Deutschland reaktiviert in der aktuellen Energiekrise seine mit Kohle betriebenen Kraftwerke. In den USA hat die Administration der Regierung Biden das Verbot für Explorationsunternehmen zurückgenommen, auf öffentlichem Grund und Boden nach Öl und Gas zu bohren. China ist sogar im Begriff, die Fördermenge von Kohle bis auf das Niveau der gesamten EU-Förderung zu steigern. Und selbst die für Ende dieses Jahres vorgesehene Abschaltung deutscher Kernkraftwerke wird gerade in Frage gestellt und wieder heftig diskutiert.
Andererseits jedoch forcieren alle Länder auch den Ausbau erneuerbarer Energien. Zugleich stellt dieser Energiesektor eine wichtige Nachfragekraft auf den Märkten für Erze und Mineralien dar. Denn die Technologien, um saubere Energie zu produzieren, erfordern viel mehr Rohstoffe, darunter seltene Erden. Das macht die Energiewirtschaft inzwischen zum wichtigsten Kunden der entsprechenden Förderunternehmen. Verstärkt durch die aktuelle Krise. Sie beweist, welche Vorteile der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Energieversorgung hat. Das gilt sowohl hinsichtlich der Energiesicherheit als auch der effizienten Erzeugung von Strom und Wärme. Umso erfreulicher ist, dass sich in den vergangenen zehn Jahren die Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energien erheblich verbessert hat.
Attraktivität erneuerbarer Energien steigt
Steigende und vor allem extrem schwankende Erdgaspreise haben erheblich dazu beigetragen, die Attraktivität erneuerbarer Energien zu erhöhen. Das zwischenzeitliche Versiegen der Gaspipeline Nord Stream 1 hatte den Gaspreis zunächst auf 300 Euro schnellen lassen, bevor er wieder unter die 200-Euro-Marke fiel. Für die heimische Wirtschaft stellt dies immer noch eine große Belastung dar.
Erneuerbare Energien – das sind vor allem Wind, Sonne und Wasser, was erst einmal harmlos und sauber klingt. Aber die damit verbundenen elektronischen Steuerelemente, Speichersysteme, Transformationstechnik und Elektromotoren sind auf Metalle wie Kupfer, Lithium, Nickel und Kobalt angewiesen. Und überdies auf die selten vorkommenden Elemente Gallium, Germanium, Indium, Tellur und zahlreiche Platingruppenelemente. Viele dieser Metalle jedoch findet man hauptsächlich in Ländern mit höheren geopolitischen und sozialen Risiken.
Zentrale Rohstoffe kommen aus heiklen Ländern und Fördergebieten
Vier Fünftel des Weltvorkommens an seltenen Erden befinden sich allein in China, wo Menschen- und Arbeitsrechte laut UN-Hochkommissariat für Menschenrechte und vielen Nichtregierungsorganisationen als mangelhaft angesehen werden. Aber ohne diese Metalle kann die Wende hin zu einer kohlenstoffarmen Energiewirtschaft vermutlich nicht erreicht werden.
Aber viele Menschen und Organisationen betrachten die Bergbauindustrie skeptisch und fürchten, dass sie unserem Planeten und der Gesellschaft schadet. Kritik kommt sowohl von Umweltschützern als auch von Menschenrechtsaktivisten. Abholzung, der Einsatz von Schwermetallen, Verunreinigung von Flüssen, Kinderarbeit und unmenschliche Arbeitsbedingungen sind häufig mit dem Thema Bergbau verbunden.
Tatsächlich haben viele Bergbauunternehmen bei ESG-Kriterien zu Umwelt, Sozialem und Unternehmensführung bisher eine schlechte Bilanz. Zahlreiche Unglücke und Skandale, die Natur und Mensch geschadet haben, sind in der öffentlichen Wahrnehmung stets präsent. Diese Vorfälle, die häufig, aber nicht nur, in illegalen Minen auftraten und noch immer vorkommen, haben zu einem weit verbreiteten Misstrauen gegenüber der gesamten Bergbauindustrie geführt.
Bergbau erkennt mangelnde Nachhaltigkeit als größtes Betriebsrisiko
Die gute Nachricht ist jedoch, dass sich in jüngster Zeit das Bewusstsein in vielen Bergbauunternehmen für ihre gesamtgesellschaftliche Verantwortung verbessert hat. So hat eine Studie der Wirtschaftskanzlei White & Case ergeben, dass Spitzenmanager der Bergbauindustrie die (Nicht-) Beachtung der ESG-Kriterien als größtes betriebliches Risiko einschätzen – weit vor staatlicher Regulierung und Rohstoffnationalismus.
Und auch der jüngste Bericht der „Responsible Mining Foundation“, einer Nichtregierungsorganisation, die den Bergbau auf Einhaltung von ESG-Standards und Praktiken untersuchte, stellte eine signifikante Verbesserung der Unternehmensperformance fest – wenn auch von einem niedrigen Startniveau aus.
Industrie, Politik und Investoren sind gefordert
Die Bergbauindustrie muss ihre Leistungen beim Umweltschutz, der sozialen Verantwortung und Unternehmensführung deutlich steigern und dabei möglichst vielen Interessengruppen gerecht werden. Doch auch die Politik ist in der Pflicht. Regierungen weltweit müssen ihr Regelwerk optimieren. Nur so kann sichergestellt werden, dass Unternehmen für die von ihnen verursachten Schäden haften müssen und die Öffentlichkeit das verlorene Vertrauen in diese wichtige Industrie wieder erlangt.
Investoren, die auf Nachhaltigkeit Wert legen, sollten also den Bergbau nicht voreilig aus ihrem Universum ausschließen, sondern, im Gegenteil, nach verantwortlicheren Unternehmen Ausschau halten und ihren Einfluss geltend machen, den sie als Investoren dort haben.