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Gesundheit & E-Health

Standpunkte Ein Jahr Gütezeichen „Faire Anwerbung Pflege“

Helmut Kneppe, Vorstandsvorsitzender Kuratorium Deutsche Altershilfe und Vorsitzender der Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland
Helmut Kneppe, Vorstandsvorsitzender Kuratorium Deutsche Altershilfe und Vorsitzender der Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland Foto: KDA/Rother

Binnen eines Jahres wurde das Gütezeichen „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ 46 Personal-Serviceagenturen und 13 selbst anwerbenden Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen verliehen. Helmut Kneppe, Vorsitzender der Gütegemeinschaft, schreibt im Standpunkt, in welchen Bereichen Deutschland sich bei der Anwerbung von Arbeitskräften verbessert hat und inwiefern die Voraussetzungen noch ausbaufähig sind.

von Helmut Kneppe

veröffentlicht am 10.03.2023

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Im Februar 2022 wurden die ersten 17 Gütezeichen „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ im Namen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verliehen. Das RAL-Gütezeichen zeichnet anwerbende Vermittlungsagenturen und Arbeitgebende aus, die den Prozess der Anwerbung internationalen Pflege-Fachpersonals ethisch, fair und transparent gestalten. 

Inzwischen wurde das Gütezeichen 46 Personal-Serviceagenturen und 13 selbst anwerbenden Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen verliehen. Die „Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland e.V.“, die für die Erteilung der Gütezeichen zuständig ist, ist gewachsen. Mittlerweile zählt sie mehr als 50 Mitglieder. Das zeigt, dass viele Unternehmen, die internationale Pflegefachpersonen anwerben, großes Interesse an der Verbreitung und Weiterentwicklung ethisch vertretbarer und fairer Anwerbekriterien haben. 

Gütezeichen als Voraussetzung für Beauftragung

Wir erhalten vermehrt Rückmeldungen von Arbeitgebenden, dass sie bei Ausschreibungen die Auszeichnung der Personal-Serviceagenturen mit dem Gütezeichen verpflichtend voraussetzen. Der Anforderungskatalog wurde nun erstmals überarbeitet. Nachgeschärft wurde zum Beispiel bei den Regelungen zu Qualifizierungsvereinbarungen. Für den Fall, dass ein Matching mit einem Arbeitgebenden erst zu einem späteren Zeitpunkt zustande kommt, soll gewährleistet werden, dass die internationale Pflegefachperson auch in diesem Fall von Kosten freigehalten wird. Das gesetzlich vorgeschriebene Stellungnahme-Verfahren mit anschließender Ressortanhörung für die Änderungen konnte im November 2022 abgeschlossen werden.

In Deutschland fehlten im Jahr 2022 laut einer PwC-Studie rund 290.000 Arbeitskräfte im Bereich Gesundheit/Pflege. Besonders betroffen sind die Alten- und Krankenpflege. Und der Bedarf steigt. Eine Maßnahme zur Deckung der Fachkräfte-Lücke neben vielen anderen ist das Anwerben im Ausland. Deutschland wirbt nicht allein an in Staaten, die über ihren Bedarf hinaus ausbilden. Insbesondere die USA schnüren mit raschen Anerkennungsverfahren und guten Gehältern attraktive Pakete, die es Deutschland im internationalen Wettbewerb nicht leicht machen. Zudem sprechen viele internationale Pflegepersonen bereits Englisch.

Vertrauen ist ein großer Pluspunkt

Um eine Einwanderung nach Deutschland noch attraktiver zu gestalten, will die Gütegemeinschaft künftig auch die internationalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vermehrt in ihre Arbeit mit einbeziehen und Impulse aufnehmen. Erst kürzlich hatten die Mitglieder der Gütegemeinschaft – Praktiker, die anwerben und mit dem Gütezeichen ausgezeichnet worden sind – ein Sechs-Punkte-Positionspapier zusammengestellt, in dem auf die wichtigsten Hürden bei der fairen und transparenten Vermittlung hingewiesen wird und Lösungsvorschläge angeboten werden. 

Zum anderen soll das Gütezeichen im In- und Ausland, insbesondere bei Arbeitgebenden und internationalen Pflegefachpersonen, noch bekannter werden. Denn gerade die Zuverlässigkeit, das Vertrauen, das in das deutsche System, in Regelungen und Vereinbarungen gesetzt wird, ist ein wichtiger Pluspunkt, der oft als Entscheidungsgrund für eine Einwanderung nach Deutschland genannt wird. Das Gütezeichen unterstreicht diese Erwartungen. 

Punkten kann Deutschland zudem mit seinem Gesundheits-, Sozial- und Bildungssystem, das zum Beispiel Krankenversorgung und Schulbildung garantiert. Außerdem nennen ausländische Mitarbeitende die Freiheit, die Sicherheit und den Respekt vor allen Geschlechtern als Entscheidungsgründe, hier arbeiten zu wollen.

Ein Klima des Willkommens schaffen

Ebenso wichtig für eine erfolgreiche Vermittlung ist ein Klima des Willkommens und Maßnahmen zur Integration. Eine grundlegende Sensibilisierung dahingehend, was ethisch vertretbare, faire und nachhaltige Anwerbung bedeutet, ist notwendig. Dass ein Arbeitgeber, der international Fachpersonal anwirbt, sich mit einem betrieblichen Integrationsmanagement auseinandersetzt, dazu ein Konzept erstellt und sich selbst in der Hauptverantwortung für eine gelungene Anwerbung sieht, ist dabei maßgeblich. Wir unterstützen dabei aktiv.

Unabhängig davon muss Deutschland als Zuwanderungsland attraktiv bleiben und sich im internationalen Wettbewerb behaupten können. Das gelingt, wenn die Verfahren zur Einreise und Anerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse auch bürokratiearm und beschleunigt ablaufen. Dazu haben die Mitglieder der Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland e.V. ebenfalls im Sechs-Punkte-Positionspapier Potenziale aufgezeigt, die die Fachkräfteeinwanderung für alle Branchen fairer gestalten und erleichtern können.

Helmut Kneppe ist Vorsitzender des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) und Vorsitzender der Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland.

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