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Smart City

Standpunkte Der Staat kann mehr – wenn er sich öffnet

Felix Dinnessen, Partner Public Sector bei Deloitte
Felix Dinnessen, Partner Public Sector bei Deloitte Foto: Deloitte

Deloitte hat globale Trends bei der Digitalisierung des öffentlichen Sektors untersucht. Zusammenarbeit der Behörden und Ämter mit nicht-staatlichen Akteuren ist einer davon. Zu Recht, sagt Felix Dinnessen, Partner Public Sector bei Deloitte. Denn Innovationen gehen nur gemeinsam.

von Felix Dinnessen

veröffentlicht am 12.12.2023

aktualisiert am 18.12.2023

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Datensätze werden ressortübergreifend genutzt, Verwaltungsprozesse digitalisiert, nicht-staatliche Akteure stärker in Verwaltungshandeln eingebunden – so ebnet die öffentliche Verwaltung in Deutschland den Weg für eine stärkere behörden- und sektorübergreifende Zusammenarbeit. Damit ist sie nicht allein, zeigt ein neuer Report des Deloitte Center for Government Insights, der neun Trends identifiziert, die den öffentlichen Sektor weltweit bewegen.

Die großen Herausforderungen unserer Zeit – sei es der Klimawandel, die Digitalisierung oder die demografische Entwicklung – erfordern gesamtgesellschaftliche Ansätze. Der Government Trend Report zeigt, dass diese Lösungsansätze selten ausschließlich aus dem öffentlichen Sektor kommen: Wirksames Handeln erfordert Netzwerkdenken und gemeinsame Lösungsansätze. Daher sucht die öffentliche Verwaltung die Zusammenarbeit mit nicht-staatlichen Akteuren, wie Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen und Einzelpersonen, um gemeinsam Lösungen für Staat und Gesellschaft zu entwickeln.

Wo der Staat sich überall schon öffnet

Ein Beispiel hierfür ist der Nationale Pakt Cybersicherheit zwischen der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft, der darauf hinwirkt, die Cybersicherheit in Deutschland zu stärken. Der Pakt legt den Grundstein für eine effektive Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Industrie, Wissenschaft und den Bürger*innen, um eine ganzheitliche und robuste Cybersicherheitsstrategie zu entwickeln und umzusetzen.  

Auch rund um neue Unternehmen und Innovationen gibt es konkrete Beispiele für interdisziplinäre Zusammenarbeit: Der Govtech-Campus bietet einen Experimentierraum für Akteure aus Wissenschaft, Verwaltung und Unternehmen, in dem sie gemeinsam an Innovationsprojekten arbeiten. So wird Expertise aus allen Bereichen gebündelt und für die Bürger*innen und Unternehmen durch Vernetzung und Modernisierung von Verwaltungshandeln und -leistungen nutzbar gemacht.

Auch der von Deloitte ins Leben gerufene KI-Park bietet ein Innovationsökosystem speziell für Anwendungen Künstlicher Intelligenz. Die Mitglieder aus Forschung, Unternehmen, Start-ups oder der öffentlichen Hand haben hier die Möglichkeit, miteinander in den Diskurs zu treten, neue Technologien kennenzulernen und zu erproben und deren weitere Entwicklung am Markt mitzuverfolgen.

Fortschritt und Veränderung passieren nicht zuletzt aufgrund von Plattformen wie dem Govtech-Campus und dem KI-Park nicht mehr isoliert, sondern in gemeinsamen Initiativen und Anstrengungen. Solche Beispiele des Austausches mit Start-ups und Unternehmen unterstreichen die Relevanz übergreifender Zusammenarbeit, um Innovation in der öffentlichen Verwaltung zu befähigen. Ich bin davon überzeugt, dass es in Deutschland viele kluge Ideen und Konzepte für die sicherheitsrelevanten Herausforderungen unserer Zeit gibt, die in angepasster Form auch der öffentlichen Verwaltung bei einer adäquaten Lösungsfindung helfen.  

Daten nutzen – Daten teilen 

Darüber hinaus spielt eine gesteigerte und übergreifende Datennutzung eine wichtige Rolle, um alltägliche Herausforderungen zu bewältigen und die Lebensqualität in unserem Land nachhaltig zu steigern. Um die Daten, die der Verwaltung zur Verfügung stehen, effizient zu nutzen, soll unter anderem die deutsche Registerlandschaft modernisiert werden. Die stark fragmentierten, nicht vernetzten oder digital verfügbaren Datenbestände werden demnach zentral bereitgestellt. Die Überwindung von Datensilos resultiert nicht nur in vereinfachten Prozessen für Bürger*innen und Unternehmer*innen.

Ein gutes Datenmanagement ist auch die Grundvoraussetzung für technologische Entwicklungen und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung. Gut ist Datenmanagement dann, wenn es einerseits für eine Vereinheitlichung von Datenbeständen sorgt, um Automatisierung zu ermöglichen, und andererseits die individuellen Ansprüche jedes Ministeriums und jeder Behörde nicht außer Acht lässt. Kurzum: Ein einheitliches Datenmanagement bildet die Grundlage für den Einsatz datenbasierter Technologien wie KI. Diese Modelle können immer nur so gut sein, wie die Datengrundlage, aufgrund der sie trainiert wurden. 

Ende-zu-Ende digitalisieren

Technologische Innovationen und Prozessoptimierungen helfen, Informationen schneller und besser zu verarbeiten und die Qualität der Dienstleistungen zu steigern. Auch das Personalwesen, Finanzen und weitere Abteilungen, die zum Funktionieren der öffentlichen Verwaltung beitragen, profitieren hiervon. Diese sogenannten Backoffice-Funktionen rücken zunehmend in den Fokus bei der Bewältigung der Frage, wie Verwaltungsdienstleistungen verbessert werden können.  

Nachdem bei vielen OZG-Umsetzungsprojekten zunächst vor allem die Frontend-Digitalisierung im Vordergrund stand, wurde immer deutlicher, dass für eine tatsächliche Ende-zu-Ende Digitalisierung auch die Backend-Prozesse von Anfang an mitgedacht werden müssen. Hierbei können neue Vorgehensweisen und Ansätze, wie etwa die Anwendung von KI-Assistenten, zu einer deutlichen Beschleunigung hin zu einer „echten“ Digitalisierung beitragen.  

Bedacht werden müssen außerdem Shared-Services-Ansätze – an sich ist die Konsolidierung sämtlicher Dienstleistungsprozesse einer Organisation kein neues Konzept, aber eines, das im Kontext von Backend-Innovationen und Automatisierung wieder an Relevanz gewinnt. Nicht zuletzt aufgrund des demographischen Wandels, der auch in der öffentlichen Verwaltung in den kommenden Jahren zunehmend zu Buche schlagen wird, muss die Konsolidierung von Dienstleistungsprozessen innerhalb einer oder mehrerer Verwaltungseinheiten mitgedacht werden. So können Effizienzen gehoben und Miterabeiter*innen langfristig entlastet werden – das wiederum lässt mehr Raum für die Nutzung und Erprobung von Innovationen.

Auf die Umsetzung kommt es an

Eines haben alle Trends gemeinsam: Auf dem Papier allein wird die Transformation nicht stattfinden – es geht um die tatsächliche Umsetzung. Oftmals beobachten wir, dass die Entscheidungsfindung für einen konkreten Veränderungsschritt immer wieder hinausgezögert wird. Das kann unterschiedliche, vielfältige Gründe haben – zum Beispiel fehlende Verantwortlichkeit, der Wunsch, möglichst viele Ungewissheiten absichern zu wollen, um Fehler zu vermeiden, oder einfach die Komplexität der Herausforderung an sich. Eines steht aber fest: Veränderungen gestaltet man zusammen – durch intensiven Austausch, effektive, interdisziplinäre Zusammenarbeit und gegenseitiges Lernen.

Felix Dinnessen ist Partner bei Deloitte Consulting Deutschland und Leiter des Geschäftsfelds Government und Public Services. Mit seinem Team unterstützt er Einrichtungen aus dem öffentlichen Sektor bei der Digitalisierung und Einführung innovativer Technologien. Zu seinen Beratungsschwerpunkten zählen die Entwicklung von Digitalisierungsstrategien, die Begleitung von Innovations- und Förderprogrammen sowie die Umsetzung von Digitalisierungsprogrammen in den Bereichen von E-Government und Smart Cities.   

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