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Digitalisierung & KI

Standpunkte Eine Chance für den Mittelstand

Sebastian Bluhm, Gründer und Geschäftsführer der Technologieberatung Plan D
Sebastian Bluhm, Gründer und Geschäftsführer der Technologieberatung Plan D Foto: Plan D

Der Data Act bietet große Chancen für kleine und mittelständige Unternehmen. Um diese nutzen zu können, müssen sie sich aber gut auf den neuen Rechtsrahmen vorbereiten, schreibt Sebastian Bluhm von der Technologieberatung Plan D.

von Sebastian Bluhm

veröffentlicht am 31.01.2023

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Mit dem Data Act plant die EU-Kommission umfassende Regeln für eine faire und innovative Datenwirtschaft. Im Kern geht es darum, die rechtlichen Rahmenbedingungen des Datenzugangs und der Datennutzung in Wertschöpfungsketten neu zu ordnen. Denn laut Kommission bleiben derzeit bis zu 80 Prozent der maschinengenerierten Daten ungenutzt. Das soll sich ändern, was gerade für KMU große Potenziale birgt. Um diese zu nutzen, gibt es allerdings einiges zu tun.

Neue Daten(quellen) als Produkt und wertvolles Gut betrachten

Jede Sekunde werden Unmengen an Daten von unterschiedlichen Quellen, Anwendungen und Personen generiert. Aktuell beträgt die weltweite Datenmenge über 33 Zettabyte. Der Data Act soll dabei helfen, diesen Datenschatz zu bergen und dabei die rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Hindernisse abzubauen. Er beinhaltet Maßnahmen, um eine ausgewogene Verhandlungsmacht für KMU herzustellen, indem Ungleichgewichte in Verträgen über die gemeinsame Datennutzung verhindert werden. Die Kommission wird auch Mustervertragsbedingungen entwickeln, um KMU dabei zu unterstützen, faire Verträge über die gemeinsame Datennutzung abzufassen und auszuhandeln. Kleine Unternehmen sollen Zugang zu Daten erhalten, auf die sie bislang nicht zugreifen konnten. Diese Chance sollten sie nutzen.

Mit dem richtigen Mindset zur Datenstrategie

Der Data Act führt das Recht der Nutzerinnen und Nutzer auf Zugang zu den von ihnen generierten Daten ein. Das heißt, auch Unternehmen und Industrieakteure haben Zugang zu mehr Daten und profitieren von den daraus resultierenden Möglichkeiten. Unternehmen sollten sich daher rechtzeitig damit befassen, wie sie die Ware „Daten“ in ihr Geschäftsmodell integrieren. Das Management braucht eine klare Strategie, die nicht nur die externen, neu zugänglichen Daten berücksichtigt, sondern auch die bereits vorhandenen Unternehmensdaten.

Bei einer solchen Strategie wird der Wert der Daten identifiziert und geklärt, wie diese genutzt werden können. Gleichzeitig übersetzt sie strategische Ziele in operative Maßnahmen sowie Prozesse und beantwortet Fragen wie: Wo sind die Daten gespeichert und habe ich das Personal und die IT-Infrastruktur, um diese zu nutzen? Habe ich Zugang zu allen Daten, die ich brauche? Kann ich eine datenschutzgerechte Nutzung gewährleisten? All diese Fragen bilden das Fundament für weitere Aktivitäten. Denn eine Arbeit mit Daten, aber ohne Strategie, ist wie der Bau eines Hauses ohne Bauplan.

Eine einheitliche Datenplattform etablieren

Mit der Datenstrategie geht die Etablierung einer Datenplattform einher. Jede Organisation hat diverse Abteilungen mit unterschiedlichen Interessen und Informationsbedarf. Daraus resultieren oft Datensilos, die technisch und organisatorisch voneinander getrennt sind. In dieser Konstellation ist es nahezu unmöglich, die Daten optimal zu nutzen.

Ein Beispiel: Der Vertrieb nutzt sein eigenes Tool und sammelt Kundendaten. Davon gehen einige gefiltert in den Bereich Operations und nur ein Bruchteil landet am Ende beim Controlling. Es ist also äußerst sinnvoll, Datensilos übergreifend auf einer zentralen Plattform zu kombinieren, in Beziehung zu setzen und auszuwerten. Jede Abteilung ist dafür verantwortlich, eigene Daten auf der zentralen Plattform in hoher Qualität und vollständig bereitzustellen. Auf dieser Basis wird der Austausch von Daten in Unternehmen gefördert und eine zentrale Auswertung, die Exploration von Daten und die weitere Verwendung ermöglicht.

Zusätzlich erlaubt der Data Act es Unternehmen, nun noch mehr externe Daten für die Verknüpfung und Anreicherung auf ihrer zentralen Plattform einzubeziehen. Um diesen Vorteil auch nutzen zu können, brauchen Unternehmen aber die entsprechenden technischen und organisatorischen Voraussetzungen.

Personelle und technische Ressourcen aufbauen

Viele der vorgeschlagenen Regelungen des Data Acts sind auf dem Papier einfacher als deren Umsetzung. Gerade kleine und mittlere Unternehmen dürften mit dem Nutzen der Daten, die durch den Data Act zugänglich sind, sowie der Bereitstellung dieser, an die Grenzen ihrer derzeitigen digitalen Infrastrukturen gelangen. Über die personellen Ressourcen, Know-how und eine entsprechende Infrastruktur dürften aktuell nur die wenigsten Unternehmen verfügen. Wirkt der Data Act wie ein Turbo für die jeweilige Branche, müssen Unternehmen sicherstellen, mit dem Tempo mitzuhalten. Dazu gehören eine vorausschauende Planung von Personal, welches die Datenstrategie längerfristig umsetzen kann, sowie technische Ressourcen.

Die Herausforderung annehmen

Im politischen Berlin wird der Entwurf aus Brüssel noch intensiv diskutiert. Auch auf EU-Ebene wird weiter über den Inhalt des Data Acts verhandelt. Wann er rechtskräftig wird, ist noch unklar. In jedem Fall sollten Unternehmen, die datengesteuerte Produkte oder Dienstleistungen anbieten oder die durch den Data Act zur Verfügung stehenden Daten nutzen wollen, mögliche Auswirkungen auf ihre heutigen Geschäftstätigkeiten bewerten, um sich auf die regulatorische Landschaft von morgen vorzubereiten.

Was für die einen wie ein Quantensprung der digitalen Transformation anmutet, ist für andere nicht mehr als zögerliches Handeln. Es ist wichtig, nicht von Anfang an hinterherzulaufen. Denn sicher ist: Wer mutig an die Aufgabe herangeht, offen für Veränderung ist und versteht, wie groß die Chance ist, die der Data Act bietet, ist auf einem guten Weg, das gesammelte Potenzial für sich zu nutzen.

Sebastian Bluhm ist Gründer und Geschäftsführer der auf Daten und Künstliche Intelligenz spezialisierten Strategie- und Technologieberatung Plan D.

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