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Gesundheit & E-Health

Standpunkte Gemeinsam für Menschen mit Demenz

Astrid Lärm, Leiterin der Geschäftsstelle Nationale Demenzstrategie
Astrid Lärm, Leiterin der Geschäftsstelle Nationale Demenzstrategie Foto: Christoph Soeder/DZA

Die Umsetzung der Nationalen Dementstrategie ist gestartet. Im Standpunkt beschreibt Astrid Lärm, Leiterin der Geschäftsstelle Nationale Demenzstrategie am Deutschen Zentrum für Altersfragen, warum die Weiterentwicklung der Beratungsangebote eine wichtige Maßnahme ist.

von Astrid Lärm

veröffentlicht am 13.10.2020

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Eine Demenz verändert das ganze Leben. Stellen Sie sich vor, dass sich Ihre 75-jährige Mutter seit einiger Zeit ungewöhnlich verhält. Sie verwechselt Namen und Wochentage und findet manchmal die richtigen Worte nicht. Zunächst denken Sie sich nicht viel dabei, schließlich kann man im Alter auch mal Dinge durcheinanderbringen. Aber dann fällt Ihnen auf, dass Ihre Mutter immer mehr Dinge in ihrer Wohnung „verlegt“ und nicht mehr wiederfindet. Eines Tages finden Sie bei einem Besuch das Telefon im Kühlschrank. Sie fragen sich: „Hat meine Mutter vielleicht eine Demenz?“

Viele Menschen in Deutschland müssen sich dieser Frage stellen – als Kinder, Ehepartner, Freunde oder Betroffene. In Deutschland haben derzeit rund 1,6 Millionen eine Demenz. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl vermutlich auf rund 2,8 Millionen ansteigen. Die meisten Menschen mit Demenz werden von ihren Angehörigen zu Hause betreut und gepflegt. Damit betrifft diese Erkrankung bereits heute sehr viele Menschen. 

Deshalb hat die Bundesregierung jetzt eine Nationale Demenzstrategie beschlossen, um die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen in Deutschland zu verbessern. Die Strategie wurde gemeinsam mit zahlreichen Partnern aus Politik, Gesellschaft und Forschung entwickelt. Sie enthält insgesamt 162 Maßnahmen, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen. 

Eine Demenz äußert sich bei allen Menschen unterschiedlich. Je nach Form der Erkrankung können zum Beispiel Gedächtnisprobleme oder auch Veränderungen der Persönlichkeit im Vordergrund stehen. Deshalb brauchen Menschen mit Demenz unterschiedliche Formen der Unterstützung im Alltag und der Pflege. Auch die individuelle Lebenssituation und das soziale Umfeld spielen dabei eine große Rolle. Außerdem handelt es sich bei Demenz um eine fortschreitende Erkrankung. Im Laufe der Zeit gehen immer mehr Fähigkeiten verloren, die man braucht, um seinen Alltag selbst zu gestalten. Anders als bei vielen anderen Erkrankungen, brauchen Menschen mit Demenz deshalb je nach Stadium ihrer Erkrankung unterschiedliche Formen der Unterstützung und Pflege. Wenn Menschen mit Demenz aber diese, für sie passende Unterstützung erhalten, können sie oft noch lange ein selbstständiges Leben in ihrer gewohnten Umgebung führen. Ihre Mutter könnte zum Beispiel auch mit ihrer Demenz weiterhin allein in ihrer Wohnung leben, wenn sie regelmäßig Besuch von Familie, Nachbarn oder einem ehrenamtlichen Besuchsdienst bekommen würde. 

Es gibt in Deutschland zahlreiche Angebote zur Unterstützung und Pflege, die Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen nutzen können. Angehörige von Menschen mit Demenz müssen sich in diesem Angebot orientieren, passende Angebote finden und diese so kombinieren, dass sie zur aktuellen Situation passen. Dazu brauchen sie eine regelmäßige und gute Beratung in allen Fragen rund um das Thema Demenz und Pflege. 

Diese Beratung erhalten Angehörige zum Beispiel bei den Beratungsstellen der Krankenkassen und bei kommunalen Beratungsstellen. Viele Menschen wissen aber nicht, dass es diese Beratungsstellen gibt und sie auch einen gesetzlichen Anspruch darauf haben, sie zu nutzen. Außerdem gibt es zahlreiche weitere Anbieter von Beratung zu Demenz und Pflege, etwa Pflegedienste und Selbsthilfeorganisationen. 

Und auch wenn die Vielfalt der Beratungsangebote viele Vorteile hat, ist es für Angehörige oft nicht einfach, sich darin zurecht zu finden. Hinzu kommt, dass es keine einheitlichen Qualitätsstandards für alle Beratungsangebote gibt. Deshalb kann man nicht sicher sein, an jeder Stelle eine gleichermaßen gute Beratung zum Thema Demenz zu erhalten.  

Um dieser Situation zu begegnen, wurden in der Nationalen Demenzstrategie Maßnahmen vereinbart, um die Beratung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen in Deutschland auszubauen, zu verbessern und mit einheitlichen Qualitätsstandards zu versehen. In den kommenden Jahren werden die Krankenkassen, die kommunalen Spitzenverbände und das Kuratorium Deutscher Altershilfe gemeinsam mit anderen wichtigen Akteuren diese Maßnahmen umsetzen.

Auch in vielen weiteren Bereichen, die für Menschen mit Demenz wichtig sind, sollen in den kommenden Jahren Verbesserungen bewirkt werden. Dazu gehört neben der Unterstützung von Angehörigen auch die Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Demenz, die bessere medizinische und pflegerische Versorgung sowie mehr Forschung zum Thema Demenz. 

Rund sechzig Akteure beteiligen sich an der Umsetzung der Strategie. Zum Beispiel wird die Deutsche Alzheimer Gesellschaft die Deutsche Bahn dabei unterstützen, Zugbegleiter im Umgang mit Menschen mit Demenz zu schulen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft will sich für eine demenzfreundlichere Gestaltung der Krankenhäuser in Deutschland einsetzen. Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen wird eine Reihe von Forschungsprojekten zum Thema Demenz durchführen. 

Gemeinsam werden alle beteiligten Akteure in den kommenden Jahren eng zusammenarbeiten und damit das Leben von Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen in Deutschland spürbar verbessern. 

Weitere Informationen zur Nationalen Demenzstrategie finden Sie unter www.nationale-demenzstrategie.de

Astrid Lärm, Leiterin der Geschäftsstelle Nationale Demenzstrategie am Deutschen Zentrum für Altersfragen.  

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