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Standpunkte Die Multi-Cloud muss schnell kommen

Ines Fiedler, Managing Director Services bei der Init AG
Ines Fiedler, Managing Director Services bei der Init AG Foto: Init AG

Der Aufbau der Multi-Cloud für die Verwaltung sollte zügig vorangehen, fordert Ines Fiedler, Beraterin bei der Init AG und Sprecherin der AG Cloud beim Nationalen E-Government Kompetenzzentrum (NEGZ). Fachverfahren sollten „cloud-ready“ gemacht werden, am besten schon bevor sie entwickelt werden.

von Ines Fiedler

veröffentlicht am 16.05.2023

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Der Aufbau einer Multi-Cloud-Umgebung für die Verwaltung wurde 2021 im Koalitionsvertrag verankert. Inzwischen wurde „die Phase der Strategiepapiere verlassen“, wie Bundes-CIO Markus Richter im Interview mit dem Tagesspiegel Background sagte. Wir stimmen Markus Richter zu: Der gestartete Aufbau der Multi-Cloud muss jetzt zügig vorangetrieben werden. Je länger die Akteur:innen warten, umso schwieriger und aufwendiger wird der Umstieg. An der Cloud führt kein Weg vorbei. Lösung kann aus Wettbewerbsgründen und technischer Offenheit nur die Multi-Cloud sein. Perspektivisch können in der Multi-Cloud private und öffentliche Cloud-Anbieter zusammenwirken.

Im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) werden aktuell viele Fachverfahren erneuert und neue Services geschaffen. Das muss möglichst schon jetzt mit Blick auf die Anforderungen der Cloud geschehen. Verfahren, die heute noch für den Betrieb in einer klassischen Rechenzentrumsinfrastruktur entwickelt werden, müssen sonst später mühselig angepasst werden. Das verursacht zusätzliche Kosten und häuft technische Schulden an. Wird allerdings schon heute mit Blick auf die Cloud konzipiert, wird die Umsetzung zentraler Anforderungen des OZG vereinfacht. Fachverfahren, die „cloud-ready“ sind, lassen sich beispielsweise einfacher an einen „Einer für Alle“-Service (EfA) anbinden.

Im NEGZ-Positionspapier „Multi-Cloud in der Verwaltung erfolgreich machen“ haben Pia Lansky und Werner Achtert von der MSG gemeinsam mit Gregor Költzsch und mir vier zentrale Handlungsfelder zur Gestaltung der Multi-Cloud für die Verwaltung erarbeitet. Die zwei folgenden Handlungsfelder sind besonders relevant.

Politischen und regulatorischen Rahmen schaffen

Für die Schlüsseltechnologie Cloud braucht es eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Zielbild für Entscheider:innen in Politik und Verwaltung. Der Einsatz der Multi-Cloud muss daher angemessen politisch und regulatorisch begleitet werden. Das bedeutet: Die strategischen und operativen Rahmenbedingungen müssen geklärt und definiert werden, damit alle Beteiligten verstehen, wo der Nutzen liegt und wie dringlich die Umsetzung ist.

Derzeit existieren diverse Definitionen und Erwartungen und die Effekte der „Cloudifizierung“ werden häufig sehr technokratisch beschrieben. Obwohl sich zunehmend ein einheitliches Verständnis in Bund, Ländern und Kommunen entwickelt, was eine Multi-Cloud-Umgebung der deutschen Verwaltung bieten kann, gibt es für einzelne Entscheider:innen bisher nur wenige fassbare Nutzungsbeispiele. Auch der Zusammenhang mit der „Digitalisierung der Verwaltung“ insgesamt ist bisher wenig erklärt. Hier muss mehr Transparenz und Verständlichkeit erzeugt werden.

Ein bewährtes Instrumentarium sind dabei Cloud-First-Strategien. Bereits heute gibt es viele Initiativen mit einem Cloud-First-Ansatz in Politik und Verwaltung. Sie sorgen bei den Beteiligten für die notwendige Transparenz und Verbindlichkeit. Und sie geben Sicherheit für Entscheidungen. Die Frage, ob ein Cloud-Einsatz überhaupt notwendig ist, wird damit obsolet und die Akteure können sich darauf konzentrieren, wie der Einsatz in der Multi-Cloud erfolgt.

Im Bereich „Datensicherheit“ und „Cyberkriminalität“ existieren bereits umfangreiche Regularien, Handreichungen und Zertifizierungen für Cloudbetreiber und staatliche Auftraggeber – wie beispielsweise die Standards des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) oder im EVB-IT Vertrag „Cloud“.

Die Anforderungen sind hier sehr hoch, und ein einheitliches konsequentes Vorgehen in allen föderalen Ebenen ist noch nicht absehbar. Das erschwert Cloud-Betreibern häufig die Entwicklung und den Aufbau nachhaltiger Investitions- und Betriebsszenarien. Sie benötigen ein verlässliches Set von Sicherheitskriterien für die Multi-Cloud, welche die öffentliche Hand definiert und anwendet.

Fachverfahren cloud-ready machen

Existierende Fachverfahren sind häufig noch nicht cloud-ready. Genau hier muss angesetzt werden: Fachverfahrensentwickler benötigen vom Start der Entwicklung an einen Zugang zur Multi-Cloud und einen Überblick über nutzbare Micro Services der Cloud — ab Tag eins. Sie können so schnelle Entwicklungs- und Updatezyklen umsetzen, direkt auf der späteren Betreiberplattform ihre Software produzieren und State-of-the-art-Technologie nutzen. Damit ergeben sich enorme Erfolgschancen für die Digitalisierung der Verwaltung hinsichtlich Geschwindigkeit, Standardisierung und Wiederverwendung. Voraussetzung hierfür ist jedoch auch die Öffnung der Infrastrukturen der Verwaltung, die einen Anschluss an die Cloud ermöglichen, für die Privatwirtschaft.

Damit die Fachverfahren in der Cloud betreibbar und damit cloud-ready sind, sind Investitionen und sinnvolle Anreize für alle Beteiligten notwendig. Bei neuen Fachverfahren ist die „Cloud Readiness“ schon zum Start einzufordern, damit die neue Software nicht monolithisch entwickelt, sondern als verteilte Sammlung gekoppelter Cloud-Services implementiert wird. Dazu sind verbindliche, niederschwellige Richtlinien und Standards notwendig, wie ein Fachverfahren cloud-ready wird. Das garantiert die notwendige Qualität der Softwareentwicklung für die Multi-Cloud-Umgebung.

Anwendungen ab sofort cloud-ready herzustellen beziehungsweise auf Verwaltungsseite auszuschreiben, ist die heutige Umsetzung einer Cloud-First-Strategie ohne lange auf irgendwelche Konsens-Prozesse über Länder, Kommunen und den Bund warten zu müssen. Wer cloud-ready Software hat, ist immer sofort in der Lage mit einigen, vielen oder allen zu kooperieren.

Fazit: Handeln für eine schnelle Umsetzung

Der gestartete Aufbau der Multi-Cloud ist richtig und wichtig – auch wenn er an vielen Stellen ein Umdenken erfordert. Je früher die notwendigen Weichen gestellt werden, umso reibungsloser wird der Umbau gelingen. Und umso erfolgreicher wird die Verwaltungsdigitalisierung sein.

Um Politik und Verwaltung bei der Nutzung von Cloud-Infrastrukturen zu unterstützen, arbeiten Experten aus Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft im Arbeitskreis „Cloud“ des Nationalen E-Government Kompetenzzentrums (NEGZ) zusammen. Der AK Cloud und das NEGZ freuen sich über weitere Mitstreitende!

Ines Fiedler ist Managing Director Services bei der Init AG und Sprecherin des AK Cloud des NEGZ. Sie verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der IT in der Wirtschaft und im Public Sector. Unter anderem leitete sie bei der KPMG IT Service GmbH die interne IT und war Vorständin des ITDZ Berlin sowie Direktorin als Beauftragte für die Netze des Bundes.

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