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Standpunkte Mehr Investitionen in naturbasierte Lösungen benötigt

Ricarda Röller, Director of Business Development bei Goodcarbon
Ricarda Röller, Director of Business Development bei Goodcarbon Foto: Marc Waldow

Moore wieder vernässen, Wälder aufforsten und die regenerative Landwirtschaft stärken, all das hilft im Kampf gegen den Klimawandel und die Biodiversitätskrise. Um solche Projekte zu finanzieren, braucht es Investoren. Doch die tun sich besonders zu Anfang schwer, meint Ricarda Röller, unter anderem Vertriebschefin von Goodcarbon, einer Handelsplattform für CO2-Zertifikate. In Ihrem Standpunkt-Gastbeitrag schlägt sie drei Lösungsmöglichkeiten vor, um mehr Geldgeber zu gewinnen.

von Ricarda Röller

veröffentlicht am 23.03.2023

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Der Klimawandel ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit und ein permanent diskutiertes Thema. Trotz der aktuellen Bemühungen das Problem zu bekämpfen, laufen wir Gefahr, eine Erderwärmung von mehr als 2,5 Grad zu erreichen.

Doch diese Krise kann nicht isoliert betrachtet und gelöst werden. Der Klimawandel ist eng mit dem Verlust der Natur und der damit einhergehenden Biodiversitätskrise verbunden. Wie in einem Teufelskreis trägt diese Entwicklung aktiv zur weiteren Belastung unserer Ökosysteme bei: Durch die Zerstörung der Ökosysteme wird nämlich noch mehr CO2 in die Atmosphäre freigesetzt, was den Klimawandel wiederum weiter begünstigt und beschleunigt.

Auch Wirtschaft und Gesellschaft spüren diese Einschläge enorm: Mehr als 50 Prozent unseres BIPs sind direkt oder indirekt von der Natur abhängig. Insbesondere die ärmeren Bevölkerungsschichten im globalen Süden sind stark von den Auswirkungen des Klimawandels und dem Verlust unserer Ökosysteme betroffen, zum Beispiel durch Dürren oder Überschwemmungen.

Naturbasierte Lösungen können helfen

Naturbasierte Lösungen sind eine Möglichkeit für Staaten und Unternehmen, die drei großen Krisen – den Klimawandel, den Verlust der Biodiversität und die steigende globale Ungerechtigkeit – gleichzeitig anzugehen.

Dabei handelt es sich um Projekte, die den Schutz oder Wiederaufbau der Natur fördern, zum Beispiel durch Wiederaufforstung von Wäldern an Land oder Mangroven im Wasser, durch Schutz der Regenwälder und regenerative Landwirtschaft. Diese Projekte können nicht nur einen großen Beitrag zur globalen Dekarbonisierung leisten (mehr als 30 Prozent unseres globalen Dekarbonisierungsbedarfs bis 2030) und Biodiversität fördern, sondern auch bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützen.

Darüber hinaus unterstützen naturbasierte Lösungen die lokale Bevölkerung, die direkt von der Natur abhängt, indem sie Jobs schaffen, Investitionen in Bildung und Infrastruktur fördern und somit sozialen Impact erzielen.

Es braucht deutlich mehr Investitionen

Um die Klimaschutzziele zu erreichen, sind Investitionen in Höhe von acht Billionen US-Dollar in die Skalierung von naturbasierten Lösungen erforderlich. Aktuell fließen jährlich knapp 133 Milliarden US-Dollar in naturbasierte Lösungen, überwiegend aus öffentlichen Geldern. Bis 2050 entsteht jedoch eine Finanzierungslücke von fast vier Billionen US-Dollar, die es zu schließen gilt. Öffentliche Gelder können ein Teil dieser Lücke schließen, jedoch werden vor allem private Mittel erforderlich sein. Diese würden durch die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Förderung der lokalen Wirtschaft zusätzlich auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen.

Um private Gelder in den Schutz und Wiederaufbau der Natur zu lenken, braucht es Anreize, die es Unternehmen und Investoren ermöglichen, in naturbasierte Lösungen zu investieren. Dies lässt beispielsweise durch die Schaffung von CO2-Märkten oder durch die Einführung von Steuern auf Treibhausgasemissionen erreichen.

Investitionen müssen attraktiver werden

Maßnahmen wie Waldaufforstung, Wiedervernässung von Mooren und die Einführung regenerativer Landwirtschaftspraktiken bieten wichtige Chancen. Maßnahmen wie diese absorbieren CO2 aus der Atmosphäre und tragen zur Erhaltung der Biodiversität bei. Um diese Projekte zu skalieren, braucht es Investoren.

Eine Herausforderung hierbei stellt derzeit oft die Finanzierung der Anfangsinvestitionen dar. Unternehmen und Finanzinstitutionen schrecken meist sowohl vor Risiken als auch vor dem noch jungen Markt zurück und investieren daher vornehmlich in Projekte, die bereits CO2-Zertifikate generieren. Frühe Investitionen können sich jedoch lohnen: Getrieben von der steigenden Nachfrage erwarten Experten einen Preisanstieg der Wertpapiere von derzeit 5-20 US-Dollar pro Tonne CO2 auf weit über 50 Dollar bis 2030.

Um das Investmentrisiko zu verringern und die Attraktivität von Investitionen zu steigern, können folgende Maßnahmen helfen:

1. Wissenschaftlich basierte Machbarkeitsstudien vor Projektbeginn können die Umsetzbarkeit des Vorhabens prüfen und bestätigen. Im Rahmen der Due Diligence sollten auch die Qualität des geplanten Projekts im Detail analysiert werden, zum Beispiel in Bezug auf den Impact auf die Biodiversität, die Permanenz oder die Zusätzlichkeit.

2. Der Einsatz von Technologie: Mit Remote Sensing lassen sich zum Beispiel aus dem Weltall heraus Wälder beobachten. Das kann das Monitoring des Fortschritts vereinfachen und die Qualitätssicherung unterstützen. Satellitenbilder können nicht nur den Fortschritt der Projekte tagesgenau überprüfen, sondern auch Risiken frühzeitig identifizieren. Durch Skalierung von Remote-Sensing-Technologien kann zudem eine kosteneffizientere Messung der erreichten CO2-Einspeicherungen erzielt werden und auch die Biodiversität gemessen werden.

3. Die Strukturierung der Projektinvestitionen in standardisierte Finanzprodukte, zum Beispiel durch Tokenisierung, vereinfacht den Einstieg für Finanzinvestoren und Unternehmen. Durch die Umwandlung des Projekts in Finanzprodukte können Investoren einfach Zugang zu den CO2-Zertifikaten erhalten, ohne dabei Land im globalen Süden zu kaufen oder den Projektbetrieb selbst zu managen.

Experten erwarten, dass der Markt für CO2-Zertifikate aus naturbasierten Lösungen bis 2030 auf über 30 Milliarden US-Dollar steigen wird. Die populäre Option eines freiwilligen CO2-Markts bietet Unternehmen die Möglichkeit, naturbasierte Lösungen über CO2-Zertifikate zu monetarisieren und somit eine Rendite zu erzielen. Unternehmen, die sich Klimaneutralitäts- und/oder Netto-Null-Ziele gesetzt haben, treiben die Nachfrage nach CO2-Zertifikaten dabei stetig in die Höhe.

Insgesamt zeigt sich, dass das Interesse an naturbasierten Lösungen aus der Privatwirtschaft wächst. Dies wird unter anderem durch die Anforderungen des Kapitalmarkts, der Konsumenten und der Regulierung getrieben. Unternehmen und Finanzinstitutionen müssen zunehmend Teil der Lösung werden, um naturbasierte Lösungen zu skalieren, indem sie Investitionen bereitstellen und einen Teil des Risikos auf sich nehmen. Obwohl naturbasierte Lösungen keinen Ersatz für die Dekarbonisierung der Industrie sein können, so können sie dennoch einen wichtigen Beitrag dazu leisten, unsere Ziele in Bezug auf den Klimawandel und den Biodiversitätsverlust rechtzeitig zu erreichen und dabei sozialen Impact zu unterstützen.

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