Innovationsräume in jeglicher Form sind in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Ist das gut? Ja! Ist es immer gut? Nicht in jedem Fall. Doch wie bewerten wir den Erfolg?
Die Wirkung von Innovationsräumen ist nur schwer messbar. Geht es um den Verbrauch von Klebezetteln, die Menge durchgeführter Workshops oder um die Anzahl getippter Code-Zeilen? Sicherlich nicht. Die Aufgabe von Labs und Hubs ist nicht, Produktivsysteme zu entwickeln. Sie bieten vielmehr Gelegenheit, Inspiration und Konzentration für Innovation – offen für einen mehr oder weniger begrenzten Teilnehmerkreis. Die Schaffung von Perspektiven ist oft wichtiger als spezifische Innovationsergebnisse.
Der Wille zur Veränderung und Mut der Führungskräfte ist gefragt
Die Zielgruppe, Unternehmen wie Verwaltungen, sind Getriebene. Sie streben nach Effizienz. Sie versuchen ihre Leistungen und Produkte trotz knapper Ressourcen verlässlich zu erbringen. Sie stabilisieren und optimieren bestehende Prozesse und Strukturen. Nötig ist aber kontinuierliches Suchen, Experimentieren und Verändern. Das fällt besonders öffentlichen Verwaltungen schwer. Aber nur so können angemessen auf geänderte Anforderungen und neuartige Herausforderungen reagieren.
Innovationsräume skalieren nur schwer. Es genügt nicht, eine Handvoll Labs aufzubauen. Wir brauchen sie in aller Breite. Und sie müssen gelebt werden, denn die Schaffung von Labs und Hubs ist nicht gleichbedeutend mit Innovationen. Mit ein paar bunten Möbeln und einem Haufen Klebezettel ist es nicht getan. Es erfordert die Bereitschaft, aus der Komfortzone herauszutreten und herkömmliche Denkmuster zu hinterfragen. Das fällt manch einem – nicht nur in der öffentlichen Verwaltung – sehr schwer.
Doch nur mit einem offenen Mindset und Wissen ist es möglich, neue Ansätze zu entwickeln und innovative Lösungen zu erproben. Hier sind die Führungskräfte gefragt. Sie sind in der Verantwortung, Bestehendes im eigenen Wirkungskreis gemeinsam mit ihren Teams kontinuierlich zu prüfen und zu verbessern. Zugleich sollten sie als Vorbilder fungieren, indem sie ihre eigene Bereitschaft zum Experimentieren zeigen und Risiken eingehen. Eine klare Botschaft an ihre Teams, dass neue Ansätze und Ideen willkommen sind.
Scheitern muss erlaubt sein
Es muss eine Kultur des Experimentierens geschaffen werden, in der auch der offene Umgang mit Fehlern gelernt und gelebt wird. Verwaltungen müssen den Mut entwickeln, neue Technologien und Ansätze auszuprobieren, auch wenn nicht alle Ideen und Wege erfolgreich sind. Das erfordert Austausch von Wissen, Erfahrungen und Best Practices. Nicht nur untereinander, sondern auch mit Wirtschaft, Wissenschaft und Bürgerinnen und Bürgern. Das Teilen von Erfolgen und Herausforderungen in regelmäßigen Meetings, Workshops oder Veranstaltungen fördert den Lernprozess und ermutigt andere, ebenfalls innovative Ansätze auszuprobieren.
Von der Idee in die Praxis: Ein bunter Workshop am Nachmittag ist schnell gemacht. Und danach? Jetzt heißt es weiterdenken und die Ergebnisse in die Praxis zu bringen. Mühevoll. Aber ohne Mühe nach dem Workshop verpufft die Wirkung. Und wie nun weitermachen? Wir haben doch personelle und finanzielle Engpässe, regulatorische Hürden und die IT… Mag alles stimmen, aber Hubs und Labs haben keine Alibifunktion nach dem Motto, man versuche ja immerhin etwas zu bewegen.
Warum es mehr Austausch und finanzielle Unterstützung braucht
Um wirklich von der Idee in die Umsetzung zu kommen, ist eine enge Verbindung zwischen den Experimentierräumen und der operativen Ebene der Verwaltungen unabdingbar. Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in den Verwaltungen müssen regelmäßig mit den Akteuren der Hubs und Labs zusammenkommen, um die Ergebnisse zu besprechen, zu verstehen, Potenziale zu identifizieren und mögliche Herausforderungen anzugehen. Allein oder mit externen Partnerschaften und Kooperationen.
Und ja, natürlich braucht es dafür finanzielle Unterstützung. Es braucht auch einen flexibleren rechtlichen Rahmen, der Hubs und Labs den nötigen Spielraum für Kooperationen gibt.
Die Förderung von Innovationsräumen ist gut investiertes Geld – wenn die Bedingungen stimmen. Notwendig ist eine echte Zusammenarbeit. Hubs und Labs sind keine Dienstleister, sondern Orte, die gemeinsam zu nutzen sind.
Sie sind eher als dynamische Ökosysteme zu betrachten: Ein fruchtbares Umfeld für kollaborative Innovationen. Der Innovationsprozess umfasst auch die tatsächliche Verwertung der Ergebnisse in der Praxis. Hier können Innovationsräume Orientierung geben, den Weg müssen die Organisationen allerdings selbst gehen.
Regine Schlicht ist Leiterin des European Digital Innovation Hub Schleswig-Holstein und verantwortet ebenfalls das Mittelstand-Digital Zentrum Schleswig-Holstein. Des weiteren ist sie im Vorstand der DiWiSH – Digitale Wirtschaft Schleswig-Holstein.
Moreen Heine ist Professorin für E-Government und Open Data Ecosystems an der Universität zu Lübeck. Zuvor war sie Juniorprofessorin für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Digital Government, an der Universität Potsdam. Sie ist außerdem wissenschaftliche Leiterin des Joint Innovation Labs, in dem Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft gemeinsam an konkreten Lösungen für E-Government und Open Government arbeiten. Moreen Heine engagiert sich im Vorstand des NEGZ.