Die Krisen der letzten beiden Jahre haben vielen von uns die Bedeutung einer robusten, funktionsfähigen Grundversorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs in Erinnerung gerufen. Die Reduktion der geopolitischen Abhängigkeit von fossilen Energien ist ein weiteres Argument für den ohnehin notwendigen Umbau der europäischen Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität.
Dieser Kontext ist auch für die „urbane Logistik“ relevant. Wie in der Energiepolitik bedarf es auch hier klarer Prioritäten und Kompromissbereitschaft bei untergeordneten Zielen. Klimaneutrale Logistik ist gerade bei nationalen, jedenfalls landgebundenen Transporten machbar – aber nicht ohne erheblichen Aufwand und nicht ohne klare Rahmenbedingungen, die weder das 25 Jahre alte Postgesetz noch andere Regularien heute bieten. Denn selbst gut gemeinte Vorgaben wie die EU „Clean Vehicle Directive“, die im August 2021 in Deutschland durch das „Saubere Fahrzeuge Beschaffungsgesetz“ umgesetzt wurde und auch auf Post- und Paketdienstleistungen Anwendung findet, werden von weiten Teilen der öffentlichen Hand immer noch ignoriert.
In Deutschland werden neben mehr als 60 Millionen Briefen und Katalogen tagtäglich gut 13 Millionen Pakete zugestellt, davon – getrieben durch den Online-Handel – mittlerweile fast 10 Millionen Pakete an Privathaushalte. Der Online-Handel ist dabei für viele Menschen heute eine Selbstverständlichkeit, der eine unglaubliche Vielfalt von Produkten einfach und schnell zugänglich macht.
Wie sehen die urbanen Logistik-Konzepte der Zukunft aus?
Der Umbau der Brief- und Paketlogistik hin zu mehr Nachhaltigkeit stößt aber in zwei Bereichen auf besondere Herausforderungen: beim schnellen, zuverlässigen und CO2-freien Transport auf der Langstrecke und bei der Zustellung und Abholung in den Ballungsräumen. Denn von den 83 Millionen Menschen in Deutschland leben circa 60 Prozent in Städten – dort wo Raum eine knappe Ressource und Emissionen besonders kritisch sind.
Nicht nur Deutschlands Stadtplaner setzen auf autofreie Quartiere („Popup-“)Radwege und Fahrverbotszonen – nach dem Vorbild anderer europäischer Metropolen, wie zum Beispiel Paris. Die Intention, den öffentlichen Raum lebenswerter zu machen, ist nachvollziehbar. Doch Güter und Dokumente, die von den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen nachgefragt werden, wollen transportiert werden. Allein das Transportvolumen im deutschen Paketmarkt entspricht täglich etwa 15.000 Lkw-Ladungen – oder einem durchgehenden Zug von Frankfurt nach Köln. Fahrzeuge wie das elektrifizierte Lasten(drei)rad können hier sicherlich einen gewissen Beitrag zum Transport auf der letzten Meile leisten. Als alleiniges Transportmittel im urbanen Raum sind sie jedoch angesichts der schieren Menge an Sendungen ungeeignet.
Wie sieht also die Zukunft der urbanen Logistik aus?
Sind Drohnen, Roboter und autonome Gefährte die Lösung? Derlei Zukunftsvisionen
sind zwar faszinierend und können sicherlich in Randbereichen der Logistik
unterstützen. Sie sind jedoch in den
nächsten Jahren keine annähernd ausreichende Antwort auf die Frage, wie wir in
der täglichen Praxis Pakete schnell, zuverlässig, wirtschaftlich und möglichst
emissionsfrei zu den Bürgerinnen und Bürgern bringen können.
Mikro-Hubs nur ein Tropfen auf den heißen Stein
Auch sogenannte „Mikro-Hubs“ sind ein zuweilen verfolgter Ansatz. In einigen Städten, zum Beispiel in Hannover und in Hamburg, beteiligen wir uns an entsprechenden Lastenrad-Projekten. Auch in Berlin gab es mit KoMoDo bereits einen Testlauf. Diese Initiativen zeigen in der Regel auf, dass Mikro-Hubs weder Emissionen deutlich senken (da mehr Zulieferverkehre erforderlich sind) noch wirtschaftlich betrieben werden können. Zumindest nicht in tarifierten Beschäftigungsstrukturen mit geregelten Arbeitszeiten, bei denen das Auslastungs- und Kostenrisiko nicht auf Sub-Unternehmer und Beschäftigte abgewälzt wird.
Angesichts der zu transportierenden Mengen sind Mikro-Hubs auch höchstens ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn sollte auch nur das gesamte Spektrum an regulären Paketsendungen per Lastenrad zugestellt werden, müssten unsere Zustellerinnen und Zusteller in den Innenstädten im Schnitt etwa alle 200 Meter nachladen – der Lkw führe quasi nebenher.
Die Schiene ist zwar im Überlandtransport sehr energieeffizient und auch in den Städten ein denkbarer Verkehrsträger, aber es mangelt an leistungsfähiger Infrastruktur. Denn gerade in den Metropolen sind die Schienentrassen durch den Personenverkehr bereits gut ausgelastet. Hinzu kommt, dass die Errichtung neuer Strecken in Deutschland derart überreguliert und kompliziert ist, dass sich bei aller Sympathie für die Schiene bei Aus- und Neubauprojekten sehr schnell Ernüchterung breitmacht. Trotz allem ist die Schiene eine erstrebenswerte Option – auch zur Versorgung urbaner Räume.
Was derzeit bleibt, ist (leider) fast ausschließlich der Straßentransport. Eine hochwertige postalische Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft ist ohne Brief- und Paketzentren, Lkw und Zustellfahrzeuge auf absehbare Zeit im urbanen Raum nicht realistisch. Es ist aber durchaus möglich, diese Logistik durch E-Mobilität weitgehend emissionsfrei zu gestalten. Mit einer gewissen Vorlaufzeit auch gerne verpflichtend.
E-Mobilität – verpflichtet für alle Post- und Paketdienstleister
Aber dann: für alle Post-
und Paketdienstleister! Denn ohne einheitliche Rahmenbedingungen kann der
Wettbewerb nicht funktionieren und Nachhaltigkeit sich nicht rechnen. Denn wer
weiß heute bei aller Werbung in Sachen Nachhaltigkeit schon, dass Sendungen
großer Online-Händler teils das Vierfache an CO2-Emissionen in der Zustellung
verursachen wie eine Lieferung als DHL-Paket? Investitionen in eine
emissionsfreie Logistik sind richtig und notwendig.
Wir haben bereits über 19.000 Streetscooter-Elektrofahrzeuge, 12.600 elektrische Dreiräder (E-Trikes) und 7000 E-Bikes tagtäglich im Einsatz. Wir investieren allein in Deutschland in diesem Jahr circa 300 Millionen Euro in CO2-freie Zustellstützpunkte und eine ähnliche Summe in die E-Mobilität. Immerhin sechs Prozent aller DHL-Pakete in Deutschland werden wieder per Bahn transportiert – vor allem auf langen Transportrelationen. Auch unser Netz an Packstationen wächst und hilft, Verkehre zu reduzieren. Deutschlandweit existieren bereits über 9000 Automaten – aber leider nur selten auf öffentlichem Grund oder an Haltestellen des ÖPNV.
Die Bürgerinnen und Bürger in den Städten bestellen Waren zunehmend online – eine Umkehr dieses Trends ist nicht zu erwarten. Die urbane Logistik von morgen sollte daher zuverlässig, effizient sowie ökologisch und sozial nachhaltig sein. Wir können und wollen das liefern.