Betrachtet man das Thema E-Lkw und Ladeinfrastruktur für den Güterstraßenverkehr in Deutschland, bietet sich ein sehr ernüchterndes Bild. Hinzu kommen die kürzlich beschlossenen Einschnitte im Klima- und Transformationsfonds. Das Aus für die Förderung von elektrifizierten Pkw ist ein schlechtes Zeichen für die gesamte E-Mobilitätsbranche. Allerdings befindet sich der Markt für elektrifizierte Pkw bereits in der Wachstumsphase, sie zählen inzwischen zum Straßenbild, und der Gesamtmarkt wächst. E-Lkw dagegen stehen vor der Markteinführung und brauchen aktive Unterstützung seitens der Politik.
Die Förderungen für emissionsfreie Antriebe beim Gütertransport sind weiterhin ungewiss. Auch hier wird von massiven Kürzungen gesprochen. Gleichzeitig steigt der CO2-Preis stetig. Ab Januar liegt er bei 45 Euro pro Tonne. Parallel dazu tritt die sogenannte CO2-Differenzierung der Lkw-Maut in Kraft. Belastungen, die die Logistikbranche hart treffen. Werden diese Verschärfungen nicht aktiv mit Maßnahmen flankiert, um den Umstieg auf CO2-neutrale Mobilität zu fördern, führen die aktuellen politischen Entscheidungen tatsächlich dazu, dass die Antriebswende gegen die Wand fährt – wie von vielen Repräsentanten der Branche kürzlich treffend formuliert.
Logistiker müssen ermuntert und unterstützt werden, um auf E-Trucks umzustellen. Namhafte Energiewende-Unternehmen forderten vom Bundesminister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing (FDP), aus gutem Grund eine planbare Faktengrundlage im Rahmen transparenter Förderprogramme. Dabei ist es entscheidend, dass zügig definiert wird, wie Förderungen konkret ausgestaltet sind und wer sie erhalten könnte.
Klare Förderkonzepte für langfristige Planbarkeit
Politik macht keine Wirtschaft, Politik setzt Rahmenbedingungen, und diese können wir als Gesellschaft auch erwarten. Politische Entscheidungsträger sollten sich darauf fokussieren, im Kontext einer nachhaltigen Agenda Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Wirtschaft wachsen kann. Das bedeutet nicht, den Benzinpreis zu senken oder Atomstrom zu subventionieren, sondern klare Förderkonzepte mit langfristig planbaren Fakten zu schaffen, die die Wirtschaft des Mobilsektors umsetzen kann.
So stellt sich nicht nur mir die Frage: Warum wurden beim Autogipfel Ende November im Kanzleramt keine Vertreter der Transportwirtschaft und der Ladeinfrastrukturbranche eingeladen?
Es ist eine Tatsache, dass Elektromobilität einen erheblichen Beitrag leisten kann, die CO2-Emissionen auf der Straße zu reduzieren. Trotzdem fanden sich beim jüngsten Autogipfel keine Vertreter der Ladeinfrastrukturbranche. Ebenso waren keine Vertreter der Transportwirtschaft eingeladen. Diese Hauptakteure der Transformation der Nutzfahrzeugbranche sind wesentlich, um die anstehenden Probleme zu verdeutlichen und Lösungen aufzuzeigen.
Fehlen Vertreter aus diesen Sektoren, wird damit ein großer Teil der CO2-Emissionen im Straßenverkehr schlichtweg ausgeblendet. Wesentliche Faktoren, um den elektrifizierten Güterverkehr zum Erfolg zu führen, sind vorhanden. Was fehlt, sind politische Vorgaben, um in den flächendeckenden Ausbau zu gehen.
Auf Seiten der Fahrzeughersteller (OEM) sehe ich nur noch wenige Herausforderungen. Ein Großteil der OEM im Lkw-Bereich hat die Zeit der Prototypenentwicklung längst hinter sich gelassen, viele arbeiten mit kleinen Serien und sind durchaus in der Lage, diese zu skalieren. Die Elektro-Lkw sind da. Sie funktionieren. Auch die Ladetechnik entspricht den notwendigen Anforderungen: Es gibt mittlerweile 480 kW-DC-Ladestationen, die Systemspannungen bis zu 1000 Volt bedienen können.
Megawatt-Charging-System in den Startlöchern
2024 werden wir Stationen mit Leistungen bis 1,2 Megawatt auf dem Markt sehen. Diese Ladesäulen können große Batteriekapazitäten zwischen 600 und 800 Kilowattstunden (kWh) ohne Probleme bedienen. Eine DC-Ladesäule mit 480 kW lädt eine 500-kWh-Batterie in etwa einer Stunde von 10 auf bis zu 90 Prozent. Damit erzielt ein E-Truck eine Reichweite von realen 350 km. Bei einer Maximalgeschwindigkeit von 80 km/h legt dieser innerhalb von vier Stunden bis zu 320 km zurück, dann kann im Rahmen der Ruhezeit zwischengeladen werden. Und das ist nur der Anfang. Das Megawatt-Charging-System mit bis zu knapp vier Megawatt steht bereits in den Startlöchern.
Das Bundesverkehrsministerium will im Rahmen des Masterplans Ladeinfrastruktur II ein initiales Ladenetz für Elektro-Lkw entlang der Fernstraßen errichten. Dafür plant die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur eine Ausschreibung für Lkw-Ladepunkte an rund 1700 unbewirtschafteten Autobahnen-Parkplätzen. Ein guter Plan, denn ausreichend Hochleistungslademöglichkeiten auf Raststätten sind die Grundvoraussetzung, um Emissionsreduzierung im Lkw-Bereich zu realisieren.
Das Problem: Die Realisierung gleicht einer Herkulesaufgabe – vor allem für die Energieversorger. Bereits bei einer „geringen“ Leistungsbereitstellung für wenige Ladepunkte à 150 kW Leistung stehen die Verteilnetzbetreiber oft vor Problemen. Die Ladesäulen an Raststätten werden 300 bis 350 kW Leistung darstellen können. Für den Anschluss muss die Leistung in Niederspannung transformiert werden.
Doch Parkplätze entlang der Autobahn sind hinsichtlich der Leistungsbereitstellung schlecht versorgt. Die nächste Möglichkeit, einen adäquaten Stromanschluss zu erhalten, ist häufig weit entfernt und im Bereich der Mittel- und Hochspannung angesiedelt. In diesem Fall muss zunächst von Hochspannung auf Mittelspannung und schließlich am Parkplatz in Niederspannung transformiert werden. Für diese Transformationsvorgänge sind für jeden Parkplatz eigene Transformatoren notwendig – auf jedem relevanten Parkplatz der 1700 anvisierten Plätze.
Elektrische Leistungen wie für Kleinstädte nötig
Die garagengroßen Trafostationen müssen elektrische Leistungen ganzer Kleinstädte für die geplante Schnellladeinfrastruktur bereitstellen. Neben den erheblichen baulichen Vorarbeiten, die von den Energieversorgern über viele Kilometer geleistet werden müssen, sind die Lieferzeiten für Transformatoren eine weitere Herausforderung: Aktuell liegen sie nicht selten bei mehr als einem dreiviertel Jahr.
Je mehr Zeit Deutschland verliert, um die Rahmenbedingungen für Netzbetreiber und Ladesäulenbetreiber in diesem Sektor festzulegen, umso weiter geraten wir im europäischen und globalen Vergleich ins Abseits. E-Trucks werden in immer größeren Mengen produziert, sie sind die Zukunft im Güterverkehr, allerdings werden sie danach im Ausland eingesetzt, da wir weder die wirtschaftlichen noch strukturellen Rahmenbedingungen schaffen, um den Einsatz und damit den Standort Deutschland zu unterstützen.
Langstrecke muss parallel zur Mittelstrecke ausgebaut werden
Deshalb spricht unsere Branche beim nächsten Elektrifizierungsschritt in erster Linie von der Mittelstrecke. Die Kurzstrecke haben wir bereits erfolgreich elektrifiziert. Nun steht die Mittelstrecke im Fokus. Also Strecken zwischen 180 und 300 km. Diese Strecken decken einen Großteil der deutschen Gütertransporte ab. Ein gutes Beispiel bietet der Handel. Einzelhandelsstandorte werden zunehmend mit AC- und DC-Ladepunkten ausgestattet. So fahren die nachts im Zentrallager aufgeladenen Lkw morgens zu den Einzelhandelsstandorten und nutzen dort die Zeit des Abladens der Ware zum Aufladen der Batterie an einem Schnellladepunkt, und fahren danach aufgeladen zum Depot zurück. Das perfekte Beispiel für einen gut abgestimmten Ladevorgang in einem wirtschaftlichen Umfeld, das die Marktakteure untereinander definieren können.
Zentrallager und Standorte sprechen die Art der Ladestationen miteinander ab, um ihre Märkte mit E-Lkw versorgen zu können. Ähnlich wie bei der Kurzstrecke finden aktuell vor allem Unternehmen Lösungen, um die Elektrifizierung des Gütertransportes zu realisieren. Die Gefahr ist, dass die Politik nun hofft, bei der Langstrecke laufe es ähnlich. Doch die Langstrecke muss parallel zur Mittelstrecke aufgebaut werden, und dieser Aufbau steht und fällt mit konsequenten politischen Vorgaben.
Wir als Ladeinfrastrukturdienstleister können den Markt entsprechend bedienen. Im Augenblick begleiten unsere Teams viele Pilotprojekte der Elektrifizierung des Güterstraßenverkehrs. Wir haben die Technologie- und Installationspartner, mit denen wir flächendeckende Projekte umsetzen können. Wir verfügen über das technologische Wissen und die Anwendungsexpertise.
Jetzt braucht es einen adäquaten Rahmen, in dem die Wirtschaft handeln kann, um die Elektrifizierung flächendeckend zu realisieren. Um die Ziele der EU und der Bundesregierung einzuhalten, ist mehr Kooperation und Austausch von Politik, Herstellern und Anwendern notwendig. In welchem Tempo die Elektrifizierung von Lkw voranschreitet, hängt maßgeblich von den politischen Rahmenbedingungen ab – das ist kein Geheimnis, auch für die Bundesregierung nicht.