Stollberg ist eine Kreisstadt mit rund 11.000 Einwohnern. Das Städtchen am Nordrand des Erzgebirges steht stellvertretend für viele Orte, die im Zuge von Strukturwandelprozessen von Streckenstilllegungen betroffen waren. Zum Eisenbahnknotenpunkt wurde Stollberg durch die Eröffnung der Bahnstrecke von Zwönitz nach Chemnitz Ende des 19. Jahrhunderts. Die Strecke diente der Anbindung des Lugau-Oelsnitzer-Steinkohlereviers. Nach dem Rückgang des Bergbaus erfolgte von 1967 bis 1976 die schrittweise Stilllegung der Strecke von Zwönitz nach Stollberg.
Die verbliebene Strecke von Chemnitz nach Stollberg wurde erst 2002 als Pilotstrecke elektrifiziert und mit dem Straßenbahnnetz Chemnitz – nach dem Karlsruher Modell – verbunden. Heute nimmt der Stollberger Bahnhof wieder eine besondere Stellung ein. Er dient vor allem den Schülern der Oberschule und des Gymnasiums sowie Besuchern der Stadt und den einpendelnden Arbeitnehmern als zentraler Punkt des öffentlichen Personenverkehrs. Eine Streckenverlängerung ins anliegende Gewerbegebiet ist derzeit in Planung.
Der Stollberger Bahnhof ist ein 1894 erbauter Kopfbahnhof – die Straßenbahn aus Chemnitz und die Regionalbahn aus Glauchau enden hier. Im halbstündigen Rhythmus kommen Züge an oder fahren ab. Wer von Glauchau nach Chemnitz fährt, muss in Stollberg umsteigen. Außerdem besteht die Möglichkeit des Umstiegs in Busse des Stadt- und Regionalverkehrs. Der Bahnhof verfügt auch über Park-and-Ride-Stellplätze.
Stadt entwickelt die Immobilie zum Kulturbahnhof
Doch das war nicht immer so: Bis zum Jahr 2005 befand sich das Bahnhofsgebäude im Eigentum der Deutschen Bahn und konnte erst nach einem aufwendigen Verfahren durch die Stadt Stollberg erworben werden. Zu dem Zeitpunkt wurde das Bahnhofsgebäude seit vielen Jahren nicht mehr genutzt und verkam mangels erhaltungsnotwendiger Baumaßnahmen zu einem unansehnlichen Areal mit ruinösen Bauwerken. Der Plan nach der Übernahme war, nach dem Erwerb unter Nutzung von Fördermitteln des Landes Sachsen eine ungenutzte Brache zu revitalisieren und für bürgerfreundliche Zwecke zu erschließen.
Einiges ist seitdem passiert. Der „Kulturbahnhof“, wie er nach seiner Übernahme und umfassenden Sanierung durch die Stadt seit 2007 heißt, ist ein wichtiger Ort des sozialen und kulturellen Lebens geworden. In enger Abstimmung mit Vereinen und Bürgern wurde ein Nutzungskonzept entwickelt. Heute ist der Bahnhof ein Begegnungsort.
Es gibt etwa ein Reise-Café, in dem man sich bei einem Kaffee oder leckerem Essen treffen, austauschen und Informationen erhalten kann. Für handwerklich Interessierte gibt es den Schnitz- und Klöppelverein, die Töpferwerkstatt oder den Modelleisenbahnclub. Verschiedene Räume werden für Ausstellungen oder private Feiern genutzt. Außerdem gibt es ein Büro eines Sozialunternehmens.
Von der Brache zur belebten Stadtachse
Der Ort ist eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft in Stollberg. Innovativ und kreativ kann in der 3D-Druckwerkstatt gearbeitet werden. Jugendliche nutzen nicht nur die Werkstatt, sondern treffen sich dort auch im Jugendclub, auf der Skaterbahn oder in den ansässigen Vereinen.
Mit dort ist die Achse zum Kulturbahnhof gemeint, in der sowohl Skatepark als auch Jugendclub liegen. Die Achse fügt sich genauso wie der Kulturbahnhof in die planerische Zielstellung ein. Ziel der Stadtentwicklung war es, der Stadt Stollberg die Chance zu bieten, verschiedene kommunale Funktionen und Dienstleistungen, kulturelle Angebote und jugendgerechte Freizeitmöglichkeiten an einem attraktiven und stadtzentralen Anlaufpunkt für die Bürger und Gäste der Stadt zu schaffen. Wichtig war, dass alle Altersgruppen und verschiedenste Interessen zusammengebracht und ein Austausch ermöglicht wurden.
Mehr als 15 Jahre später lässt sich festhalten, dass der Bahnhof nicht nur mit Fördergeldern saniert und umgenutzt wurde, sondern sich auch als lebendiger – und ausgezeichneter – Begegnungsort etabliert hat. Er ist Anlaufstelle und Bürgertreffpunkt zugleich und leistet einen wichtigen Beitrag für die Lebensqualität in der Stadt Stollberg.