Die Stadt Linz steht – wie die meisten Städte - vor großen Herausforderungen: Modernisierungsdruck, Klimawandel, Generationenwechsel, Mitarbeiter:innenbindung und Budgetverantwortung. Um diese zu meistern, setzen wir stark auf Digitalisierung und sehen diese als große Chance. Dabei spielt Künstliche Intelligenz (KI) eine wichtige Rolle.
KI bietet uns neuartige Lösungen für gegenwärtige Probleme: der voranschreitende Generationenwechsel in öffentlichen Organisationen, der volatile Arbeitsmarkt, das gemeinhin als Herausforderung anerkannte Thema des Wissensmanagements in großen, diversifizierten Organisationen oder auch ganz allgemein die viel geforderte Effizienzsteigerung, um in gleichbleibender Arbeitszeit mehr und bessere Services für Bürger:innen anbieten zu können.
Nach dem Leitfaden haben wir, wie angekündigt, intensiv an einer KI-Strategie für die Verwaltung von Linz gearbeitet. Diese wird nun auch präsentiert. Herzstück dieser KI-Strategie ist neben zahlreichen Usecases, die wir in den nächsten Monaten und Jahren geplant haben, die Arbeit in einer Pionier:innengruppe.
Den Überblick behalten
Hintergrund dieser Pionier:innengruppe ist die Tatsache, dass die technologische Entwicklung rasant voranschreiten und die möglichen Anwendungsmöglichkeiten stetig mehr werden. Beinahe jede Woche bekommen wir Angebote für neue Usecases und fast alle versprechen uns die besten Ergebnisse. Es ist schwierig geworden, den Überblick zu behalten und auch die richtigen Technologieentscheidungen zu treffen. Einerseits ist man getrieben und möchte KI rasch zum Einsatz bringen, anderseits müssen gewisse Entscheidungen auch wohlüberlegt sein.
In Linz haben wir schnell erkannt, dass KI einen Vorteil bei der Suche auf der Webseite der Verwaltungsservices bringen könnte. Wir bekamen viele Angebote für Lösungen und haben in der Folge einen Piloten gemacht, der vielversprechend geklungen hat. Bei den Tests der neuen Suche waren wir dann allerdings enttäuscht, die KI hat zu viel halluziniert, obwohl die Basis eigentlich nur der Content der Webseite war. Wir haben uns dann entschlossen, vorerst nicht online zu gehen. Das Risiko vor (berechtigter) medialer Kritik war uns dann zu groß.
Dies war der Moment, in dem ich erkannte, dass wir methodisch anders vorgehen müssen. Da kam die Idee eine Pionier:innengruppe einzurichten, denn es braucht eine breite Auseinandersetzung mit den diversen Angeboten, die an uns herangetragen werden und vor allem muss viel ausprobiert werden. Bereits heute beschäftigen sich zahlreiche Kolleginnen und Kollegen mit KI, den zugrundeliegenden Methoden, potenziellen Einsatzgebieten bis hin zu Prototypen und ersten Umsetzungsprojekten.
Eine KI-Erstanlaufstelle
Um dieses Wissen zu bündeln, den weiteren Austausch zu fördern und den Teilnehmer*innenkreis zu erweitern, stellt diese Gruppe eine zentrale Anlaufstelle für KI dar. Die Aufgabe der Gruppe ist es daher, KI-Anwendungsmöglichkeiten zu erkennen und zu evaluieren, kritischen Austausch zu fördern, als KI-Erstanlaufstelle für Fragen und Anregungen zu fungieren, Quick Wins umzusetzen und zu experimentieren.
Die Gruppe soll als zentrale Erstanlaufstelle für alle Belange rund um KI fungieren. Sie ersetzt dabei nicht bereits existierende Strukturen, sondern stellt eine Ergänzung dar, um möglichst rasch und unkompliziert einen Wissenstransfer sicherzustellen und den Nutzer:innen Handlungsempfehlungen zu geben.
Die Gruppe erhält regelmäßige fachliche Inputs und Lizenzen etwa für KI-Tools wie MS Co-Pilot oder diverse andere LLM-Tools. Wesentlich zu betonen ist, dass sich die Kolleg*innen freiwillig gemeldet haben und ergänzend zu ihren zahlreichen beruflichen Aufgaben in der Pioniergruppe mitwirken.
Inhaltlich hat sich die Pionier:innengruppe bisher beispielsweise mit folgenden Themen beschäftigt:
- Formulare automatisiert befüllen lassen
- Zusammenfassung von umfassenden Dokumenten
- Suche – Wissensmanagement und Beratung nach Außen
- Beschwerdemanagement – Standardantworten
- Generierung von Fotos/Videos (Schulungsvideos)
- Protokolle automatisch erstellen lassen (Spracherkennung)
- Bilderkennung, zum Beispiel im öffentlichen Raum (Digitaler Zwilling)
Abschließend möchte ich betonen, dass aus meiner Sicht aktuell KI nur unterstützen, aber nicht ersetzen kann. Aufgabe der Organisations- und Personalentwicklung ist es, Mitarbeiter:innen zu ermutigen und zu befähigen, KI im Arbeitsalltag aktiv einzusetzen.
Dabei sollen sie die Datenschutz- und Amtsgeheimnisvorschriften wahren, das Urheberrecht und das geistige Eigentum respektieren, die menschliche Kontrolle sicherstellen, die Fairness und Nichtdiskriminierung gewährleisten und die Best Practice Beispiele dokumentieren. Den rechtlichen Rahmen bietet dafür der AI-Act.
Ulrike Huemer leitet als Magistratsdirektorin seit 2020 die Verwaltung der österreichischen Stadt Linz. Zuvor war sie viele Jahre CIO der Stadt Wien. Die Verwaltungsplattform Apolitical zählte sie im Jahr 2019 zu den 100 einflussreichsten Personen im Bereich digitale Verwaltung.
Bisher von ihr in dieser Rubrik erschienen: „IT-Kompetenzen helfen Integration und Fachkräftesuche“, „Verwaltung als Mix aus Max Weber und Elon Musk“, „IT-Projekte ohne Paartherapie“, „Prozessmanagement ist alternativlos“, „Keine Angst vor Microsoft“, „Ein traditioneller Markt wird digital“, „Blackout-Vorbereitung ist ein Gebot der Stunde“, „Unser Stadtklima als warnende Ausstellung“, „Wie wir in Linz unsere Daten organisieren“, „Neue Dialogformen zwischen Verwaltung und Bevölkerung“, Projektmanagement: Zwischen Begeisterung und Widerstand und „Ein Leitfaden für die Arbeit mit ChatGPT“.