Für die deutsche Wirtschaft hat das Thema Nachhaltigkeit eine hohe Priorität – die Finanzdienstleister bilden hier keine Ausnahme. Dafür sorgen die Erwartungen von Kunden und Stakeholdern, aber auch ein strengeres Regelwerk der Politik. Auch die weiter angespannte Lage am Energiemarkt trägt ihren Teil bei. Das Ziel des europäischen Green Deals, CO2-Neutralität bis 2050 zu erreichen, und die daraus abgeleitete EU-Taxonomie erhöhen den Druck.
Laut einer Infas-Quo-Umfrage im Auftrag von Cisco haben sich auch bereits 95 Prozent der Befragten im deutschen Finanzsektor mit dem Thema beschäftigt. Aber nur gut die Hälfte (57 Prozent) hat bereits konkrete Ziele definiert und lediglich 28 Prozent erstellen regelmäßige Reports. Der Fokus der Nachhaltigkeitsbestrebungen liegt bislang primär auf den eigenen Geschäftsaktivitäten, was ins Bild der Taxonomie passt. Doch seit die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) fordert, im Risikomanagement auch ESG-Risiken zu berücksichtigen, rücken interne Nachhaltigkeitsaspekte stärker in den Blick. Dabei übersehen viele Finanzdienstleister, welchen Beitrag die eigene IT leisten kann.
Unterschätztes Potenzial von „Green IT“
Die Finanzbranche zielt mit ihrem Engagement für mehr Nachhaltigkeit auf konkrete Vorteile: 61 Prozent der im Rahmen der Infas-Quo-Umfrage kontaktierten Finanzakteure würden gerne mehr Energie einsparen, 48 Prozent die Lieferkette verbessern. Die eigene IT sieht jedoch nur ein Drittel der Antwortenden als einen effizienten Hebel.
Dabei bildet der Energie- und Ressourcenverbrauch der IT im Finanzsektor einen erheblichen Teil des CO2-Fußabdrucks. Laut einer von der Unternehmensberatung McKinsey veröffentlichten Untersuchung aus dem Jahr 2022 beträgt der IT-Anteil an den Gesamtemissionen der Banken und Investmentunternehmen stattliche 36 Prozent. Im Energie- und Versorgungssektor sind es dagegen gerade einmal drei Prozent. Dementsprechend hoch ist das Potenzial, mit modernen, effizienteren IT-Architekturen spürbare Einsparungen zu erreichen.
Grünere Rechenzentren sind möglich
Und der Handlungsdruck steigt: In den vergangenen fünf Jahren hat sich der weltweite Internetverkehr mehr als verdreifacht. Der zunehmende Einsatz von Videokonferenzen und KI-Anwendungen wird die Datenmenge und damit den Energieverbrauch in den Rechenzentren nochmals deutlich steigern. So schätzen Experten des Hasso-Plattner-Instituts (HPI), dass dieser Anteil in den nächsten Jahren von heute rund vier Prozent auf bis zu 30 Prozent steigen kann.
Durch das EU-Energieeffizienzgesetz müssen Unternehmen und Rechenzentren spätestens ab 2024 Energieeinsparmaßnahmen ergreifen. Durch den Einsatz moderner Datacenter-Technologien ist es heute bereits möglich, den Energiebedarf und die Betriebskosten eines Rechenzentrums um fast 20 Prozent zu reduzieren.
Einen noch größeren Hebel für Einsparung von Treibhausgasemissionen bringt die Wahl der Energieart. Die Nutzung lokal verfügbarer, regenerativer Energiequellen wie Sonnen- und Windenergie verrringern diese deutlich.
Auf Sustainability by Design und Cloud setzen
Darüber hinaus ist die Finanzbranche gut beraten, bei der Modernisierung der IT Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen: So sollte zum Beispiel Hardware gewählt werden, die unter Nachhaltigkeitsprinzipien entwickelt wurde (Circular Design Principles). Diese zeichnen sich durch einen modularen Aufbau, gute Reparaturfähigkeit sowie umfangreiche Recycling- und Weiterverwertungsprogramme aus.
Die Optimierung der IT-Infrastruktur durch die Cloud ist ein weiterer wichtiger Schritt, um energieeffiziente Hardware erfolgreich einzusetzen. Cloud-Architekturen haben aufgrund von Skalierungseffekten und starker Virtualisierung deutliche Vorteile.
Smart-Building-Technologien nutzen
In der Finanzbranche machen neben der IT die Bürogebäude und Arbeitsweisen der Mitarbeitenden einen signifikanten Teil der Treibhausgasemissionen aus. Smart-Building-Technologien, aber auch hybrides Arbeiten und Videokonferenzen, können einen deutlichen Beitrag zur Senkung des Energieverbrauchs leisten.
So lassen sich laut Bitkom durch Gebäudeautomation in Deutschland bis 2030 bis zu 14,7 Millionen Tonnen CO2-Emissionen einsparen. Sensoren und Automatisierungstechnologien sorgen beispielsweise für einen effizienten Energie- und Ressourcenverbrauch im Arbeitsalltag. Etwa dadurch, dass Licht und Heizungen bedarfsgerecht gesteuert werden – und auch Hardware wie Acces Points oder digitale Whiteboards können sich automatisch abschalten, wenn sie nicht genutzt werden.
Es zeigt sich also: Möglichkeiten über die eigene IT die Nachhaltigkeit zu erhöhen, gibt es in der Finanzbranche vielfach. Den Druck, deutlich grüner zu werden, spürt die Branche. Wie die von Cisco beauftragte Umfrage zeigt, ist bei über der Hälfte unserer Befragten in der Finanzbranche das Thema Nachhaltigkeit Chefsache. Ein gutes Zeichen – denn eine nachhaltige Entwicklung in Unternehmen darf kein Widerspruch zur Nutzung von moderner IT, Digitalisierung, Cybersecurity und KI-Anwendungen sein. Im Gegenteil: Die IT muss integraler Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie werden.