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Verkehr & Smart Mobility

Standpunkte Norwegens Elektromobilität als Vorbild für Deutschland

Sofia Diakhate, COO der Lade-App Plugsurfing
Sofia Diakhate, COO der Lade-App Plugsurfing

Norwegen zeigt uns, dass der Erfolg der Elektromobilität nicht nur von Technologie, sondern auch von kulturellen, sozialen und politischen Faktoren abhängt. Deutschland steht an einem Wendepunkt und kann von den nordischen Ländern lernen.

von Sofia Diakhate

veröffentlicht am 30.01.2024

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Die Welt bewegt sich zunehmend hin zu nachhaltigen Energiequellen. Norwegen hat sich auf diesem Weg als Vorreiter etabliert. Im Jahr 2023 waren 82,4 Prozent der Neuzulassungen in Norwegen Elektroautos. Diese Zahl ist nicht nur beeindruckend, sondern setzt auch Maßstäbe. Plugsurfing, als führender Akteur im Bereich Elektromobilität, sieht in Norwegens Ansatz wertvolle Lektionen für Deutschland. Gibt es Schlüsselelemente des norwegischen Erfolgs, die sich auch in Deutschland adaptieren lassen?

In Norwegen ist Elektromobilität zu einem prägenden Teil der nationalen Identität geworden – ein Aspekt, der in Deutschland noch stärker entwickelt werden kann. Die Entscheidung, ein Elektroauto zu fahren, wird in Norwegen mit Stolz getroffen und von dem Gefühl getragen, Teil einer fortschrittlichen Gesellschaft zu sein. Dieses kollektive Bewusstsein gemeinsamer Ziele und der Wunsch, technologisch führend zu sein, kann auch in Deutschland gefördert werden.

Ein Schlüsselaspekt des norwegischen Erfolgs in der Elektromobilität ist eine Vielzahl nationaler Initiativen, wie die von der „Elbilforening“, der norwegischen Elektrofahrzeug-Vereinigung (Norwegian Electric Vehicle Association) repräsentierten. Diese Vereinigung vertritt über 120.000 Elektroautobesitzer:innen und arbeitet eng mit der Regierung, der Autoindustrie und anderen Organisationen zusammen, um Elektrofahrzeuge als beste Alternative für persönlichen Transport hinsichtlich Umwelt, Klima, Energieeffizienz und Wirtschaft zu fördern.

Anreize fördern Akzeptanz

Norwegens Elektroauto-Initiative begann in den 1990er Jahren mit der Unterstützung des einheimischen Elektrofahrzeugherstellers Think. Anreize wie Steuerbefreiungen, freie Fahrt auf Mautstraßen, kostenloses Parken und Zugang zu Fähren förderten die Akzeptanz von Elektroautos. Mit der Einführung von Modellen wie dem Tesla Model S, die eine größere Reichweite und luxuriösere Ausstattung boten, wuchs der Markt stark an. Die norwegische Regierung sah es auch da weiterhin als wichtig an, Anreize aufrechtzuerhalten, um die Elektrifizierung des Straßenverkehrs als Mittel zur Erreichung des Pariser Abkommens zu fördern.

Deutschland könnte von einem ähnlichen Modell profitieren. Eine nationale Kampagne, die die Bedeutung von Elektrofahrzeugen für den Umweltschutz betont und durch regionale Mobilitätsprojekte wie die E-Mobilität-Initiative in Baden-Württemberg unterstützt wird, könnte ähnliche Erfolge erzielen.

Die norwegische Offenheit für nachhaltige Technologien und die Vorbildwirkung von Elektrofahrzeug-Besitzer:innen haben einen Dominoeffekt in der Gesellschaft ausgelöst. Wenn Nachbarn und Freunde sehen, dass Elektroautos zuverlässig und praktisch sind, wächst die Bereitschaft, selbst umzusteigen. In Norwegen wirken lokale Prominente und Politiker:innen als Elektroauto-Botschafter:innen, was die positive Wahrnehmung in der breiten Öffentlichkeit zusätzlich stärkt. In Deutschland könnte eine ähnliche Initiative mit bekannten Persönlichkeiten aus Kultur, Sport, Gesellschaft und Politik die Sichtbarkeit und Attraktivität von Elektroautos erhöhen. 

Unterstützung fehlt in Deutschland größtenteils

Norwegen hat eine hohe Dichte an Ladestationen, sogar in entlegenen Gebieten. In Deutschland würde eine solche Strategie den Ausbau der Ladeinfrastruktur in ländlichen und suburbanen Gebieten verstärken. Teilweise wird dies schon durch das Förderprogramm „Ladeinfrastruktur vor Ort“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur unterstützt, aber es gibt noch immer viele Infrastrukturlücken.

Durch verschiedene Anreize hat die norwegische Regierung die Anschaffung von Elektroautos attraktiv gemacht. Diese Art der staatlichen Unterstützung fehlt in Deutschland größtenteils. Eine stärkere finanzielle Förderung könnte die Elektromobilität in Deutschland erheblich voranbringen. In Deutschland könnten ähnliche Anreize, wie die Senkung der Kfz-Steuer für Elektrofahrzeuge oder die Einführung von Mautbefreiungen, die Attraktivität von Elektroautos erhöhen. Ein Beispiel hierfür ist das „Umweltbonus“-Programm, das den Kauf von Elektrofahrzeugen bis vor kurzem subventioniert hat. Hier fehlt es an weiterführenden Programmen mit langfristigem Charakter.

Frühzeitige Investitionen in die Elektromobilität haben in Norwegen ein innovationsförderndes Umfeld geschaffen. Deutschland muss in diesem Bereich mehr investieren, um das Marktvertrauen zu stärken und die Entwicklung neuer Technologien zu fördern. Durch gezielte Förderungen für Start-ups und Forschungsprojekte im Bereich Elektromobilität könnte Deutschland hier den nächsten Schritt gehen.

Traditionelle Autokultur vs. Wandel

Deutschland, mit seiner starken traditionellen Autokultur, muss einen kulturellen Wandel vollziehen, um die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen zu erhöhen. Dies erfordert eine Verschiebung in der öffentlichen Wahrnehmung und eine breite Wertschätzung für Elektroautos. In Norwegen wurde der Wandel durch eine starke politische Führung und eine große öffentliche Unterstützung vorangetrieben. Auch in Deutschland könnte durch gezielte Bildungsprogramme dieser Wandel beschleunigt werden.

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