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Gesundheit & E-Health

Standpunkte Wo sich Patienten freiwillig verheddern: Im Netz!

Friderike Bruchmann ist Gründerin und CEO von XO Life
Friderike Bruchmann ist Gründerin und CEO von XO Life Foto: privat

Wie und wo recherchieren Patienten, wenn sie Fragen zu ihrer Diagnose und ihren Medikationen haben? Allzu häufig lautet die Antwort: im Netz. Und dort ist der Unterschied zwischen objektiver Information und Verkaufsaktion nicht leicht auszumachen. Das ist nicht unproblematisch, schreibt Friderike Bruchmann, Gründerin und CEO von XO Life, im Standpunkt.

von Friderike Bruchmann

veröffentlicht am 03.08.2023

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Das Landgericht Bonn hat am 28. Juni für Aufmerksamkeit gesorgt, als es das Nationale Gesundheitsportal des Gesundheitsministeriums für unzulässig erklärte. Das Portal hatte zum Ziel, Patientinnen über Krankheiten und Gesundheitsthemen zu informieren. Man erkannte die Gefahr einer möglichen Vermischung von neutralen Inhalten mit politisch motivierten Themen. Jetzt muss das staatliche Angebot in der Form eingestellt werden. Das ist ein guter Anlass, um einen Blick auf digitale Patienteninformationen zu werfen. Denn was seriös aussieht, ist es oft nicht und die Hilfesuchenden verheddern sich im Netz.

Das Thema ist allseits bekannt: Sie erhalten eine Diagnose, sie müssen ein neues Medikament einnehmen, sie fühlen sich nicht wohl. Wie und wo recherchieren Patient:innen, wo tauschen sie ihre Informationen aus, wo landen sie bei Fragen zu ihrer Medikation? Richtig – im Netz. Und dort ist der Unterschied zwischen objektiver Information und Verkaufsaktion nicht leicht auszumachen. Sie bleiben bei unseriösen Angeboten hängen, ohne dass ihr Informationsbedürfnis gestillt wurde. Denn Hand aufs Herz: Der Patient erhält beim Arzt seine Diagnose, in der Apotheke sein Arzneimittel, im besten Fall mit hilfreichen Tipps und Einnahmehinweisen, aber sobald er wieder zu Hause ist, werden die Fragezeichen im Kopf immer größer. Und die Zeitspanne bis zum nächsten Arzt- oder Apothekenbesuch ist lang.

Qualität oft mangelhaft

Patienten haben das Bedürfnis, aktuelle Informationen zu ihrer Erkrankung, Therapie oder Produkten zu erhalten und sich mit anderen Patienten zu vergleichen, auch für den emotionalen Support. Es ist traurige Realität, dass Patienten ihre Erfahrungen und Fragen nicht unbedingt mit den lokalen, seriösen Gesundheitsdienstleistern besprechen. Teils aus Scham, aus Bequemlichkeit oder aus Zeitnot. Sie finden Patienten-Feedback eher in selbstorganisierten Facebook-Gruppen oder Instagram-Posts. Leider.

Dies hat zwei negative Seiten: Erstens sind der Inhalt und die Qualität mancher Chat-Foren der Gesundheit nicht unbedingt zuträglich. Die gut gemeinten Tipps anonymer Mitstreiter sind nicht immer allgemeintauglich und entbehren einem professionellen Gesundheits-Check in Arztpraxis oder Apotheke.

Zweitens fehlt aber wichtiges Patienten-Feedback zu Therapie und Wohlbefinden auf wissenschaftlich-medizinisch und pharmazeutischer Ebene. Denn die Sorgen und Wünsche, die Probleme und Hoffnungen der Patienten bieten wertvolle Hinweise zur Verbesserung bestehender Therapien und Diagnosen. Auf der Wissenschaft zugänglichen Formaten wird standardisiertes Patienten-Feedback zu Gold, während es in den Facebook-Foren vergärt.

Austausch für Patienten

Es gibt heute zahlreiche seriöse Gesundheitsplattformen im Netz, die ihrem Namen alle Ehre machen, wie zum Beispiel die Website des Robert Koch-Instituts. Was aber lange fehlte, ist eine Plattform für Patientenaustausch, eine Art seriöses Instagram für Gesundheit. Ein Informationsangebot, das Spaß macht, das den Patienten bei seinen Bedürfnissen abholt und tatsächlich mit Patienten-Feedback umgehen kann. Wir haben eine derartige Plattform entwickelt. 

Für uns private Anbieter bleibt ein fahler Nachgeschmack, was die Aktivitäten des Bundes mit öffentlichen Geldern betrifft. Die Gesundheitsprojekte, die mit viel Steuergeldern in der Höhe von teilweise dreistelligen Millionenbeträgen finanziert und aufgebaut werden, missglücken teilweise oder sind – wie eingangs erwähnt – nicht einmal rechtskonform. Gerade im E-Health-Bereich sind viele staatliche Vorhaben mittlerweile gestrandet oder müssen neu aufgesetzt werden, wie wir anhand des E-Rezepts sehen. Private Anbieter müssen sich nach der Decke strecken, um überhaupt an Investoren zu kommen, während der Staat auf Steuergelder zugreifen kann und sich nicht einmal mit dem Markt messen muss. Deutsche Investitionsmittel sind rar gesät, leider. Oft bleibt den Start-ups nichts anderes übrig, als die Fühler in Richtung ausländischer Investoren auszustrecken, was dann allerdings für Verwunderung sorgt. Denn man will die heimische Ideen-Szene auch nicht in ausländischer Hand wissen. Darum fordern wir: Es sollte doch möglich sein, die Millionen seitens des Staates in gut funktionierende privatwirtschaftlich geführte Vorhaben zu stecken.

Friderike Bruchmann ist Gründerin und CEO von XO Life.

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