Ob beim Arztbesuch, im Krankenhaus oder gegenüber Krankenkassen: Patient:innen müssen immer wieder komplexe Entscheidungen treffen. Im Vergleich zu ihrem Gegenüber gibt es oft ein Wissens- und Ressourcengap. Ein wichtiges Instrument um Patient:innen zu stärken, ist eine unabhängige Beratung. Bei der geplanten Neuaufstellung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) muss die Bundesregierung die Unabhängigkeit des Beratungsangebots sicherstellen.
Dafür muss die neue UPD drei Anforderungen erfüllen: Erstens muss sie finanziell unabhängig sein. Zweitens muss die UPD konsequent an der Seite der Patient:innen stehen und nur deren Interessen im Blick haben. Und drittens muss jeglicher Anschein einer Abhängigkeit ausgeschlossen werden.
Die einfachste Möglichkeit, die finanzielle Unabhängigkeit sicherzustellen, ist die vollständige Finanzierung der UPD aus Steuermitteln. Auf diese Weise wäre gewährleistet, dass die UPD als gesamtgesellschaftliche Aufgabe auch gesamtgesellschaftlich finanziert würde und dass der Geldgeber keine Eigeninteressen im Gesundheitswesen vertritt. Wenn die Krankenkassen weiterhin finanziell eingebunden werden sollen, muss sichergestellt werden, dass auch sie die Unabhängigkeit der Beratung nicht beeinflussen. Zu oft sind die Kassen selbst Gegenstand von Konflikten, etwa wenn es um die Finanzierung dringend notwendiger Behandlungen geht. Gelingen könnte die finanzielle Beteiligung der Kassen, indem Finanzmittel nicht direkt von ihnen an die UPD fließen, sondern an eine zwischengeschaltete Bundesbehörde. Diese könnte unter von der Politik festzulegenden Kriterien einen steten Finanzfluss und die sachgemäße Verwendung der Mittel sicherstellen. So gäbe es einen Schiedsrichter mit Blick auf streitbare Fragen oder auch Interessenskollisionen.
Verbraucherzentralen stehen bereit
Die UPD kann ihre gesetzlich vorgegebene Aufgabe, die Patientenorientierung im Gesundheitswesen zu stärken und Problemlagen im Gesundheitssystem aufzuzeigen, nur erfüllen, wenn sie konsequent an der Seite der Patient:innen steht. Die maßgeblichen Patientenorganisationen, die laut Paragraf 140g des Fünften Sozialgesetzbuches mit der Vertretung dieser Interessen betraut sind und bereits institutionalisierte Patientenberatung anbieten, sind naheliegende künftige Träger der UPD. Gemeinsam mit seinen Partnern steht der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) als einer dieser maßgeblichen Patientenorganisationen bereit, die Trägerschaft einer neuen, unabhängigen UPD zu übernehmen. Der vzbv und die Verbraucherzentralen arbeiten grundsätzlich nicht gewinnorientiert. Allein dieser Umstand stellt sicher, dass das Netzwerk und die Expertise des vzbv beim Neustart der UPD dazu dienen, im Sinne der Patient:innen zu handeln.
Damit die UPD eine verlässliche Anlaufstelle für Patient:innen ist, muss sie nicht nur faktisch unabhängig sein. Sie darf nicht einmal den Anschein einer Abhängigkeit von anderen Interesse im Gesundheitswesen erwecken, Interessenskonflikte dürfen in der Organisationsstruktur der UPD nicht angelegt sein. So sollte unbedingt der Eindruck vermieden werden, dass die UPD in Abhängigkeit zu den Krankenkassen steht – sei es auf Grund finanzieller Verflechtungen, durch einen Einfluss auf die Mittelverwendung und die Gestaltung des Beratungsangebots oder durch die Gründung der neuen UPD.
Deshalb: Für eine unabhängige Patientenberatung muss der Gesetzgeber die Unabhängigkeit von finanziellen wie von politischen Interessen und Einzelinteressen im Gesundheitswesen sicherstellen. Patient:innen müssen die UPD kennen, ihr vertrauen und ihre Angebote niedrigschwellig in Anspruch nehmen können. Konflikte und Bedarfe an vertrauenswürdiger Beratung gibt es im Gesundheitswesen viel zu viele. Patientenrechte zu stärken heißt, diese auch durchzusetzen. Dafür stehen die Verbraucherzentralen mit ihrem Dachverband bereit, nicht zuletzt mit jahrzehntelanger Erfahrung mit einer wirklich unabhängigen Beratung.
Michaela Schröder ist Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik beim Verbraucherzentrale Bundesverband.