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Digitalisierung & KI

Standpunkte Twin-Transition als Chance

Maik Außendorf, digitalpolitischer Sprecher der Grünen
Maik Außendorf, digitalpolitischer Sprecher der Grünen Foto: Stefan Kaminski

Beim heutigen Grünen Digitalkongress stellt die Grüne Bundestagsfraktion ihre Ideen für eine nachhaltige Digitalisierung vor. Denn Politik und Gesellschaft müssen Digitalisierung und Nachhaltigkeit gemeinsam umsetzen, um den Wohlstand für künftige Generationen zu sichern, schreibt Maik Außendorf, digitalpolitischer Sprecher der Grünen. Dabei nimmt er besonders Rechenzentren, Smart Meter, die digitale Kreislaufwirtschaft und Standards in den Blick.

von Maik Außendorf

veröffentlicht am 10.03.2023

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Die Digitalisierung unserer Gesellschaft ist eine Generationenaufgabe, der sich die Grüne Bundestagsfraktion mit fester Entschlossenheit verschrieben hat. Ob bei der Modernisierung der Verwaltung, der Entwicklung neuer Innovationen im Industriestandort Deutschland, oder dem flächendeckenden Zugang zu High-Speed-Internet – digitale Technologien werden das Fundament unseres Wohlstands im 21. Jahrhundert sein. Während links und rechts digitale Innovationen vorangetrieben werden, scheint jedoch unterzugehen, dass auch die Digitalisierung negative Auswirkungen auf unsere Umwelt haben kann.

Auf den Informations- und Kommunikationstechniksektor entfallen etwa sieben Prozent des weltweiten Stromverbrauchs, und es wird prognostiziert, dass dieser Anteil bis 2030 auf 13 Prozent steigen wird. Dieser Energie-Fußabdruck macht derzeit 3-5 Prozent der weltweiten Kohlenstoffemissionen aus und liegt damit auf einer Stufe mit dem Luftfahrtsektor. Vom entstehenden Elektroschrott ganz zu schweigen. Die Botschaft ist klar: Die Potenziale der Digitalisierung müssen wir aktiv für Klima- und Umweltschutz nutzen und den Ressourcenverbrauch und ihre CO2-Emmissionen reduzieren.

Nachhaltigkeit muss von Anfang an ganzheitlich gedacht werden – ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltig. Der Frage wie dies geschehen kann, haben wir uns als Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen über die letzten Monate intensiv gewidmet. Anlässlich des heute stattfindenden Grünen Digitalkongresses „Nachhaltigkeit by Design – für eine klimagerechte digitale Zukunft“ möchten wir diese Erkenntnisse mit einer breiteren Öffentlichkeit teilen. Alle Ergebnisse können Sie hier im Detail nachlesen.

Dabei müssen wir uns den Zielkonflikten bewusst werden: Mehr Umweltauflagen, aber dadurch ein vermeintlicher Nachteil im internationalen Wettbewerb? Zu hohe Auflagen versus der Entlastung des Mittelstands oder dem möglichen Abwandern von Großunternehmen (Carbon Leakage)? Was wir vorschlagen, ist als „Norm-Setter“ zu agieren, eine Blaupause zu schaffen, wie diese Zielkonflikte gelöst werden können, und die verschiedenen Interessen in Einklang gebracht werden können.

Nachhaltige Rechenzentren als neue Norm

Wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben, sind Rechenzentren ab 2027 klimaneutral zu betreiben. Das Energieeffizienzgesetz stellt die gesetzlichen Rahmenbedingungen für dieses Bestreben dar. Die fehlende, und damit schnellstens zu bauende Abwärmeinfrastruktur wurde medial schon viel diskutiert. Hier gilt es realistische Zielvorgaben seitens des Gesetzgebers zu beschließen, bei gleichzeitigen Anreizen, die Infrastruktur auszubauen. Von Seiten der Wärmenetzbetreiber muss die entstehende Abwärme auch angenommen werden.

Systemisches Denken aller Akteure ist gefragt und dafür bedarf es einer grundsätzlichen Sensibilisierung, Information und Vernetzung aller Beteiligten, zu denen unter anderem Kommunen, Energienetzbetreiber, Rechenzentrumsbetreiber und die Bevölkerung vor Ort gehören. Aktuell gibt es zudem keine einheitlichen Informationen darüber, wie hoch der tatsächliche Energieverbrauch von Rechenzentren ist, was die Vergleichbarkeit des Energieverbrauchs erschwert. Nicht zuletzt muss sich Deutschland aktiv auf EU-Ebene für nachhaltige Rechenzentren einsetzen. Ein europäisches Energieeffizienzgesetz würde hier einen wichtigen ersten Schritt darstellen.

Die Digitalisierung der Energiewende

Das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) ist eine weitere Kernkomponente unserer Strategie hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft und Wirtschaft. Zentral zum GNDEW ist der Smart Meter Rollout, den es nun zügig umzusetzen gilt. Dabei ist zu beachten, dass Deutschland im Gegensatz zum Rest Europas einen netzgetriebenen Rollout anstelle eines vertriebsgetriebenen Rollouts gewählt hat.

Diesen Weg gilt es weiterzugehen, und die Nachteile als Herausforderungen anzusehen. Der Datenschutz ist hier immer mit zu denken  eine BSI Zertifizierung muss für alle Smart Meter die Norm sein. Hinzu kommt, dass die Herstellung der Hardware Energie und den Abbau wertvoller Rohstoffe bedarf. Daher müssen Smart Meter möglichst lange verwendbar und recyclebar sein. Eine transformative Energiewende umfasst auch die Förderung von Bürger*innenmodellen, die die Versorgung mit regional und nachhaltig produzierter Energie sicherstellen. Konkret kann die Politik durch einen stärkeren regulatorischen Fokus (Anreizregulierung und Fördermodelle), Entbürokratisierung des Bilanzausgleichssystems oder finanziell (zum Beispiel Befreiung vom Netzentgelt) unterstützen.

Hin zur digitalen Kreislaufwirtschaft

Unsere Ressourcen sind endlich, die Ressourcennutzung für digitale Technologien massiv. Wir begegnen dem nächsten Zielkonflikt. Unsere Antwort: die Kreislaufwirtschaft. Ressourcen müssen effizient genutzt werden, es braucht Transparenz für Unternehmen und Verbraucher*innen und Informationen zum Umgang mit und der Reparatur von Geräten. Die nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, die zurzeit erarbeitet wird, ist hierbei das Fundament unseres Vorhabens.

In Bezug auf digitale Technologien ist vor allem der Digitale Produkt Pass (DPP) ein wichtiges Element dieses Bestrebens. Da der DPP sich auf Produkte von Unternehmen entlang ihrer Produktion befasst, müssen die Interessen der Privatwirtschaft von Anfang an mitgedacht werden, vor allem in Bezug auf Datensicherheit und den Schutz von Betriebsgeheimnissen. Gleichzeitig muss der DPP nutzerfreundlich sein – einfach zu verstehende, gut aufbereitete Informationen sind hier der Maßstab. Verbraucher*innen können so nachhaltige Kaufentscheidungen treffen, die Produkte länger nutzen und korrekt recyceln.

Neue Standards für die Standardisierung

Ein wichtiger Hebel um den Weg zur nachhaltigen Digitalisierung zu bestreiten, ist die aktive Beeinflussung von Standards in internationalen Normungsgremien. Viel zu häufig sind diese Gremien mehrheitlich von großen Unternehmen besetzt, die Zivilgesellschaft findet kaum Einbindung. Es braucht also neue Standards für die Standardisierung. Normungsgremien müssen ausgeglichen mit Vertreter*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft besetzt sein, um ökologische und soziale Nachhaltigkeitsstandards in die Normung mit einfließen zu lassen.

Der Staat muss hier aktiv helfen, zum Beispiel durch finanzielle Unterstützung von KMUs und der Zivilgesellschaft, denn die Teilnahme an Normungsgremien ist oft kostspielig. Zudem muss geeint auf europäischer und transatlantischer Ebene vorgegangen werden, Deutschland und die EU müssen als „rule-makers“ agieren, und nicht „rules-takers“ sein.

Digitalisierung und Nachhaltigkeit gemeinsam angehen

Es gibt noch einiges zu tun. Dabei muss auch die Debatte über Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen und Suffizienz geführt werden. Denn immer mehr Wachstum und der alleinige Fokus auf Effizienzsteigerung führen nicht automatisch zu nachhaltiger Transformation. Der Klimawandel und die Begrenzung der natürlichen Ressourcen setzen unser bisheriges Verständnis und unseren Umgang mit dem technologischen Fortschritt unter Druck.

Damit Digitalisierung auch für künftige Generationen Wohlstand bringt und zu Demokratie und Teilhabe beiträgt, müssen wir sie nachhaltig gestalten. Die notwendigen Maßnahmen hierfür reichen von der kommunalen bis auf die europäische Ebene und darüber hinaus – es ist nun an der Zeit, sie anzugehen!

Maik Außendorf ist digitalpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis90/Die Grünen.

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