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Verkehr & Smart Mobility

Standpunkte Welche Hürden Arbeitgeber zu beachten haben

Ines Otte, Director Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Mazars (Berlin)
Ines Otte, Director Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Mazars (Berlin) Foto: promo

In einer Woche startet das Deutschlandticket. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bietet der Fahrausweis zusätzliche Vorteile, wenn sich der Arbeitgeber an den Kosten beteiligt. Für die Unternehmen bleibt nicht viel Zeit für die Vorbereitung.

von Ines Otte

veröffentlicht am 24.04.2023

aktualisiert am 27.04.2023

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Ab Mai berechtigt das Deutschlandticket für zunächst 49 Euro monatlich zum bundesweiten Fahren im öffentlichen Personennahverkehr. Was von einigen als Revolution des ÖPNV in Deutschland gefeiert wird, ist gewiss für viele Reisende und Pendler erfreulich. Doch wie sind Arbeitgeber betroffen? Müssen sie jetzt handeln?

Deutschland-Jobticket

Arbeitgebern bietet sich die Möglichkeit, das Deutschland-Jobticket für ihre Beschäftigten einzuführen. Unter Jobtickets versteht man Fahrkarten für den ÖPNV, die Arbeitgeber ihren Beschäftigten vor allem für den Arbeitsweg kostenlos oder vergünstigt verschaffen. Bisher sind Jobtickets unterschiedlich gestaltet. Sie reichen von Spezialangeboten örtlicher Verkehrsbetriebe bis zu Arbeitgeberzuschüssen an Beschäftigte.

Das Deutschland-Jobticket enthält zunächst befristet bis Ende kommenden Jahres einen Fünf-Prozent-Rabatt, wenn Arbeitgeber mindestens 25 Prozent der Kosten übernehmen. Von den im Monat anfallenden 46,55 Euro trägt der Arbeitgeber also mindestens 12,25 Euro. Die Beschäftigten zahlen maximal 34,30 Euro.

Arbeitgeber haben die Wahl, ob sie das Deutschland-Jobticket anbieten und monatlich 12,25 Euro oder mehr zuschießen. Eine Verpflichtung besteht nicht. Entscheiden sie sich dafür, gibt es bei den meisten Verkehrsbetrieben passende Angebote. Für den Start zum 1. Mai ist indes Eile geboten.

Auswirkungen auf bestehende Arbeitgeberleistungen

Doch was ist, wenn Arbeitgeber bereits Jobtickets gewährt oder Fahrkostenzuschüsse gezahlt haben? Dann ist eine Umstellung auf beziehungsweise Anpassung an das Deutschlandticket zu prüfen. Ein Automatismus besteht nicht. Arbeitgeber mit laufenden Verträgen bei Verkehrsbetrieben sind in aller Regel längst über die Umstellungsmodalitäten informiert worden. 

Anders steht es, wenn Arbeitgeber Beschäftigten direkt Fahrkostenzuschüsse geben. Dann werden sie nicht unmittelbar über Umstellungen bestehender Tarife informiert und sollten ihre Beschäftigten jetzt nach Änderungen der bezuschussten Tickets fragen. Der Umstieg auf das Deutschlandticket ist nicht zwingend. Die alten Tarife können für Beschäftigte attraktiver sein (zum Beispiel bei Übertragbarkeit, Mitnahmemöglichkeit anderer Personen, von Tieren oder Fahrrädern).

Folgen von Ticketumstellungen für den Arbeitgeber

Warum sollten Arbeitgeber die Tickettarife ihrer Beschäftigten interessieren? Das kann geboten sein, weil Zuschüsse auf die tatsächlichen Kosten beschränkt sind oder weil es steuer- und sozialversicherungsrechtlich relevant ist. So müssen sich Arbeitgeber immer fragen, ob sie Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abzuführen haben, wenn sie ihren Beschäftigten Vorteile gewähren. Das gilt auch für Jobtickets, Bahn-Cards, Fahrtkostenzuschüsse oder -erstattungen.

Steuerliche Regelungen

Geben Arbeitgeber ihren Beschäftigten für den Arbeitsweg im ÖPNV Jobtickets oder Zuschüsse als Zusatzleistungen, fallen keine Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge an. Es findet aber eine Anrechnung auf die Entfernungspauschale statt. Beschäftigte erhalten Jobtickets mitunter nicht zusätzlich, sondern im Wege der Gehaltsumwandlung. Dabei verzichten sie auf einen Teil ihres Gehalts, um im Gegenzug das Jobticket zu bekommen. Dann greift die Steuerbefreiung nicht. Auf den Wert des Jobtickets werden Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge fällig, es sei denn, der Arbeitgeber wählt die Pauschalversteuerung mit 15 Prozent. Alternativ ist eine Pauschalversteuerung mit 25 Prozent möglich, um die Kürzung der Entfernungspauschale für die Beschäftigten zu vermeiden. 

Diese Steuerbegünstigungen sind indes nur anwendbar, soweit die Ticketkosten nicht überschritten werden. Das müssen Arbeitgeber in jedem Einzelfall strikt beachten. Hinzu kommt, dass die Obergrenze jeden Monat eingehalten werden muss. Eine zum Neun-Euro-Ticket vergleichbare Sonderregelung, wonach auf die Jahresgesamtkosten abgestellt werden durfte, ist nicht geplant. 

Auch bei Dienstreisen dürfen maximal die – durch das Deutschlandticket gegebenenfalls verringerten – Kosten steuerfrei erstattet werden. Bei Überlassung einer Bahn-Card ist für Steuerzwecke zudem eine Prognose vorzunehmen, ob sich die Anschaffung durch Kosteneinsparung bei Dienstreisen und Arbeitswegen rechnet. Auch insoweit kann die Einführung des Deutschland(job)tickets Auswirkungen haben.

Mindern sich die Kosten für bezuschusste Tickets, müssen Arbeitgeber prüfen, ob sie nun geringere Zuschüsse zahlen oder über die Kosten hinausgehende Zuschüsse versteuern. Dabei sind arbeitsvertragliche Regelungen zu beachten. Das kann zu verschiedenen Ergebnissen bei den einzelnen Beschäftigten führen.

Fazit

Arbeitgeber erhalten in erster Linie die Möglichkeit, ihren Beschäftigten das Deutschland-Jobticket zu besonders günstigen Konditionen anzubieten. Darüber hinaus kann es zu erheblichem Aufwand für Arbeitgeber kommen, die bereits Jobtickets oder Fahrtkostenzuschüsse gewähren. Erschwert wird das durch die regional und individuell unterschiedliche Ausgangslage sowie die knappe Zeit zwischen endgültigem Beschluss der Einführung des Deutschlandtickets Ende März und dem Inkrafttreten Anfang Mai.

Arbeitgeber müssen prüfen, ob Zuschüsse weiterhin in gewohnter Höhe steuerfrei sind. Ist dies wegen geringerer Ticketkosten nicht mehr so, knüpfen daran auch arbeitsrechtliche Fragen an, beispielsweise ob Beschäftigte Anspruch auf die bisherigen Zuschüsse oder Ausgleich der Differenz haben. 

Das Deutschlandticket ist nicht befristet, auch wenn sich der Preis von 49 Euro ändern wird. Deshalb geht es nicht nur um vorübergehende Anpassungen. Empfehlenswert ist sicher eine einheitliche Regelung für alle Beschäftigten. Dem können aber bestehende Vereinbarungen zunächst entgegenstehen. Zudem sollten absehbare Preisänderungen durch dynamische arbeitsrechtliche Regelungen mit automatischer Anpassung an Tarifänderungen berücksichtigt werden. Schließlich sollte geprüft werden, ob eine Anpassung von Reiserichtlinien, bei Reisekostenerstattungen oder bei der Gewährung von Bahn-Cards erforderlich ist.

Mitautor: Andreas Eckhardt, Salary Partner Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Mazars (Hamburg)

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