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Gesundheit & E-Health

Standpunkte Kurse in Reanimation erhöhen Überlebensrate

Nadine Rott, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uniklinik Köln
Nadine Rott, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uniklinik Köln Foto: Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uniklinik Köln

Deutschlands Laienreanimationsquote liegt im internationalen Vergleich deutlich unter dem Durchschnitt. Ein wichtiger Schritt um dem entgegenzuwirken ist die Schülerausbildung in Reanimation. 10.000 Menschenleben könnten jährlich zusätzlich gerettet werden.

von Nadine Rott

veröffentlicht am 02.07.2020

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Die Laienreanimationsquote liegt in den europäischen Ländern zwischen 13 und 82 Prozent, im Durchschnitt bei 58 Prozent. In Deutschland liegt die Quote allerdings bei aktuell nur 39 Prozent.

Dies ist ein Problem, da bei Herz-Kreislauf-Stillständen das Gehirn bereits nach drei bis fünf Minuten erste irreversible Schäden davontragen kann und der professionelle Rettungsdienst meist erst nach etwa acht bis zehn Minuten eintrifft. Die Zeit bis der Rettungsdienst eintrifft, kann jedoch von Laien, die den Herz-Kreislauf-Stillstand beobachten, überbrückt werden, denn die Mehrheit der Herz-Kreislauf-Stillstände passieren im häuslichen Umfeld. 

Länder mit besonders hohen Laienreanimationsquoten haben diese hohen Quoten unter anderem erreicht, nachdem der Unterricht in Reanimation verpflichtend in den Schulen eingeführt wurde. So konnte beispielsweise in Dänemark die Überlebensrate nach Herz-Kreislauf-Stillstand in weniger als zehn Jahren verdreifacht werden, indem der Unterricht verpflichtend eingeführt und eine begleitende Medienkampagne initiiert wurde. In Deutschland könnten bei einer flächendeckenden Umsetzung in Schulen mit ähnlichem Erfolg jedes Jahr rund 10.000 Menschenleben zusätzlich gerettet werden. 

Bisher mangelt es an flächendeckender Umsetzung

Deshalb fordert auch der Deutsche Rat für Wiederbelebung die verpflichtende Einführung von zwei Schulstunden Wiederbelebungsunterricht pro Schuljahr spätestens ab der 7. Klasse und jährliche Wiederholungen bis zum Beenden der Schule. Der Schulausschuss der Kultusministerkonferenz hat dies ebenfalls bereits 2014 empfohlen, und auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützt seit dem Jahr 2015 unsere internationale Initiative „KIDS SAVE LIVES“.  

Umgesetzt werden kann die Schülerausbildung sowohl an speziellen Projekttagen als auch in Vertretungsstunden oder in den Fächern Biologie und Sport, die hier sehr gute thematische Anknüpfungspunkte bieten. Lehrkräfte können nach einer ca. vierstündigen Schulung ihre Schülerinnen und Schüler selbstständig in Reanimation unterrichten und somit als Multiplikatoren dienen und die Flexibilität der Integration in den Unterricht gewährleisten. Die Schülerinnen und Schüler wiederum dienen ebenfalls als Multiplikatoren, da Sie als Hausaufgabe ihren Verwandten und Freunden ihr Wissen weiter geben können. Hierfür können den Schülerinnen und Schülern im Idealfall günstige Puppen mit nach Hause gegeben werden. Mit diesem Modell konnten bereits in einzelnen Schulen und Modellprojekten große Erfolge erzielt werden, und es zeigt sich, dass die Schülerinnen und Schüler große Freude an dem Unterricht haben. 

Alles, was man braucht, sind zwei Hände

Wenn die Reanimation erst beim Führerschein und hier auch nur ein einziges Mal unterrichtet wird, ist dies zu spät und zu wenig. Die jährliche Wiederholung und der frühe Beginn in der Schule sorgen für ein nachhaltiges Erlernen und steigert das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler ihr Wissen im Ernstfall auch anzuwenden. 

Die Ausbildung von Schülerinnen und Schülern hat sich als die effektivste Methode zur Steigerung der Laienreanimationsquote erwiesen. Weitere Maßnahmen zur Steigerung der Überlebensrate sind zum Beispiel die Telefonreanimation, bei der den Laien von der Leitstelle erklärt wird, wie die Reanimation funktioniert, und Ersthelfersysteme, bei denen zusätzlich zum professionellen Rettungsdienst ausgebildete Ersthilfe, die sich zufällig in der Nähe befinden, informiert werden. 

„Alles, was man braucht, um ein Leben zu retten, sind zwei Hände“, fasst der Vorstandsvorsitzende des GRC, Bernd W. Böttiger, zusammen. 

Nadine Rott ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der in der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Universitätsklinikum Köln.

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