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Digitalisierung & KI

Standpunkte Z-Abteilungen als Wegbereiter für einen modernen Staat

Björn Münstermann und Julia Klier, Senior Partner und Partnerin bei McKinsey
Björn Münstermann und Julia Klier, Senior Partner und Partnerin bei McKinsey

Zentralabteilungen sind in den Verwaltungen für wichtige Querschnittsaufgaben wie IT und Personal verantwortlich. Es sei nun an der Zeit, dass sie sich neu aufstellen, schreiben Julia Klier und Björn Münstermann von McKinsey. Das ambitionierte Ziel sollte sein, aus der Zentral- eine Zukunftsabteilung zu machen, die nicht nur auf Stabilität, sondern vor allem auf Fortschritt ausgerichtet ist.

von Björn Münstermann und Julia Klier

veröffentlicht am 21.03.2023

aktualisiert am 22.03.2023

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Spätestens mit dem Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung ist das Thema Digitalisierung auf der politischen Agenda sehr weit nach oben gerückt. Egal ob „Zeitenwende“, „Ermöglichung“ oder „Booster“: Ziel ist es, die Weichen für einen modernen Staat zu stellen. Eine zentrale Rolle hierbei spielen die Zentralabteilungen der Ministerien und Behörden. Ihre Aufgabe ist es, für gut ausgewähltes und geschultes Personal, optimale Arbeitsbedingungen, funktionierende Technik, einen wirtschaftlichen Einsatz von Steuergeldern und zügige Geschäftsprozesse zu sorgen.

Rahmenbedingungen, die sich ändern, und der kurzfristige Bedarf an Veränderungsprojekten stellen die Z-Abteilungen jedoch immer wieder vor neue Herausforderungen. So haben sie in der Coronakrise in Rekordzeit hybride Arbeitsmodelle eingeführt und neue Technologien wie Kollaborationstools und Cloud-Lösungen beschafft.

Kernaufgaben: Digitalisierung, Personal- und Budgetplanung

Angesichts solcher Herausforderungen müssen sich Z-Abteilungen neu aufstellen, um den wesentlichen Zukunftsthemen gerecht zu werden. Die Z-Abteilung muss sich dabei zur Talentschmiede der Verwaltung entwickeln. Denn strategisches Personalmanagement ist die entscheidende Voraussetzung für die Arbeits- und Zukunftsfähigkeit einer Behörde.

Die Personalvermittlung muss dabei zeitgemäß und modern sein. Die Z-Abteilung sollte sich zudem als Projektpartner begreifen. Die Mitarbeitenden gestalten mit, wie Aufgaben erfüllt werden, indem sie etwa in flexiblen Teams Projekte initiieren und so die Fachseite unterstützen. Als agile Coaches können sie helfen, Aufgaben zu priorisieren und Projekte zum Erfolg zu führen.

Eine weitere wichtige Rolle der Z-Abteilung ist die des Budgetmanagers. Mit agilen Finanzierungsmechanismen hilft sie den Fachabteilungen, Projekte flexibler zu gestalten. Beispielsweise stellt sie Budgets bereit für Digitalisierung und Innovationen sowie „behördliches Wagniskapital“ (Venture Capital). Außerdem unterstützt sie Projekte und Fachabteilungen beispielsweise mit ihrer Kameralistik-Expertise.

Von der Zentral- zur Zukunftsabteilung

Auch als Innovationstreiber und Fortschrittsmesser muss die Z-Abteilung agieren. Sie stellt die Infrastruktur bereit, bringt so die Digitalisierung der Verwaltung voran und bereitet den Weg für eine Kultur der evidenzbasierten Verbesserung. Zudem verankert sie datengetriebene Entscheidungen und richtet Dashboards ein, in denen alle relevanten Zahlen transparent gemacht werden – etwa zu Personal und Budget, je Projekt und Abteilung.

Für die Transformation zur Zukunftsabteilung muss die Leitungsebene das Vorhaben unterstützen und die Mitarbeitenden müssen bereit sein, sich auf Veränderungen einzulassen. Dabei stehen folgende Aufgaben besonders im Fokus:

1. Recruitingprozesse beschleunigen. Angesichts von Fachkräftemangel hat die Z-Abteilung zunehmend die Aufgabe, Talente von morgen rechtzeitig zu erkennen und rasch zu gewinnen. Bewerber:innen sollten nicht mehr monatelang auf eine Rückmeldung warten müssen. Stattdessen kann die Z-Abteilung mit digitalen, transparenten und bewerberfreundlichen Prozessen die richtigen Personen anziehen und so künftige Personallücken verhindern.

2. Personal strategisch planen. Die Z-Abteilung kann dafür sorgen, die Personalplanung langfristig auszurichten, indem sie die strategischen Ziele der Organisation für die nächsten drei, fünf und zehn Jahre berücksichtigt. Dazu stellt sie den prognostizierten Personalbestand dem voraussichtlichen Bedarf gegenüber. Dieser hängt ab von den strategischen Zielen der Behörde, die zusätzliche Rollen oder neue Modelle der Zusammenarbeit erfordern können. Bei ihren Analysen sollte die Z-Abteilung zudem Automatisierungseffekte einkalkulieren.

3. Kompetenzorientierte Projektteams einführen. Die Z-Abteilung kann einen Projektpool einrichten, in dem sie Mitarbeitende nach ihren Fähigkeiten auflistet und diese gegebenenfalls in interdisziplinären Teams für Projekte zusammenbringt. Die Teammitglieder arbeiten dort flexibel in flachen Hierarchien zusammen, treffen Entscheidungen gemeinsam und wechseln sich in der Teamleitung ab. Vorbild hierfür können sogenannte Flexiteams sein, die einige Behörden bereits erfolgreich eingesetzt haben.

4. Hybrides Arbeitsmodell definieren und umsetzen. Die Frage nach der Ausgestaltung der künftigen Arbeit geht weit über ein bloßes „Büro vs. Home Office“ hinaus. Es gilt, ein innovatives und modernes Arbeitsumfeld für alle Mitarbeitenden zu schaffen. Die Z-Abteilung kann hier eine Betrachtung etablieren, die Fragen zum mobilen und flexiblen Arbeitsmodell ebenso wie zum physischen Arbeitsumfeld , etwa zur Nutzung von Büroräumen, umfasst. Das bietet oft auch die Chance, das Immobilienportfolio der jeweiligen Behörde zu überdenken.

5. Durchgängig digitales Arbeiten ermöglichen. Innerhalb von zwölf Monaten kann die Z-Abteilung die zehn wichtigsten internen Prozesse identifizieren und diese nutzerzentriert digitalisieren. Dazu räumt sie zunächst technische Hindernisse aus und führt unkomplizierte Trainingsangebote für die Mitarbeitenden ein, damit diese Probleme schneller lösen können. Parallel pilotiert sie spürbare Verbesserungen wie eine Tablet-kompatible digitale Mitzeichnung und die zügige Einführung der E-Akte.

6. Beratungsstelle für zukunftsorientierte Budgetfragen einrichten. Die Z-Abteilung kann ihre herausragende Expertise zu Haushalt und Kameralistik künftig noch gezielter für die Fachseite verfügbar machen. Eine entsprechende Beratungs- und Servicestelle würde rotierend von Mitarbeitenden der Z-Abteilung besetzt und könnte etwa Beschäftigte projektspezifisch beraten, Flexibilität in vorhandenen Budgets identifizieren sowie den Fachabteilungen helfen, Innovationen in agilen Projekten zu erproben.

7. Pitch-Prozess für Ideen etablieren. Die Z-Abteilung kann das kreative Potenzial der Behörde stärken, indem sie Ideen der Mitarbeitenden sichtbar macht und ihre Umsetzung unterstützt. So kann sie etwa vielversprechende Ideen sammeln und auswählen, deren Ausarbeitung sie dann unterstützt. Höhepunkt ist ein Pitch vor der Hausleitung, die darüber entscheidet, welche Ideen eine Chance bekommen, zu Prototypen weiterentwickelt und umgesetzt zu werden.

8. Weg zur Klimaneutralität unterstützen. Auch auf dem Weg zur Klimaneutralität der gesamten Bundesverwaltung bis 2030 kann die Z-Abteilung eine zentrale Rolle spielen. Beispielsweise kann sie Ansatzpunkte innerhalb der Behörde identifizieren, mit den Fachabteilungen Reduktionsziele vereinbaren, die Umsetzung von Maßnahmen methodisch unterstützen und etwa über ein Klima-Dashboard den Fortschritt messbar machen.

Julia Klier ist Partnerin bei McKinsey und berät staatliche und privatwirtschaftliche Klienten, unter anderem zu Organisationsthemen. Sie ist zudem Professorin an der Fakultät für Informatik & Data Science an der Universität Regensburg.

Björn Münstermann ist Senior Partner und Leiter der Beratung des Öffentlichen Sektors bei McKinsey in Deutschland und Österreich. Er ist zudem Teil des Führungsteams von McKinsey Digital und verfügt über mehr als 20 Jahre Beratungserfahrung mit Schwerpunkt auf dem öffentlichen Sektor.

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