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Gesundheit & E-Health

Standpunkte Patientenversorgung verbessern und Kosten sparen

Konstantin Nikolaou ist Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft
Konstantin Nikolaou ist Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft Foto: DRG

Mit der Computertomographie-Koronarangiographie steht gesetzlich versicherten Patienten mit Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung bald eine nichtinvasive, leitliniengerechte Diagnostik zur Verfügung. Endlich, denn die Methode ist schonender und kostengünstiger als die bisher dominierende Herzkatheteruntersuchung.

von Konstantin Nikolaou

veröffentlicht am 20.03.2024

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Mehr als 120.000 Bürgerinnen und Bürger sterben jedes Jahr an den Folgen der koronaren Herzkrankheit – 4,9 Millionen Menschen sind betroffen oder 8,3 Prozent der erwachsenen Bevölkerung ab 30 Jahren. Die koronare Herzkrankheit ist damit die häufigste Todesursache in Deutschland. Bislang wurde ein Verdacht auf diese Erkrankung meist mit einer Herzkatheteruntersuchung medizinisch abgeklärt. Bei dieser Methode wird ein Katheter in arterielle Gefäße der Leiste oder des Unterarms eingeführt und bis in die Herzkranzgefäße vorgeschoben. Mit dieser Methode können sich Ärzte ein genaues Bild des Zustandes der Koronargefäße und der Herzkammern machen, doch ist diese Untersuchung invasiv und für viele Patienten angstbesetzt.

Ein großer Teil dieser invasiven Maßnahmen und damit der Patientenängste werden jedoch bald der Vergangenheit angehören. Denn künftig steht eine alternative Methode zur Diagnose der koronaren Herzkrankheit zur Verfügung, nämlich das radiologische Verfahren der Computertomographie-Koronarangiographie, auch CT-Koronarangiographie oder kurz CCTA genannt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 18. Januar 2024 beschlossen, die CT-Koronarangiographie in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen. Die Kosten für diese Leistung werden also in naher Zukunft von den Krankenkassen übernommen. Künftig soll diese Methode bei allen Patienten, deren Alter, Symptome und Vorerkrankungen ein niedriges bis mittleres Risiko für das Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung nahelegen, als diagnostisches Mittel der ersten Wahl angewandt werden, um dem Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit nachzugehen oder diese Erkrankung auszuschließen.

Für Patienten hat die CT-Koronarangiographie viele Vorteile: Es ist ein schonendes Verfahren, denn die Untersuchung kommt – außer einem venösen Zugang und einer Kontrastmittelgabe – ohne Eingriff in den Körper aus. Das mindert das Risiko: Blutungen, Gefäßverletzungen oder Schlaganfälle, also Komplikationen, die infolge von Herzkatheteruntersuchungen auftreten können, entfallen. Außerdem wird die CT-Koronarangiographie ambulant in einer radiologischen Praxis durchgeführt. Die Untersuchung selbst dauert nur wenige Sekunden und nach der Untersuchung können die Patienten die Praxis wieder verlassen. Demgegenüber wird die Herzkatheter-Diagnostik meist im Krankenhaus durchgeführt und dauert insgesamt wesentlich länger.

Leitlinien empfehlen die CT-Koronarangiographie

Mit der CT-Koronarangiographie hält also eine patientenfreundliche Diagnosemöglichkeit Einzug in die ambulante Versorgung, die Engstellen oder Verschlüsse von Gefäßen ebenso genau darstellen oder ausschließen kann wie eine Herzkatheteruntersuchung. Daher empfehlen nationale und internationale medizinische Leitlinien die CT-Koronarangiographie auch als Diagnosemethode der ersten Wahl für die genannten Patientengruppen. Dieser Einschätzung hat sich auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in seinem Bericht aus dem Frühjahr 2023 angeschlossen, welcher die Grundlage für den aktuellen G-BA-Beschluss bildet.

Diese Untersuchung in hoher Qualität anzubieten – dafür steht die Radiologie flächendeckend bereit, denn schließlich gehört die Durchführung und Befundung der CT-Koronarangiographie zur Kernaufgabe der Radiologie. Die Deutsche Röntgengesellschaft hat für die Computertomographie des Herzens schon vor Jahren ein umfassendes Zertifizierungssystem zur Qualitätssicherung etabliert. Der Strahlenschutz in der Computertomographie ist primäre Aufgabe von Radiologinnen und Radiologen, hier gelten zum Schutz der Patienten höchste Qualitätsstandards, die auch die Vermeidung unnötiger Strahlenexposition umfassen.

Radiologen wenden Verfahren an

Bei der CT-Koronarangiographie ist die Radiologie für die leitliniengerechte Indikation und Durchführung der Untersuchung, die Befundung und die Kommunikation des Befundes an die überweisenden Ärzte verantwortlich. Die umfassende Diagnose mit dieser CT-Methode trägt dazu bei, die geeignete Behandlung zu bestimmen – gemeinsam mit den überweisenden Fach- und Hausärzten. Bei der potenziell tödlichen koronaren Herzerkrankung ist interdisziplinäre ärztliche Zusammenarbeit unabdingbar und die Radiologie ist als zuweisungsabhängiges Fach an eine solche Form der Kooperation und Kommunikation wie keine andere medizinische Disziplin gewöhnt.

Die Einführung der CT-Koronarangiographie in die ambulante Versorgung trägt außerdem dazu bei, das Gesundheitswesen zukunftssicher und effizienter zu machen: Jedes Jahr werden in Deutschland fast 900.000 Herzkatheteruntersuchungen durchgeführt, ein internationaler Spitzenwert, der allerdings nicht dazu führt, dass die Bundesbürger seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben als die Bewohner anderer europäischer Länder. Der Beschluss des G-BA zielt daher auch explizit darauf ab, die Zahl unnötiger Herzkatheteruntersuchungen zu reduzieren. Denn bei etwa 2/3 der Herzkatheteruntersuchungen erweist sich der Verdacht auf eine relevante Stenose der Herzkranzgefäße als unbegründet. Und gerade hier spielt die CT-Koronarangiographie als nichtinvasives Verfahren beim Ausschluss einer koronaren Herzerkrankung eine wichtige Rolle.

Für die Herz-CT spricht auch, dass sie erheblich günstiger ist als die Herzkatheteruntersuchung, für die die gesetzlichen Krankenkassen jedes Jahr rund zwei Milliarden Euro ausgeben. Mit der CT-Untersuchung könnten die Kassen Schätzungen zufolge etwa eine halbe Milliarde Euro einsparen. Wichtig ist dabei, dass die CT-Koronarangiographie nicht zusätzlich zur Herzkatheteruntersuchung Anwendung findet. Leitliniengerecht und von erfahrenen Radiologen angewandt, ermöglicht die CT-Koronarangiographie im interdisziplinären Zusammenspiel mit überweisenden Haus- und Fachärzten eine kosteneffiziente, schonende, komplikationsarme und genaue Diagnostik der koronaren Herzkrankheit.

Konstantin Nikolaou hat diesen Standpunkt in seiner Funktion als Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft geschrieben. Hauptberuflich ist er ärztlicher Direktor der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Tübingen.

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