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Gesundheit & E-Health

Standpunkte Deutschland braucht Nationalen Aktionsplan

Monika Gappa ist Chefärztin der Kinderklinik im EVK Düsseldorf
Monika Gappa ist Chefärztin der Kinderklinik im EVK Düsseldorf Foto: privat

In Europa sind aktuell über 80 Millionen Menschen an Asthma oder COPD erkrankt. Die Aufmerksamkeit der Politik liegt nach drei Jahren Covid-19-Pandemie trotzdem nicht auf diesen chronischen Erkrankungen. Das muss sich ändern, fordert Monika Gappa, Chefärztin der Kinderklinik im EVK Düsseldorf, im Standpunkt. Es brauche eine langfristige Strategie.

von Monika Gappa

veröffentlicht am 31.03.2023

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Covid-19 sorgte für überfüllte Intensivstationen und kürzlich waren vor allem die Kinderkliniken aufgrund akuter Infektionen mit dem RS-Virus am Limit. Diese durch Atemwegserkrankungen ausgelösten Notsituationen standen in jüngster Vergangenheit zurecht im Fokus der Öffentlichkeit. Dabei wird oft vergessen, dass neben den akuten Infektionen gerade die chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen das deutsche Gesundheitssystem zunehmend belasten: Mehr als zehn Millionen Deutsche leiden an den Volkskrankheiten Asthma oder COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung). Dennoch werden diese politisch und medial leider kaum beachtet. Das muss sich ändern.

In Europa sind aktuell über 80 Millionen Menschen an Asthma oder COPD erkrankt. Auch durch den demografischen Wandel steigt der Anteil der Menschen, die mit einer chronischen Atemwegserkrankung leben, an. Man sollte meinen, dass sich die Aufmerksamkeit der Politik nach drei Jahren Covid-19-Pandemie auch den chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen zuwendet. Doch leider sind diese Indikationen immer noch nicht auf der politischen Agenda angekommen.

Es fehlt ein Nationaler Aktionsplan Lunge

Es gibt in Deutschland keine langfristige Strategie, um die Situation bei den „Volkskrankheiten der Lunge“ zu verbessern. In Anbetracht der momentanen Lage und den gravierenden Zahlen ist dies nicht hinnehmbar. Andere Bereiche zeigen auf, wie es gehen kann: Zu Recht haben wir die Nationale Dekade gegen den Krebs, den Nationalen Aktionsplan für Menschen mit seltenen Erkrankungen, die Nationale Demenzstrategie und die Nationale Diabetes-Strategie entwickelt. Dies sind alles langfristige Strategien und Pläne, um die Situation für Menschen mit den jeweiligen Erkrankungen zu verbessern. Nur für chronische Lungen- und Atemwegserkrankungen gibt es hier eine gravierende Lücke. Die Entwicklung eines Nationalen Aktionsplan Lunge ist dringend notwendig, um den Herausforderungen und aktuellen Defiziten umfassend zu begegnen.

England hat sich mit der Task Force Lung Health gerade zu einem Vorreiter auf diesem Gebiet entwickelt. Frankreich hat unter der Schirmherrschaft von Emmanuel Macron kürzlich eine Generalversammlung zu Lungenerkrankungen abgehalten und Portugal ein nationales Programm mit Fokus auf Lungenerkrankungen gestartet. Letzteres zeigt bereits erste Erfolge für Asthma und COPD, mit einer Reduktion stationärer Behandlungen.

Prävention und Früherkennung

Um der Vernachlässigung der Lunge in der Politik etwas entgegenzusetzen, haben wir uns als Expert:innen zusammengetan und das „Jahrzehnt der Lunge“ gegründet. In einem ersten Schritt haben wir uns den Bereichen Prävention und Früherkennung gewidmet und entsprechende Forderungen in unserem „Politischen Kompass“ festgehalten. Kurz- und mittelfristig fordern wir vor allem die Verankerung der chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen im vorgesehenen Nationalen Präventionsplan, auf den sich die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag geeinigt haben. Darüber hinaus müssen noch in dieser Legislaturperiode wichtige Weichenstellungen vorgenommen werden, um den Bereich Lunge systematisch und nachhaltig zu adressieren. Daher plädieren wir für ein Maßnahmenpaket, das sich chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen explizit widmet.

Besonders am Herzen liegen mir als Kinderärztin Maßnahmen zur Früherkennung von Risiken und Maßnahmen zur Prävention. Dazu sollten systematische Allergiescreenings bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen gehören, aber auch bessere und wirksamere Maßnahmen zur Senkung der Tabakrauchexposition. Als Kinderärztin sehe ich hier akuten Bedarf! Allergie-Screenings können dazu beitragen, dass wir die Anzahl von Patient:innen mit Asthma und anderen mit Allergie verbundenen Erkrankungen senken können. Durch die Einführung von verpflichtenden Allergiescreenings in die Vorsorgeuntersuchungen könnten Kinder und Jugendliche mit Asthmarisiko frühzeitig erkannt und entsprechend frühzeitiger behandelt werden. Dies ist ungemein wichtig, da Asthma bronchiale die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter in Deutschland ist und Asthma in der Kindheit Auswirkungen auf die lebenslange Lungengesundheit haben kann.

Professor Monika Gappa ist Chefärztin der Kinderklinik im EVK Düsseldorf und unterstützt das Jahrzehnt der Lunge. 

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