Smart Meter, also intelligente Stromzähler, sind ein grundlegender Baustein der Energiewende. In einem auf erneuerbaren Strom basierenden Energiesystem sind sie Voraussetzung, um den flexiblen Verbrauch von Wärmepumpen und Elektroautos an die volatile Stromerzeugung aus Sonne und Wind anzugleichen.
Beim Einbau der im Behördendeutsch intelligente Messsysteme genannten Geräte ist Deutschland bislang das Schlusslicht Europas: Obwohl die Diskussion seit mehr als 15 Jahren andauert und bis 2032 15 Millionen Smart Meter verbaut sein müssen, waren Mitte 2022 Schätzungen zufolge nur rund 300.000 Geräte installiert – was einer Quote von weniger als einem Prozent aller Haushalte entspricht. So wird ein riesiges Potential verschenkt, sowohl für die Kunden als auch für die Digitalisierung der Verteilnetze, die sich oftmals in kommunaler Hand befinden .
Vielversprechende Ansätze
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) hat das Bundeswirtschaftsministerium jetzt vielversprechende Ansätze vorgelegt, wie der Smart Meter Rollout beschleunigt und bestehende Hürden abgebaut werden können. So sollen zum Beispiel erstmals verbindliche Einbauziele für die Messstellenbetreiber im Gesetz verankert und die Kosten auf Kundenseite abgesenkt werden.
Zudem sollen Verbraucher und Anlagenbetreiber den Einbau eines Smart Meters innerhalb von vier Monaten verlangen können und die Einführung zeitvariabler Stromtarife beschleunigt werden. Auch beim Abbau von Bürokratie und Behördenwirrwarr gibt es Fortschritte: Die umstrittene Markterklärung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), die bisher für den Rollout notwendig war, soll abgeschafft und alle Kompetenzen für den Rollout im BMWK gebündelt werden.
Der Gesetzentwurf legt den Grundstein für eine digitale Infrastruktur, die 100 Prozent erneuerbare Energien ermöglicht und VerbraucherInnen zu einem aktiven Teil der Energiewende macht. Er kommt einem Paradigmenwechsel gleich: Während das bisher von der Politik gewählte Modell erfolglos versucht hat, die Kosten des Smart Meter Rollouts auf die KundInnen abzuwälzen (obwohl deren flexibles Handeln in hohem Maße dem elektrischen Gesamtsystem nutzt), werden jetzt endlich auch die Netzbetreiber in die Pflicht genommen.
Europa macht es vor
Mit einem Neustart des Smart Meter Rollouts kann Deutschland endlich das
umsetzen, was in vielen europäischen Ländern bereits Realität ist. Zeitvariable
Stromtarife, die dann günstig sind, wenn gerade viel Wind weht
oder die Sonne scheint. Verbraucher erhalten dadurch ökonomische Anreize, ein Elektroauto genau
dann aufzuladen oder eine Wärmepumpe genau dann einzuschalten, wenn dies auch
das Stromnetz entlastet – oder im Umkehrschluss Strom zu sparen, wenn es
teuer ist. Eine direkte Steuerung von
flexiblen Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen über das Smart Meter – wie in
Deutschland durch den Netzbetreiber vorgesehen – ist gar nicht zwingend
notwendig.
Anfang November haben in Großbritannien 200.000 Kunden von
Octopus Energy im Rahmen des Programms „Saving Sessions“ 108 Megawatt Leistung eingespart. Dabei wurden Kunden dafür
entlohnt, zu vorangekündigten Zeiten mit hoher Stromnachfrage ihren Verbrauch zu
reduzieren. Die eingesparte Leistung
übersteigt die mancher Gaskraftwerke und zeigt, wie Kunden dem Stromnetz
helfen können, während sie gleichzeitig dafür bezahlt werden. Mit dem
flächendeckenden Einsatz von zeitvariablen Tarifen wird das Energiesystem also
nicht nur grüner, stabiler und flexibler, sondern Strom auch billiger
für alle.
Was jetzt passieren muss
Auch wenn der GNDEW-Entwurf vielversprechende Ansätze zeigt, bleibt an einigen Stellen Nachbesserungsbedarf. So sind die Zwischenziele mit einer geplanten Rollout-Quote von zehn Prozent bis 2025 und 50 Prozent bis 2028 leider wenig ambitioniert. Zudem sollten Smart Meter ab sofort bei der Inbetriebnahme von neuen Solaranlagen, Wärmepumpen und Wallboxen verpflichtend verbaut werden. Außerdem ist die Zertifizierung der Smart Meter nach wie vor zu kompliziert. Die Einrichtung zusätzlicher Zertifizierungsstellen oder eine Selbstzertifizierung durch die Hersteller würde die Geräte hingegen schneller und kostengünstiger auf den Markt bringen.
Auf keinen Fall dürfen die anstehenden Beratungen im Bundestag dafür genutzt werden, die im Gesetzesentwurf gemachten positiven Ansätze wieder rückgängig zu machen. Denn eigentlich ist es ganz einfach: Erneuerbare Energien brauchen Smart Meter. Smart Meter brauchen Kunden. Und Kunden brauchen Mehrwert. Wenn wir Klimawandel und Versorgungssicherheit ernst nehmen und die Energiewende konsequent vorantreiben wollen, muss die digitale Energieinfrastruktur mit dem Smart Meter Gateway als zentralem Bestandteil so schnell wie möglich flächendeckend ausgerollt werden.
Andrew
Mack ist CEO von Octopus Energy Germany. Der
gebürtige Brite gründete 2016 ein Energie-Startup, das seit 2019 Teil des Stromanbieters Octopus Energy ist.