Die Rufe nach einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Zugtickets waren mittlerweile aus fast allen Richtungen zu hören. Es ist einer der wenigen Punkte, in denen sich Regierung und Opposition einig zu sein scheinen. Gewöhnen wir uns also langsam daran, dass die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent für Zugtickets im Fernverkehr bald Realität wird.
Ich will ganz klar sagen: Ich halte diesen Schritt für vollkommen richtig – ja eigentlich sogar für unvermeidlich. Es ist ein einfacher Dreisatz: Das Klima muss besser geschützt werden. Der Verkehrssektor in Deutschland muss zur deutlichen Einsparung von CO2-Emissionen mehr beitragen. Und dafür muss es unter anderem einen Wandel beim sogenannten Modal Split geben – also eine Verlagerung weg von Flieger und Pkw, hin zur umweltfreundlichen Mobilität. Dabei sollten wir – wenn immer möglich – versuchen, Veränderungen durch positive Anreize herbeizuführen. Machen wir den Umstieg so einfach wie möglich. Lassen Sie uns die Bürgerinnen und Bürger mit guten Angeboten überzeugen.
Es geht um Klimaschutz und Gerechtigkeit
Der Schutz der natürlichen Ressourcen ist eine wichtige Gerechtigkeitsfrage. Heutige Generationen müssen ihre Lebensweise so gestalten, dass auch die Kinder und Kindeskinder auf unserem Planeten noch gut leben können. Das ist im Grunde eine einfache Maxime, die wir aus dem Alltag kennen. In jedem öffentlichen Park sollte es selbstverständlich sein, dass man den Rasen so sauber verlässt, wie man ihn vorfindet. Das muss auch für den Lebensraum Erde gelten. Und der Verkehr spielt dabei eine große Rolle.
Gerechtigkeit ist nun ebenfalls vonnöten, wenn es um die Ausgestaltung des Klimaschutzes im Feld der Mobilität geht. Nur mit gut begründeten Argumenten und fair ausgestalteten Maßnahmen kann der notwendige Rückhalt für die bevorstehenden Veränderungen gewonnen und erhalten werden. Schauen wir also auf die Zahlen: Das Umweltbundesamt hält für die verschiedenen Verkehrsträger fest, wie viel Gramm Treibhausgas sie pro Kilometer und Person in die Luft abgeben. Für die Eisenbahn im Fernverkehr sind das 36 Gramm. Reise- und Fernlinienbusse bleiben aber noch darunter, mit gerade einmal 32 Gramm. Wenn es darum geht, wie wenig Treibhausgase ein Verkehrsmittel abgibt, dann ist der Bus der beste Klimaschützer. Nur zum Vergleich: Jeder Kilometer, der im Pkw zurückgelegt wird, zieht 139 Gramm nach sich. Und im Flugzeug sind es über 200.
Für den Mittelstand und für Menschen mit niedrigem Einkommen
Warum wird dann aber nur von der Schiene gesprochen, für die eine Senkung der Mehrwertsteuer demnächst gelten soll? Ich habe durchaus Sympathien dafür, dass die Politik derzeit die Bahn mit einer großen Kraftanstrengung stärken will. Die zuvor genannten Zahlen liefern klare Argumente dafür. Neben den vielen Überlegungen und Vorschlägen für den großen Staatskonzern sollten kleine private Busbetriebe nicht vergessen werden. Insofern möchte ich an die gut 4000 mittelständischen und oftmals familiengeführten Bus-Unternehmen erinnern, die mit ihren Angeboten einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass der umweltfreundliche öffentliche Verkehr in Deutschland auf langen Strecken gut funktioniert. Der Mittelstand braucht einen festen Platz in solchen politischen Vorstößen – und nicht nur in den Sonntagsreden. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit im Wettbewerb der Verkehrsträger. Und eine Frage der Gerechtigkeit unter den verschiedenen Fahrgästen.
Es stellt sich die Frage: Sollten wirklich die Geschäftsreisenden in der 1. Klasse auf der Schiene profitieren, während wir den Fahrgästen im Bus eine Verbesserung vorenthalten wollen? Also jenen Menschen, die es sich vielleicht nur knapp leisten können, überhaupt mobil zu sein? Das empfinde ich als ungerecht.
Im Nahverkehr sind Bus und Bahn gleichberechtigt – natürlich
Die entscheidende Frage muss ganz anders gestellt werden. Sie sollte heißen: Wie können bei einer solchen Reform die Busse vergessen werden? Es muss für sie ganz selbstverständlich der gleiche steuerliche Rahmen gelten wie für die Züge. Schließlich werden beide Verkehrsträger schon heute im ÖPNV gleich behandelt – mit eben jenem reduzierten Mehrwertsteuersatz, von dem nun im Fernverkehr so viel die Rede ist. An dieser Stelle nun einen Unterschied einzuführen, würde ich nicht verstehen. Und die Bürger wohl auch nicht. Für zusätzliche Ausnahmen und Feinheiten gibt es weder Gründe noch Rückhalt.
Ausgelassene Chancen können wir uns nicht leisten
Vor allem müssen wir uns aber auch immer vor Augen führen, worum es derzeit geht. Beim Schutz des Klimas besteht dringender Handlungsbedarf. Chancen, die da sind, müssen wir nutzen. Und wenn ein reduzierter Mehrwertsteuersatz eine ökologische Lenkungswirkung entfalten kann, dann sollte dies im Busverkehr auch möglich gemacht werden.
Klimaforscher halten regelmäßig fest: Die Zeit drängt. Auch das spricht für den Bus. Die Fahrzeuge sind flexibel einsetzbar. Veränderungen bei Angebot und Nachfrage können somit schnell und direkt aufgenommen werden. Wer also morgen schon klimaschonend unterwegs sein will, der kann einfach einsteigen. Ein deutlicher Ausbau der Kapazitäten, mit dem beispielsweise Pkw-Fahrten oder Flüge ersetzt werden, ist jederzeit möglich.
Die Schiene soll die Grundlast der zukünftigen klimafreundlicheren Mobilität tragen. In welchem Umfang sie jetzt und hier in der Lage ist, viele neue Fahrgäste zu gewinnen und zufriedenstellend zu befördern, wird immer wieder diskutiert. Ich finde, wir sollten und müssen auf beide Pferde setzen: Bus und Bahn können gemeinsam den Verkehr in Deutschland klimafreundlicher machen. Für sie sollte daher auch im Gleichschritt eine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Fernverkehrstickets auf sieben Prozent gelten.