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Smart City

Werkstattbericht Gesucht: Influencer für die digitale Verwaltung

Foto: Bad Salzuflen

Außerhalb der Bubble ist viel zu wenig über Smart Cities und die digitale Verwaltung bekannt, findet Lena Sargalski. Influencer:innen könnten daran etwas ändern und die Themen einer breiteren Bevölkerung zugänglich machen.

von Lena Sargalski

veröffentlicht am 03.01.2024

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Ein Tag im November 2023. Der erste Tag der Smart Country Convention. Wie viele Besucher zieht es mich zur Hauptbühne, auf der die offizielle Eröffnung stattfindet. Wie aus dem Nichts öffnet sich der menschengefüllte Raum vor der Bühne und es erscheinen Lutz van der Horst und Fabian Köster, gefolgt von einem Kamerateam. Das Duo gehört zum Team der Satiresendung „heute-show“ und stapft inmitten des Gedränges auf mich zu.

Haben sie mich wahrgenommen? Wie verhalte ich mich jetzt möglich unauffällig? Wie reagiere ich, wenn sie mich ansprechen sollten? Ich lächle. Die beiden gehen an mir vorbei. Innerlich mache ich drei Kreuze. Abgesehen von der Tatsache, dass ich selbst Angst hatte, Futter für die „heute-show“ zu liefern hat mich das Interesse des Teams an der wohl bekanntesten Smart-City-Veranstaltung überrascht. Eher selten nehme ich im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wahr, dass etwas ausführlicher über die digitale Verwaltung berichtet wird.

Influencer machen digitale Verwaltung pointiert zum Teil des Diskurses

Fabian Köster und Lutz van der Horst erreichen mit ihren Beiträgen ein Millionenpublikum. Sie haben Accounts auf X, Instagram, Threads und TikTok – auf letzterer Plattform folgen ihnen zusammen mehr als 500.000 Nutzer:innen. Sie machen Satire, aber tragen zugleich zur Transparenz der öffentlichen Verwaltung bei. Denn mit ihren kritischen Beiträgen machen sie die digitale Verwaltung pointiert zum Teil des aktuellen gesellschaftlichen Diskurses. Gesetzesänderungen, Förderprogramme und sogar ein paar Gesichter aus der Smart-City-Familie werden sichtbarer als zuvor. Sie erreichen Personen, die vorher niemals etwas zur Digitalisierung in Deutschland gegoogelt hätten. Die beiden Comedians wären – wenn auch ungewollt – die perfekten Influencer für die digitale Verwaltung – oder sind sie es insgeheim längst? Ich bin der Meinung, wir bräuchten mehr davon.

Denn ehrlicherweise und losgelöst von unserer Smart-City-Bubble verstehen viele Menschen nicht wirklich, was bei der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung abgeht und inwiefern sie davon profitieren. Das ist ein trauriger Zustand. Wenn ich willkürlich Personen im Supermarkt danach fragen würde, kämen mit großer Wahrscheinlichkeit viele leere Blicke. Ich merke das persönlich, wenn ich auf Bekannte oder Unbekannte treffe, denen ich meinen Job erkläre. Oftmals reagieren die Personen positiv und sind überrascht, was bereits für Rahmenbedingungen oder neue Denkweisen in einer Kommunalverwaltung wie Bad Salzuflen vorherrschen. Sie finden gut, dass nicht allein der häufig sehr technisch geprägte Begriff der Digitalisierung im Vordergrund steht. Sondern dass es darum geht, die Stadtgesellschaft bei der digitalen Transformation mitzunehmen. Das funktioniert auf der lokalen Ebene am besten.

CDOs müssen Visionen und Strategien kommunizieren

Die größte Chance für uns Städte und Gemeinden, Transparenz bei der Digitalisierung zu schaffen, ist der Dialog. Denn hier wird es sofort konkret. Wie lautet das Problem oder die Herausforderung und wie sieht die Lösung aus? Welche Bedenken oder Ängste gibt es? Dialoge sind wichtig, für sie braucht es ausreichend Zeit und die richtigen – auch digitalen – Formate. Oftmals erstreckt sich das Aufgabenfeld eines Chief Digital Officers (CDO) weit darüber hinaus. Eine wichtige Aufgabe für mich ist es, Grundlagenarbeit zu leisten. Sie ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche und nachhaltige Transformation. Diese Visionen, Strategien und Maßnahmen öffentlichkeitswirksam und verständlich zu vermarkten würde ich als eine wesentliche Herausforderung im Alltag eines CDOs bezeichnen.

Die meisten Menschen finden es wahrscheinlich ziemlich langweilig, wenn sie ein umfangreiches Strategiepapier zur Digitalisierung der Verwaltung lesen dürfen. Für Kinder und Jugendliche müssen Informationen anders identifiziert und aufbereitet werden als für Digitalisierungsexperten oder Verwaltungsmitarbeitende. Es braucht für den Bereich Digitalisierung Kommunikationsstrategien und -pläne sowie Expertise, um zielgruppenspezifisch die Botschaften aufzubereiten. Häufig müssen in der Kommunalverwaltung erst neue Kanäle erschlossen oder aufgebaut werden. Auch das setzt Innovation und Strukturen voraus, nimmt kommunale Ressourcen in Anspruch. Und je kleiner eine Kommune ist, desto weniger Mittel werden hierfür in der Regel zur Verfügung stehen.

Ein Blick in meine Smart-City-Bubble, eher auf LinkedIn und weniger auf TikTok: Im Fokus der Beiträge stehen fast ausnahmslose positive Botschaften: Teilnahme an einem Wettbewerb, Gewinn eines Preises, Top-Platzierung im Smart-City-Ranking oder „Auf zu neuen Ufern“ – die Liste an guten Nachrichten ist lang. Ich glaube, ähnlich wie in anderen Sozialen Medien wie Instagram fällt es nicht leicht, Misserfolge öffentlich zu teilen und zu feiern. Wir müssen erstmal daran arbeiten, grundsätzlich auf verschiedenen Kanälen zu existieren und sie sinnvoll zu bespielen. Dazu helfen die guten Botschaften. Zur Inspiration, wie Misserfolge ansprechend kommuniziert werden können, lohnt sich der Beitrag der „heute-show“. Und ich bin mir sicher, einen Teil der Inhalte wird es gewollt oder ungewollt in die Sozialen Medien schaffen. Als Ausstrahlungstermin für das „heute-show spezial“ mit dem vielversprechenden Titel „Deutschland hat das Faxen dicke!“ ist der 19. Januar 2024 angekündigt.

Lena Sargalski arbeitet als Chief Digital Officer bei der Stadtverwaltung Bad Salzuflen in Ostwestfalen-Lippe. Seit Januar 2024 leitet sie kommissarisch den Stab Strategie, Innovation und Digitalisierung. Neben den Aufgabenbereichen Strategieentwicklung, interne Digitalisierung und interkommunale Zusammenarbeit liegt ein Fokus auf der aktiven Ausgestaltung des digitalen Wandels in der Stadtgesellschaft. Von ihr bisher in dieser Rubrik erschienen: Von ihr bisher in dieser Rubrik erschienen: „Auf die Haltung kommt es an“, „Mehr Mutausbrüche in der Verwaltung“, „Think smart: Silos aufbrechen, aber wie?“ sowie Digitale Kompetenzen brauchen Training“.

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