„Fasse Dich kurz!“ Mit diesem Hinweis wurde früher dazu aufgefordert, die Inanspruchnahme öffentlicher Infrastruktur (Münztelefone) auf das Notwendige zu beschränken, um auch anderen die Nutzung zu ermöglichen. Im 21. Jahrhundert scheint sich das Problem der begrenzten Verfügbarkeit bei Ladepunkten für Elektrofahrzeuge zu wiederholen. Wie sehen die heutigen Lösungsansätze aus?
Ausgangslage
Die amtlichen Statistiken zeigen das Dilemma: Das Kraftfahrtbundesamt zählte am 1.10.2023 circa 2,2 Millionen in Deutschland zugelassene elektrische Pkw (einschließlich Plug-in). Dem stehen laut Bundesnetzagentur nur etwa 105.000 öffentliche Ladepunkte gegenüber (Stand 1.9.2023). Die Zahl der „Schnellladepunkte“ mit mehr als 22 Kilowattstunden (kW) Ladeleistung liegt bei rund 20 000. Wer auf öffentliche Lademöglichkeiten angewiesen ist, muss sich diese mit vielen anderen E-Autofahrern teilen.
Auf den ersten Blick könnten sich die Betreiber von Ladesäulen über die hohe Nachfrage bei geringem Angebot freuen. Zu bedenken sind jedoch die erheblichen Investitionskosten, die – insbesondere bei leistungsfähigen Gleichstrom-Ladesäulen – einen sechsstelligen Euro-Betrag erreichen können. Diese Kosten amortisieren sich nur, wenn über die Ladesäulen möglichst viel Strom verkauft wird. Nach Abschluss des Ladevorgangs soll daher möglichst zügig für den nächsten Kunden Platz gemacht werden.
Blockiergebühr
Verständlich ist aber auch, dass manchen E-Autofahrern der Ladevorgang zu lange dauert, um im Auto zu warten. Sie nutzen daher die Zeit für andere Zwecke und setzen die Fahrt erst einige Zeit später fort. Um diese Kunden zu einem zügigen Wegfahren zu motivieren, haben Ladesäulenbetreiber eine Blockiergebühr eingeführt. Diese beträgt beispielsweise im Tarif „ADAC e-Charge“ zehn Cent pro Minute, wenn das Auto mehr als vier Stunden an der Ladesäule steht.
Das Amtsgericht Karlsruhe hat jetzt bestätigt, dass diese Gebühr rechtmäßig ist (Aktenzeichen 6 C 184/23). Geklagt hatte ein E-Autofahrer, dem insgesamt 19,80 Euro abgebucht worden waren. Die geforderte Rückzahlung lehnte das Gericht ab. Der Betreiber habe ein berechtigtes Interesse, dass nach dem Ende des Ladevorgangs zeitnah weitere Kunden ihr Fahrzeug aufladen können.
Verbraucherschutz
Hintergrund des Rechtsstreits ist, dass Betreiber von Ladesäulen – wie auch andere Unternehmen – kraft Gesetzes zum Verbraucherschutz verpflichtet sind. Allgemeine Geschäftsbedingungen müssen verständlich sein und dürfen die Verbraucher nicht unangemessen benachteiligen. Preisangaben müssen deutlich lesbar und verständlich sein.
Im Jahre 2021 hatte das Landgericht Karlsruhe daher mehrere Klauseln in den Geschäftsbedingungen desselben Ladesäulenbetreibers beanstandet (Aktenzeichen 10 O 369/20). Dies betraf unter anderem eine Regelung, wonach sich dieser vorbehielt, „für Standzeiten, die über den Ladevorgang hinausgehen, eine zeitbasierte Gebühr zu erheben“. Denn anhand dieser Klausel könne der Verbraucher nicht erkennen, ob und in welcher Höhe die Gebühr anfällt. Zwischenzeitlich hat der Betreiber nachgebessert. Die Blockiergebühr wird jetzt sowohl beim Abschluss des Tarifs als auch beim Start des jeweiligen Ladevorgangs neben dem Preis für den Ladestrom angegeben.
Falschparker
Anders sieht die Rechtslage aus, wenn ein Pkw den Privatparkplatz vor der Ladesäulen blockiert, ohne dass ein Ladevorgang gestartet wird. Für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof schon 2019 entschieden, dass dem Fahrer ein erhöhtes Parkentgelt als Vertragsstrafe auferlegt werden kann (Aktenzeichen XII ZR 13/19). Hierauf muss aber klar erkennbar hingewiesen werden. Geklärt hat der Bundesgerichtshof auch, dass der Pkw auf Kosten des Fahrzeughalters abgeschleppt werden kann (Aktenzeichen V ZR 102/15).
Öffentlicher Straßenraum
Befindet sich die Ladesäule im öffentlichen Straßenraum, kann die Straßenverkehrsbehörde den zugehörigen Parkplatz mit dem entsprechenden Zusatzzeichen „Elektrofahrzeuge während des Ladevorganges“ für die Nutzer der Ladesäule reservieren. Wer dies missachtet, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einem Bußgeld rechnen. Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf kann die Behörde das falsch abgestellte Fahrzeug zudem kostenpflichtig abschleppen lassen, selbst wenn es sich „nur“ um ein Motorrad handelt (Aktenzeichen 14 K 7479/22).
Handlungsoptionen
Gesetzgeber und Gerichte stellen demnach ausreichende Handlungsoptionen zur Verfügung, um die wenigen vorhandenen Ladesäulen für die Nutzer mit leerem Akku freizuhalten. Wie so oft bei der Mobilitätswende braucht es für den Erfolg die Menschen vor Ort, die dies auch tatsächlich umsetzen.