Die Lkw-Fahrer sind die „Packesel der Nation“ und kümmern sich trotz schlechter Bedingungen um die Verteilung von Milliarden von Gütern und Paketen. Da stellt sich zwangsläufig die Frage, was getan werden kann, damit aufgrund der fehlenden Parkmöglichkeiten die jährlich 20.000 Unfälle mit ruhendem Lkw-Parkverkehr vermieden werden können?
Die aktuelle Situation ist schlimm: Es fehlen mindestens 23.300 Stellplätze in Deutschland – sagt das Bundesverkehrsministerium (BMDV). Die Vereinigung Deutscher Autohöfe (VEDA) oder der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) sprechen von 30.000 oder 40.000 Plätzen.
Der Neubau der Stellplätze kann mit der Entwicklung nicht mithalten – schon lange nicht mehr. In den vergangenen neun Jahren kamen rund 1400 Plätze pro Jahr hinzu. Selbst dieses Schneckentempo wird künftig nicht mehr erreicht: Der Zubau wird deutlich unter 1000 pro Jahr sinken. Das heißt, der allabendliche Kampf um einen Stellplatz wird der Normalfall bleiben oder sich noch verschärfen.
Der Ingenieur Klaus Manns, der das Kolonnenparken (Background berichtete) entwickelt hat, ist überzeugt: „Es gibt eine einfache Lösung! Es müssen nur alle mitmachen.“ Auf einer Fähre beobachtete Manns, wie die Lkw platzsparend parken mussten. Aber dieses System war in der Abfahrt nicht flexibel und klar definiert. Lange grübelte er darüber nach und kombinierte dann die starre Kolonne mit digitalen Methoden.
Nur vier von 1940 Rastplätzen mit Telematik betrieben
Digital kann man die Parkkolonne den unterschiedlichen Abfahrtszeiten anpassen. Das war im Jahr 2002. Eine erfolgreiche Pilotanlage in Montabaur (A 3) bewies die Tauglichkeit in der Praxis. Dann tat sich lange nichts. Obwohl man mit dem Einsatz von Telematik die Zahl der Parkplätze schnell und kostengünstig fast verdoppeln kann. Das ist in der Praxis nachgewiesen. Doch von 1940 Rastanlagen an Autobahnen werden heute gerade einmal vier mit der Telematik betrieben. Hinzu kommen drei Autohöfe und zwei Anlagen im Ausland.
Dieser Zustand ist nicht nur ärgerlich, er ist gefährlich. Immer wieder ereignen sich tödliche Unfälle durch falsch abgestellte Lastwagen auf dem Standstreifen. Der Schuldspruch ist dann einfach: Der Fahrer des Lastwagens ist der Missetäter. Juristisch betrachtet schon, sieht man aber genauer hin, dann merkt man in jedem einzelnen Fall, dass nicht genügend Stellplätze vorhanden waren. Die Fahrer befinden sich häufig in einer Zwangssituation. Zum einen müssen sie die Ruhezeiten einhalten, zum anderen ist kein Stellplatz zu finden.
Beim telematisch gesteuerten Kolonnenparken – zum Beispiel auf der T+R Inntal West (A 93) – parken in der Regel drei Lkw (Sattelzug oder Lkw mit Anhänger) entsprechend ihrer Abfahrtszeit sortiert hintereinander. Das System ist bestechend einfach: Jeder Lastwagen fährt an eine Schranke (Terminal) und erhält ein Ticket mit seiner Platznummer – auf der Grundlage der Fahrzeuglänge und seiner gewünschten Abfahrtszeit. Sensoren verfolgen den Lkw und überprüfen, ob er den zugewiesenen Platz anfährt.
Der Clou an dem System ist, dass vor und hinter dem Lastwagen weitere Fahrzeuge parken können. Sie werden also zugeparkt. Was normalerweise ein Alptraum der Fahrer wäre, ist hier die Lösung. Mit der Telematik können die Lastwagen hintereinander in Kolonne parken. Dieses intelligente System sorgt dafür, dass am Morgen kein Lkw eingeklemmt bleibt. Es heißt dann: Immer schön der Reihe nach! Durch die digitale Reihung nach den Wunsch-Abfahrtszeiten können morgens alle den Stellplatz reibungslos verlassen.
Lange Planungsprozesse
Seit 20 Jahren gibt es das telematische System schon – trotzdem entwickelte sich wenig Begeisterung dafür. Nach wie vor wird versucht, dem Problem mit den alten, konventionellen Lösungen Herr zu werden. Aber das ist zu teuer und dauert zu lange, wenn man weiß, dass für jede neue Anlage ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden muss. Stattdessen könnte man gerade im Sinne der Nachhaltigkeit und der effizienten Nutzung bestehende Plätze telematisch erweitern.
Die bayerische Staatsbauverwaltung kam zu der Überzeugung, dass Lkw-Parkplätze schnell und kostengünstig erweitert werden können. In der Regel ohne Planfeststellung. Darüber hinaus rät die Behörde, das telematische Parkverfahren in künftige Planungsprozesse einzubinden.
Auf der Anlage Inntal West (A 93) konnten die Stellplätze von 62 auf 93 erhöht werden. Bei der Rastanlage Taunusblick (A 5) wurden aus 81 gar 152 Parkplätze. Für die Anlagen Hunsrück-West (A 61) und Montabaur (A 3) liegen vergleichbare Zahlen vor. Das Kolonnenparken ist eine praxistaugliche Innovation und damit eine gute Lösung – wir müssen nur noch handeln!