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Verkehr & Smart Mobility

Standpunkte Autofreie Innenstädte schaffen Transportlücke

Tom Kirschbaum, Co-CEO & Founder von door2door
Tom Kirschbaum, Co-CEO & Founder von door2door Foto: Foto: promo

Tom Kirschbaum, der CO-Gründer von „door2door“, sieht eine gewaltige ÖPNV-Lücke auf Europa zukommen. 250 Milliarden Personenkilometer müssen bis 2030 ersetzt werden. Am besten geht das aus seiner Sicht mit kommunalem On-Demand Ridepooling. Dafür schaffe die Reform des Personenbeförderungsgesetzes nun die Voraussetzungen.

von Tom Kirschbaum

veröffentlicht am 27.10.2020

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München plant eine autofreie Innenstadt, Köln will die Altstadt in eine Fußgängerzone verwandeln, Brüssel und Paris werden Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2030 verbieten, Oslo will den gesamten Parkraum in der Innenstadt abschaffen. Ein eindeutiger Trend.

Sperrungen, Maut und Fahrverbote: Immer mehr Städte in Europa und Deutschland wollen die Autos aus den Innenstadtbereichen verdrängen. Angeführt wird der Wandel von Städten wie Kopenhagen und Amsterdam. Weltweit ist Europa führend, Deutschland kommt in der Umstellung eine Schlüsselrolle zu. Was in den Metropolen beginnt, wird sich auch in kleineren Städten fortsetzen.

250 Milliarden Personenkilometer müssen neu bedient werden

Wenn Menschen nicht mehr mit dem Auto in die Innenstädte kommen können, brauchen sie andere Verkehrsmittel. Das internationale Automobil-Beratungsunternehmen Berylls hat errechnet, dass ab 2030 in Europa pro Jahr mindestens 250 Milliarden Personenkilometer neu bedient werden müssen.

Diese immense Transport-Lücke betrifft Pendler, die in die Innenstadt fahren, aber auch die Randbezirke großer Städte, in denen die Alternativen zum Auto fehlen. So rechnet alleine die Stadt London mit fünf Millionen Extra-Fahrten pro Tag, mit denen das Auto ersetzt werden müssen. Und das vor allem in Gebieten außerhalb der gut abgedeckten Innenstadt.

1920 Milliarden Euro Investitionen

Regierungen in Europa haben das Problem der dramatisch wachsenden ÖPNV-Lücke erkannt und mit dem Umsteuern begonnen. Die staatlichen Investitionen für neue Mobilität in den EU-Staaten und im EU-Haushalt belaufen sich auf 1920 Milliarden Euro bis 2030. Eine gigantische Summe, die nun zielgenau eingesetzt werden muss.

Ein großer Anteil der Investitionen wird dabei auf On-Demand Ridepooling entfallen, auf Deutsch bekannt als „gebündelter Bedarfsverkehr“. Die EU hat hierfür circa 140 Milliarden vorgesehen, in Deutschland sind es knapp 41 Milliarden Euro.

Shuttle-Angebote schließen die Transport-Lücke am schnellsten

Die verschiedenen Alternativen zum Auto können unterschiedlich schnell ausgebaut werden. Der Bau von neuen U-Bahnen dauert in der Regel zehn Jahre oder mehr. Die Erweiterung bestehender Linienverkehre ist in rund 36 Monaten möglich. Der digitale Rufbus, sprich On-Demand Ridepooling, ist in weniger als sechs Monaten eingerichtet, wie die Stadt Münster im September 2020 mit dem „LOOP“ bewiesen hat. Dieser Kleinbus fährt, wo es sonst kein Angebot gibt, wird über eine App gerufen und nimmt auf dem Weg weitere Fahrgäste mit.

Deshalb steigt die Anzahl der Angebote von On-Demand Ridepooling weltweit rasant. Die meisten Projekte werden in Europa durchgeführt, Deutschland liegt mit bisher 48 umgesetzten Projekten an der Spitze. „door2door“ etwa hat in den vergangenen Monaten Angebote in Münster, München, Murnau und Augsburg an den Start gebracht.

Für die Kommunen ist Ridepooling als Teil des öffentlichen Nahverkehrs besonders interessant. Denn mit einem eigenen Angebot können sie Dienste wie Uber und Via aus den USA verbieten, so sieht es das neue Personenbeförderungsgesetz des Bundes vor, das in diesem Herbst verabschiedet werden soll. Kommunal organisiertes Ridepooling hat den großen Vorteil gegenüber privaten Anbietern, dass nicht nur lukrative Bereiche in den Innenstädten und Szenevierteln bedient werden. Nur die Kommunen können sicherstellen, dass der neue ÖPNV auch wirklich alle Menschen erreicht und die Transportlücke schließt.

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