Wir sprechen dieser Tage viel über die sogenannte Zeitenwende. Das schließt für mich auch Investitionen in unsere Zukunft ein. Eine Zukunft, die solidarisch ist und Frauen und Kinder besonders in den Fokus nimmt. Denn diese leiden, besonders in den Ländern des Globalen Südens, unter den Folgen der COVID-19-Pandemie. Das wird jetzt erst richtig sichtbar. Der Ausfall von grundlegender Gesundheitsversorgung durch die Pandemie beeinträchtigt die Betreuung von Schwangeren, die Grundimmunisierung von Kindern oder ärztliche Beratung zu Maßnahmen der Familienplanung. Diese Situation gefährdet jahrzehntelange, hart erkämpfte Fortschritte und bedroht das Leben von Dutzenden Millionen Frauen und Kindern.
Geboren und aufgewachsen im Senegal, wurde ich in meiner Jugend viel zu früh mit den Folgen einer unzureichenden Gesundheitsversorgung konfrontiert. Meine Mutter starb kurz nach meiner Geburt, mein Vater an einer Blinddarmentzündung. Damals war ich sieben Jahre alt. An der Versorgungslage hat sich auch heute vielerorts nichts geändert. Deshalb schließt mein politisches Engagement immer auch den Einsatz für globale Gesundheit ein.
Der Schaden ist bereits immens
Es gilt jetzt mehr denn je, Gesundheitsversorgung global gerecht zu gestalten. Denn: Bis 2030 wollen wir als internationale Gemeinschaft die 17 Nachhaltigkeitsziele erreichen. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze hat sich die feministische Entwicklungspolitik und die Globale Gesundheit zur Hauptaufgabe gemacht. Das finde ich richtig. Wir müssen Frauen und Mädchen in den Mittelpunkt unserer Entwicklungszusammenarbeit stellen!
Der Schaden ist bereits immens. In den ärmsten Ländern der Welt kommen auf jeden offiziell gemeldeten COVID-19-Toten schätzungsweise zwei Frauen und Kinder, die durch die Störung der Gesundheitssysteme ihr Leben verloren haben. Die Zahl der Impfungen im Kindesalter ist im März 2022 bereits um 60 Prozent zurückgegangen. Die globale Ernährungs- und Wirtschaftskrise, die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöst worden ist, zwingt Frauen, sich zwischen Lebensmitteln und medizinischer Grundversorgung zu entscheiden. In der Ukraine wurden erzielte Erfolge im Gesundheitssektor innerhalb weniger Wochen zerstört. Dort leiden besonders Frauen und Kinder unter der mangelnden Versorgung und geschlechtsspezifischer Gewalt.
Hilfe für ärmere Länder dringend nötig
Die Lösung vieler dieser Probleme haben wir in der Hand. Wir müssen betroffene Länder dabei unterstützen, ihre Gesundheitssysteme zu stärken und widerstandsfähiger zu machen. Die Investitionen dafür sollten heute getätigt werden, um akut gefährdeten Frauen zu helfen und künftige Notlagen abzuwenden.
Deutschland beteiligt sich seit Langem an der Global Financing Facility (GFF) – einer Institution, die Länder dabei unterstützt, in die Gesundheit von Frauen, Kindern und Jugendlichen zu investieren. Mit einer Förderung der GFF kann Deutschland einen zentralen Beitrag zu feministischer Außen- und Entwicklungspolitik leisten. Das ist gerade im Jahr der deutschen G7-Präsidentschaft ein wichtiges Signal an unsere internationalen Partner.
Karamba Diaby (60) ist SPD-Politiker und seit 2013 Abgeordneter des Bundestages. Dort ist er unter anderem Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. 2021 holte der gebürtige Senegalese, der dem linken Parteiflügel zugerechnet wird, im Wahlkreis Halle das Direktmandat.