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Smart City

Standpunkte Wie kommt die Digitalisierung in die Fläche?

Kathrin Schaper-Thoma, Geschäftsführerin der Merseburger Innovations- und Technologiezentrum GmbH
Kathrin Schaper-Thoma, Geschäftsführerin der Merseburger Innovations- und Technologiezentrum GmbH Foto: Merseburger Innovations- und Technologiezentrum

Digitalisierung muss in den Alltag geholt werden, so Kathrin Schaper-Thoma vom Merseburger Innovations- und Technologiezentrum. Im Merseburger Open Government Labor setzt sie deshalb auf eine breite öffentliche Vermittlung digitaler Kompetenzen.

von Kathrin Schaper-Thoma

veröffentlicht am 22.09.2022

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Unsere Städte sollen effektiver organisiert, technologisch fortschrittlicher, grüner und sozial inklusiver werden. All das gebündelt in der Smart City der Zukunft. Während die öffentliche Debatte dabei von Fragen nach der Sinnhaftigkeit von Visionen oder technischen Möglichkeiten bestimmt wird, bleibt eine wesentliche Frage bisher viel zu häufig unbeantwortet: Wie ebnen wir dieser Idee den Weg in unseren Lebensalltag? Vor allem im ländlichen Raum, der Deutschland übrigens dominiert. Hier erntet man auf diese Frage häufig Schulterzucken. Die Erfahrungen bei der bisherigen Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes (OZG) stehen dabei beispielhaft für die Digitalisierung insgesamt: mangelnde Infrastruktur erweist sich ebenso als hinderlich, wie fehlende administrative Unterstützung von Kommunen und deren begrenzte personelle und finanzielle Kraft für diesen Schritt in Richtung Zukunft.

Wollen Kommunen diesem Dilemma entgehen, sind zwei Aspekte maßgeblich: Die Digitalisierung muss,

1. gleich wo man steht, in den Alltag der Gemeinde geholt werden, um sie zum eigenen Thema zu machen und

2. transparent zeigen, welchen praktischen Nutzen sie bringt.

Einhergehen muss das schließlich mit einer breiten öffentlichen Vermittlung digitaler Kompetenzen.

Bündeln, zusammenbringen, anschieben

Das Merseburger Innovations- und Technologiezentrum (MITZ) begleitet Verwaltungen in der Region bereits seit einigen Jahren punktuell bei der Umsetzung einzelner Digitalisierungsprojekte. Unter anderem entstand dabei in enger Kooperation mit der Stadtverwaltung und einer Vielzahl von kulturellen Initiativen eine neue kulturelle Dachmarke, der „Kulturschatz Merseburg“. Sie zielt vor allem auf ein Bündeln von Standortqualitäten und Angeboten sowie deren besseres Sichtbarmachen und Vermarkten über digitale Kanäle. So war es nur folgerichtig, mit dem Start des Open Government Labors Merseburg/Schkopau, die Zusammenarbeit mit kommunalen Verwaltungen zu stärken und vor allem zu verstetigen.

Unter anderem entstand als eine von vier ständigen Arbeitsgruppen im Labor eine mit dem Schwerpunkt „Digitale Verwaltung/Serviceportale“. Das fand auch sofort ein Echo. Eine Teilnehmerin beschrieb es so: „Als Gemeinde fühlen wir uns im Digitalisierungsprozess weder vom Land noch vom Landkreis abgeholt.“ Das Labor setzte deshalb zunächst einen Schwerpunkt darauf, den regelmäßigen Austausch zu einer Bestandsaufnahme des Status Quo in den beteiligten Kommunen und gute Einzelbeispiele bekannter zu machen. Vor allem, um damit eine Nachnutzung anzuregen.

Inzwischen kommt Bewegung in das Thema. Nicht zuletzt deshalb, weil in Sachsen-Anhalt endlich erste Fachanwendungen wie die für einen „Digitalen Bauantrag“ zur Verfügung stehen, der aktuell von etwa zehn Verwaltungen im Land erprobt wird. Zu den Testkommunen für den „Digitalen Bauantrag“ gehört auch die Gemeinde Schkopau. Als zweiter Themenbeschleuniger erwiesen sich erste Serviceportale, wie das im Saalekreis. Nach und nach gehen sie vor Ort an den Start.

Im Dialog miteinander beginnen

Die Flächengemeinde Schkopau ist typisch für ländliche Strukturen in Sachsen-Anhalt: Zwölf Ortsteile, weit auseinandergezogen. Lange Wege inklusive. Für Bürgermeister Torsten Ringling ist die Digitalisierung deshalb seit Amtsantritt ein Schlüssel für mehr Lebensqualität vor Ort. Unterstützung fand auch er zu Beginn für die Umsetzung zunächst im Open Government Labor Merseburg/Saalekreis.

Erste Frage: Wie steigen wir ein und beginnen praktisch, indem wir zunächst unsere eigenen Möglichkeiten nutzen? Torsten Ringling lud Verwaltungsspitze und Gemeinde- wie Ortsräte zu Workshops ein. Und er erntete eine Fülle von Ideen, was sich mit überschaubarem Aufwand umsetzen ließe und zeigt, wir fangen an. Eine elektronische Terminvereinbarung gehörte ebenso dazu wie eine zeitgemäße Homepage. Ringling fasste die Ergebnisse seiner Gespräche zu einem „Fünf-Punkte-Plan“ für zwei Jahre zusammen: Mehr Breitbandausbau, moderne digitale Gemeindepräsenz, erste digitale Services der Verwaltung, in Gemeinde und Ortschaften sowie digitalisierte Freizeitangebote.

Der Plan wird inzwischen Schritt für Schritt umgesetzt und dabei die Vernetzung in der Region vorangetrieben, um weitere Partner zu finden. Gemeinsam mit der Hochschule Merseburg wurden Qualität und Sichtbarkeit der Internetpräsenz auf ein zeitgemäßes Level gezogen. Mit anderen Bürgermeistern der Region hat er einen Arbeitskreis aufgebaut, in dem einer von den Erfahrungen des anderen profitiert.

Gemeinsam haben sie eine „Merseburger Erklärung“ initiiert, die den Dialog zwischen Land und Kommunen professionalisiert und konkrete Wege aufzeigt, wie die Digitalisierung erfolgreich in die Fläche kommt. Heute sagt Torsten Ringling: Entscheidend war, sich nicht von den Widrigkeiten frustrieren zu lassen, sondern über die Schwelle zu springen und im Dialog miteinander zu beginnen.

Transparent kommunizieren, Angestellte mitnehmen

Hilfreich waren dabei neben dem Austausch in der Arbeitsgruppe des Open Government Labors auch, dass auf dieser Plattform immer wieder auch neue methodische Ansätze erprobt werden, um neue Ideen und praktische Lösungen zu entwickeln. Bestes Beispiel dafür war ein Design-Thinking-Workshop im Sommer des vergangenen Jahres, der danach fragte, wie man Angestellte in den Gemeindeverwaltungen für die Digitalisierung begeistert und welche Qualifikationsangebote dafür begleitend nötig sind. In kurzer Zeit entstand ein Fahrplan, der inzwischen von den beteiligten Verwaltungen Schritt für Schritt umgesetzt wird.

Wie kommt die Digitalisierung in die Fläche? So wie in Schkopau.

Kathrin Schaper-Thoma ist Geschäftsführerin der Merseburger Innovations- und Technologiezentrum GmbH (MITZ) und Initiatorin des Regionalen Digitalisierungsbeirates Sachsen-Anhalt Süd. Mit weiteren Partnern will sie die Digitalisierung der Region vorantreiben, unter anderem als Projektleiterin des Open Government Labors Merseburg/Saalekreis.

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