Der Umbau des Wärmesektors und der Weg zur Klimaneutralität bei der Wärme betrifft jeden einzelnen Haushalt in Deutschland. Es ist deshalb richtig, dass die Bundesregierung entschieden hat, die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung den Kommunen zu überlassen. Denn diese Mammutaufgabe kann nur nah an den Bürgerinnen und Bürgern gelöst werden.
Für die rund 10.800 Gemeinden in Deutschland ist dies eine große Verantwortung, aber auch Herausforderung. Die Wärmeplanung kommt nun als neue Aufgabe zu den ohnehin schon vielfältigen Aufgaben der Gemeinden hinzu: der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie der Wasserver- und Abwasserentsorgung, der Bereitstellung von Kitas und Schulen, die Pflege von Grünanlagen und Gemeindestraßen sowie der Unterbringung von Geflüchteten – um nur einige zu nennen. Die Wärmeplanung darf aber keinesfalls als reine Pflichtübung gesehen werden. Sie darf nicht am Geld oder der Behördenausstattung scheitern. Sie muss vielmehr einen langfristigen Plan aufzeigen, wie vor Ort die Wärmeversorgung zunehmend klimaneutral, kosteneffizient und bürgernah gestaltet werden kann. Mit breiter Akzeptanz in der Bevölkerung. Aber wie kann das gelingen? Aus Sicht der Energiewirtschaft sind hier fünf Stellschrauben entscheidend:
1. Aktive Bundesländer
Nach dem Beschluss des Bundesgesetzes zur kommunalen Wärmeplanung sind jetzt die Länder am Zug. In fünf Bundesländern gibt es bereits entsprechende Regelungen, in elf müssen diese nun zeitnah geschaffen werden. In diesen Landesgesetzen und -verordnungen darf die Aufgabe der Wärmeplanung jedoch nicht einfach nur an die Gemeinden weitergeleitet werden. Die Länder müssen auch koordinierend wirken, den Gemeinden finanziell und administrativ zur Seite stehen und bei der Datenerfassung und Datenverarbeitung Hilfestellung geben, zum Beispiel in Form von einheitlichen Datenformaten, zentralen Datenhubs oder auch der Vermittlung von Dienstleistern für die Erstellung von Wärmeplänen.
2. Enge Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten
Für eine erfolgreiche Wärmeplanung ist die Qualität des Prozesses der Erstellung von Wärmeplänen essenziell. Dabei braucht es eine enge Abstimmung zwischen den Kommunen und der Energiewirtschaft, aber auch zwischen regional benachbarten Kommunen, um im engen regionalen Umfeld nicht die Infrastrukturbetreiber vor kollidierende oder gar konfliktäre Planungen zu stellen. Aus energiewirtschaftlicher Sicht ist es zudem erforderlich, im Rahmen der Wärmeplanung alle relevanten Infrastrukturen und Energieträger gleichermaßen zu betrachten.
3. Kommunikation ist das A und O
Bei der Debatte um das Gebäudeenergiegesetz im vergangenen Jahr wurde viel Vertrauen zerstört, Verunsicherung und Ablehnung machten sich breit. Das darf sich bei der Wärmeplanung nicht wiederholen. Die Notwendigkeit der Wärmewende muss proaktiv von der Politik und allen Beteiligten in der Öffentlichkeit kommuniziert werden. Es gilt, die Akzeptanz der Maßnahmen zur Wärmewende zu steigern. Das gelingt nur, wenn Kommunen und die Energiewirtschaft hier eng zusammenarbeiten.
4. Mut zu neuen Formen der Zusammenarbeit
Die Wärmeplanung kann nur lokal erfolgen, dennoch müssen die Kommunen über den Tellerrand schauen. Eine Möglichkeit für eine effiziente und optimierte Wärmeplanung kann das sogenannte Konvoi-Verfahren darstellen, wo mehrere Gebietskörperschaften zu sinnvollen Einheiten zur Erstellung eines gemeinsamen Plans zusammengefasst werden. Darüber hinaus ist auch ein Austausch und Abgleich mit angrenzenden Gebieten mit eigenem Wärmeplan wichtig. So können Fehlallokationen beispielsweise bei der Nutzung von Biomasse oder der Erschließung von Geothermie vermieden werden.
5. Eine nachhaltige Finanzierung der Wärmewende
Wärmepläne entstehen nicht aus dem Nichts. Ihre Erstellung und die Begleitung der Umsetzung durch die Kommunen erfordern Aufwand und Ressourcen. Daher ist eine verlässliche Durchfinanzierung notwendig. Der Bund fördert die Erstellung der Wärmepläne bis 2028 mit insgesamt 500 Millionen Euro. An dieser Finanzierungszusage muss er unbedingt festhalten, auch nach der nächsten Bundestagswahl.
Eine erfolgreiche Wärmewende ist ein komplexes und generationenübergreifendes Projekt, das aber nicht nur Schweiß und Streit bedeutet. Die kommunale Wärmeplanung kann ein Garant dafür sein, dass vor Ort, mit Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, der lokalen Wirtschaft und den kommunalen politischen Verantwortungsträgern, der beste Weg zur Klimaneutralität gefunden wird. Sie schafft lokale Wertschöpfung, bringt Beschäftigung hervor und stärkt lokale Selbstversorgung mit Energie zu bezahlbaren Preisen. Nun müssen die richtigen Weichen für eine erfolgreiche Wärmewende gestellt werden. Dazu gehören neue Formen der Zusammenarbeit, neue Finanzierungsinstrumente und sehr viel gemeinsamer politischer Wille auf allen Ebenen. Lassen Sie uns die Chance dazu nutzen!
Andreas Klingemann leitet seit September 2022 die neu geschaffene Abteilung „Wärme“ beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Zuvor war er für den BDEW als Fachgebietsleiter Stromerzeugung und Energienetze im Bereich Strategie und Politik tätig.