Dienstag dieser Woche, am 26. September, ging das vom Bundesverkehrsministerium ins Leben gerufene neue KfW-Förderprogramm „Solarstrom für Elektroautos“ an den Start. Sofort brach Chaos aus, die Antragsserver brachen zeitweilig zusammen und in wenigen Stunden war das Volumen ausgeschöpft.
Gefördert werden soll die Eigenerzeugung und Nutzung von Solarstrom für Elektrofahrzeuge an selbstbewohnten Wohngebäuden. Bis zu 10.200 Euro konnten Eigenheimbesitzer dafür beantragen – vorausgesetzt, sie sind förderberechtigt. Photovoltaikanlagen werden mit 600 Euro pro Kilowattpeak, Stromspeicher mit 250 Euro pro Kilowattstunde und Ladestationen mit 600 oder 1200 Euro gefördert. Voraussetzung ist der Besitz oder die verbindliche Bestellung eines Elektroautos. Volker Wissing will damit Menschen mit Eigenheimen fördern, die auf das Auto angewiesen sind.
An sich klingt das erst einmal sinnvoll, zumal Anschaffungen wie E-Autos und Wärmepumpen gerade dann erst ihr volles Potenzial entfalten, wenn sie mit Solarstrom aus der eigenen Photovoltaikanlage betrieben werden. Bei einem kritischen Blick auf das Förderpaket stellt sich jedoch die Frage, warum gerade das Bundesverkehrsministerium die Anschaffung von Photovoltaikanlagen fördert – und damit eine Branche, die sich aktuell schon einer großen Nachfrage erfreut, gleichzeitig aber auch von chinesischen Herstellern dominiert wird. Braucht es da wirklich eine solche Förderung? Denn finanzielle Fördermaßnahmen sind nicht immer zielführend. Das mag sich erst einmal widersprüchlich anhören, lässt sich aber leicht erklären.
Der Markt gerät ins Schaukeln
Förderungen sind dann sinnvoll, wenn Markteintrittsbarrieren vorhanden sind oder Branchen neue Impulse benötigen. Das ist sowohl bei der Solarbranche als auch bei der E-Autobranche nicht der Fall. Förderungen haben zudem den Nachteil, dass sie sich vor Inkrafttreten und nach Auslaufen problematisch auf den Markt auswirken. In der Zeit vor der Förderung sinken die Verkaufszahlen, während die ersten Monate nach Förderbeginn von einem regelrechten Ansturm – mit Engpässen, langen Wartezeiten und steigenden Preisen – geprägt sind.
Richtig schwierig wird es aber, wenn die Förderung ausläuft, weil dann in der Regel ein Investitionsloch entsteht: Wer die Förderung bis dahin nicht in Anspruch nehmen konnte, ärgert sich über die verpasste Chance und hat das Gefühl, nun für unnötige Mehrkosten zu bezahlen. Viele Verbraucher verwerfen dann den Gedanken, Solaranlage, Wärmepumpe oder Elektroauto anzuschaffen, oder schieben ihre Investition gedanklich bis zur nächsten Vergünstigung auf. Damit wirft eine Förderung den Markt kräftig durcheinander, wobei gerade kleine Installationsbetriebe solche Nachfragewellen nur schwer verkraften können: Während der Nachfrage-Ebbe müssen sich nicht wenige von ihnen von eben jenen Fachkräften trennen, die sie zur Nachfrage-Flut einstellen mussten, um den Andrang bewältigen zu können – fatale Signale für potenzielle Berufseinsteiger, und das in Zeiten eines ohnehin massiven Fachkräftemangels.
Die Förderung geht an die Falschen
Doch selbst wenn die Förderrichtlinie des Verkehrsministeriums solche Störeffekte vermeiden könnte – sie erreicht die falsche Zielgruppe. Rufen wir uns in Erinnerung: Diese Förderung setzt voraus, neben einem Eigenheim bereits ein E-Auto zu besitzen oder sich eines bestellt zu haben. Das bedeutet, dass vor allem jene Verbraucher gefördert werden, die sich ohnehin schon mit dem Thema beschäftigen und ein Bewusstsein für das Einsparpotenzial einer eigenen Solaranlage haben. Diese Interessierten hätten sich wahrscheinlich auch ohne weitere Vergünstigungen für die Anschaffung entschieden. Die enorm schnelle Erschöpfung des Fördervolumens bekräftigt diese These nicht nur, sie bestätigt sie vollumfänglich.
Weniger gut informierte Verbraucher werden dagegen so kaum angesprochen und überzeugt. Mieter oder Besitzer von Eigentumswohnungen werden gänzlich ausgeschlossen, da die Förderung das Gesamtpaket von Speicher, Wallbox und Solaranlage voraussetzt – und welche Bewohner einer Wohnung haben schon die Möglichkeit, eine Solaranlage installieren zu lassen?
Zudem steht zu befürchten: Diejenigen, die sich bereits ein Elektroauto samt Ladestation leisten können, brauchen selten eine weitere Unterstützung über die bestehenden Fördermöglichkeiten hinaus. Diejenigen dagegen, die finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung einer Solaranlage bräuchten, können sich auch kein Elektroauto leisten und sind deshalb nicht förderberechtigt. Damit schließt das Förderpaket prinzipiell Menschen mit geringerem Budget aus und die Gelder der KfW kommen nicht dort an, wo sie am meisten benötigt werden. Bemerkenswert, wenn man bedenkt, wie sehr die Partei des Verkehrsministers an anderer Stelle auf einen präzisen Umgang mit öffentlichen Geldern pocht.
Die Gelder fließen direkt nach China ab
Leider hört die Kritik an der Förderung hier nicht auf. Aufgrund der vorherrschenden Übermacht chinesischer Produkte bei Photovoltaik- und Speicher-Komponenten, sowie leider mittlerweile auch bei Elektroautos, wird ein Großteil der Förderung nach China abfließen. Denn wann immer die Anschaffungskosten für Solaranlagen und Speicher auf Verbraucherseite durch Förderungen sinken, heben die Hersteller die Preise in gleichem Maße an. Die Förderung kommt also nur zu einem Teil beim Verbraucher an.
Die Maßnahme des Verkehrsministeriums schießt also in jeder Hinsicht am Ziel vorbei, wobei ich weniger Absicht als Unwissenheit und mangelnde Koordination unterstellen will. So war etwa die Website erschreckend schlecht programmiert, weshalb sie letztlich den halben Tag lang nicht zugänglich war und nun wohl viele Anträge mehrfach eingegangen sind. Außerdem hätte das zuständige Ministerium zuvor mit Akteuren der Branche sprechen sollen.
Es wäre auch anders gegangen: Eine reine Förderung für Wallboxen hätte für den anvisierten Zweck völlig ausgereicht. Es wären mehr Menschen in den Genuss einer Förderung gekommen und hätte den Steuerzahler weniger gekostet. Anstatt einen weiteren von vielen, unübersichtlichen Fördertöpfen zu öffnen, sollte die finanzielle Förderung erneuerbarer Energie zudem lieber in einem einzigen Gesetz gebündelt werden, transparent und übersichtlich.
Dabei ließen sich dann auch Lenkmechanismen berücksichtigen. So ließe sich etwa die Förderung an die Herkunft der Bauteile knüpfen, sodass beispielsweise jede geförderte Solaranlage einen Mindestanteil europäischer Bauteile enthalten müsste. Denn langfristig profitieren Verbraucher, Umwelt und Wirtschaft am meisten, wenn die Produktionsketten der Energiewende zurück nach Europa verlagert werden. Es muss also oberstes Ziel der Politik sein, hier die Rahmenbedingungen zu verbessern, statt chaotische und am Ziel vorbeischießende Förderprogramme aufzulegen.
Peter Knuth ist Geschäftsführer und Mitgründer von
Enerix, einem Komplettanbieter von Photovoltaikanlagen. Er ist seit 2002 in der
Branche tätig.