehr Zugänglichkeit von Informationen und Daten ist zunehmend gefährdet. Bedrohungen erwachsen den liberalen Demokratien nicht nur von außen, durch den Aufstieg von autoritären und diktatorischen Regimen, sondern auch von innen.

In der jüngsten Forsa-Umfrage im Auftrag der Körber-Stiftung gaben lediglich 50 Prozent der Befragten an, Vertrauen in die Demokratie in Deutschland zu haben. Wie kann hier gegengesteuert werden? Die Antwort muss schlicht lauten: Durch mehr Partizipation. Vertrauen in die Demokratie und die Bereitschaft sich für sie zu engagieren, lässt sich nur stärken, wenn Menschen sich beteiligen können – auch durch die Nutzung von Verwaltungsinformationen. Offene Gesellschaften brauchen offene Daten.

Offene Daten als Treibstoff für die Transformation der Städte

Auf kommunaler Ebene verfügen Verwaltungen über sehr große Mengen an Informationen und Daten, die erhoben und weiterverarbeitet werden. Diese Datenschätze zu heben, sie auch für die Zivilgesellschaft, für Wissenschaft und Wirtschaft verfügbar und nutzbar zu machen, wird dabei helfen, dass die transformativen Herausforderungen der Kommunen besser zu bewältigen sind.

Das reicht von innovativen Mobilitätskonzepten im ländlichen Raum und der Verkehrswende in unseren Städten mit Ladeinfrastruktur oder Ridepooling-Angeboten über eine bessere Auslastung von Kindertagesstätten bis hin zur Bewässerungssituation innerstädtischer Baumbestände oder dem Monitoring der Flusspegel. Die Bereitstellung und Nutzung offener Daten in Kombination mit modernen Technologien sind ein wichtiger Baustein, um politische Partizipation und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Und sie können zum Treiber für Innovationen werden. Offene Daten sind kein Nice-to-Have, sondern wesentlicher Beitrag zur Stärkung und Weiterentwicklung unserer Demokratie.

Unter der Überschrift „Nutzung von Daten und Datenrecht“ hat die Ampel-Regierung sich im Koalitionsvertrag auf Bundesebene viel vorgenommen. Gemessen wird ihr Erfolg letztlich an der Umsetzung. Wie weit Staaten dabei kommen können, zeigt beispielweise Taiwan, dessen Demokratie zwar deutlich jünger ist als jene der Bundesrepublik, dafür jedoch umso stärker durch die Digitalisierung geprägt wird.

Eine der treibenden Kräfte hinter der Entwicklung des Landes ist Audrey Tang – seit 2016 Digitalministerin in Taiwan. Sie erinnert daran, dass der Weg zur Smart City mit der Zusammenarbeit von Menschen beginnt. Die Nutzung von öffentlichem Code sieht sie als einen Schlüssel, um Kooperation auch über Grenzen hinweg zu ermöglichen und damit den Fortschritt zu gestalten. Ihr Credo lautet, Freiheit und Demokratie als neues Paradigma einer kollaborativen Governance gemeinsam zu gestalten – um letztlich auch die Freiheit für kommende Generationen zu sichern.

Mehr sektorenübergreifender Austausch und gemeinsames Lernen

Neben dem Blick auf die Möglichkeiten, Open Data politisch Schubkraft zu geben, braucht es aber auch Räume für einen kontinuierlichen Austausch zwischen Verwaltung und Civic-Tech-Community, zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das Forum Offene Stadt lädt regelmäßig zu diesem Austausch bundesweit ein, eine ganze Reihe von zivilgesellschaftlichen Organisationen und kommunalen Stellen auf diesem Feld sind mit Angeboten ebenfalls unterwegs. Aber bislang ist die Diskussion, wie Open Data zum Gemeinwohl beitragen kann, eher ein Spezialist:innenthema.

Hier wäre eine breitere Debatte wünschenswert. Wie können mehr gute Beispiele für Open Data geschaffen werden, die die Skeptiker:innen in Verwaltungen, in der Politik und auch in der Öffentlichkeit überzeugen? Die Bereitstellung, Aktualisierung und Pflege von Open Data ist ressourcenintensiv, Fragen der Standardisierung maschinenlesbarer Daten sind ebenso zu klären wie Mechanismen der technischen Anbindung, Datenschutz- oder Lizenzaspekte. Hier gilt es insbesondere, die bereits vorhanden Positivbeispiele besser zu kommunizieren, deren Nutz- und Anwendungswert überzeugt.

Um zu nachhaltigen Lösungen zu kommen, braucht es verlässliche Strukturen für Zusammenarbeit. Das lässt sich leichter organisieren in dafür geeigneten Programmen. In diesem Jahr sind die Hansestadt Hamburg – in Kooperation mit der Körber-Stiftung – und die Stadt Detmold als erste deutschen Städte auf lokaler Ebene der Open Government Partnership beigetreten. Das zeigt: Die Räume für die Erprobung von mehr Zusammenarbeit werden auch auf kommunaler Ebene größer.

Sven Tetzlaff leitet bei der Körber-Stiftung den Bereich Demokratie, Engagement, Zusammenhalt. Zuvor hat er viele Jahre die historisch-politischen Projekte der Stiftung wie den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten verantwortet. Er ist ausgebildeter Sozial- und Wirtschaftshistoriker und hat nach dem Studium an unterschiedlichen Ausstellungs- und universitären Forschungsprojekten mitgearbeitet. Das Forum Offene Stadt findet am 17. und 18. November in Hamburg statt und ist auch per Livestream verfolgbar.

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