Der Markt für eCargobikes wächst, und die Nutzung entsprechender Radlogistikangebote wird zunehmend attraktiver. Ein Branchenumsatz von 120 Millionen Euro unterstreicht die Entwicklung und die Nachfrage nach klimafreundlichen Alternativen. Hinzu kommt die neueste Überarbeitung der EU-Verordnung über die CO2-Emissionen von Pkw und Transportern. Diese sieht vor, dass ab 2035 EU-weit nur noch emissionsfreie Neuwagen und Transporter verkauft werden dürfen. Eine Senkung des flottenweiten CO2-Ziels für Fahrzeughersteller ab 2035 auf 0 Gramm CO2/km festzulegen ist für die Verkehrs- und Klimawende ein wichtiger und unerlässlicher Schritt.
Dennoch: Marketing, Werbeanzeigen und Framing des Logistiksektors sind weiterhin auf Transporter und Autos ausgelegt. Dabei hat die Diversifikation der zu liefernden Produkte, insbesondere durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie, zugenommen und das Lieferaufkommen, gleichzeitig aber auch die Auslieferungsmöglichkeiten selbst, erhöht. Obwohl auf Kundenseite der Wunsch nach klimafreundlichen Lieferungen steigt und das Umweltbewusstsein zunimmt, wird auf Angebotsseite weiterhin zu wenig auf diese Aspekte geachtet. Auch geht die politische Befürwortung kaum über Lippenbekenntnisse hinaus. Es hakt an mehreren Stellen.
Um die Transformationsgeschwindigkeit der Branche hochzuhalten, werden seitens Bund, Ländern, Städten und Kommunen verstärkt Fördermaßnahmen für elektrische Antriebe angeboten – wobei der Schwerpunkt hier auf Pkw und Nutzfahrzeugen liegt. Zwar wurden schon einige Förderungen für Lastenräder etabliert, doch diese gehen oftmals am eigentlichen Konzept der Anbieter vorbei. Im Vergleich zu Leasing- und Mietmodellen im Automobilsektor, die je nach Einsatz gefördert werden, wirkt die Auskopplung ähnlicher Modelle im eCargobike-Sektor als eine Art Diskriminierung.
Diesel-Transporter dürfen immer noch in zweiter Reihe parken
Anbieter von eCargobikes sind somit im Wettbewerb benachteiligt, vor allem im Vergleich zu Diesel-Transportern. Während das Konzept von eCargobikes darauf beruht, platzsparend und emissionsfrei sowie nur auf ausgewiesenen Fahrradwegen bewegt zu werden, wird den altmodischen Gefährten weiterhin das Parken in der zweiten Reihe erlaubt – Stau, Ärgernisse und Behinderungen im Verkehrsfluss werden weiter hingenommen. Eine entsprechende politische sowie wettbewerbsrechtliche Anpassung der Anforderungen an den Lieferverkehr ist insbesondere in Städten dringend gefragt.
Vor allem im gewerblichen Bereich ist eine Einrichtung von Zero-Emission-Zonen notwendig. Überlegungen, gewisse Stadtbereiche so weit wie möglich frei von Schadstoffausstoß zu halten, müssen in diesem Rahmen strenger verfolgt werden. Mit diesem Punkt einher geht zudem die Notwendigkeit einer neuen und ausgeklügelten Stadtplanung.
Erste Impulse für ein Umdenken im Bereich der urbanen Mobilität lieferte die Corona-Pandemie. Leider wurde das Potenzial von Cargobikes in Deutschland nicht gleichermaßen wie im Ausland erkannt. Somit ließ, entgegen hoffnungsvollen Erwartungen, die kurzzeitig verbesserte Klimabilanz des Verkehrs in deutschen Städten wieder nach. Letztlich bleibt festzustellen, dass die bisherige Stadt- und Verkehrsplanung den Anforderungen der Bevölkerung und eines nachhaltigen Logistiksektors nicht ausreichend gerecht werden.
Während aktuelle Szenarien bis 2050 für die Stadt Berlin eine Beteiligung des Radverkehrs am allgemeinen Verkehrsaufkommen von gut 25 Prozent projizieren und der motorisierte Individualverkehr lediglich zehn Prozent des Modal Split darstellt, muss sich eine zukunftsorientierte Verkehrsplanung an den gesellschaftlichen Trends und Entwicklungen orientieren. Verkehrssicherheit sowie Barrierefreiheit, die massive Reduzierung des Stauaufkommens, die dadurch gehobene Luftqualität sowie die gerechtere Verteilung des öffentlichen Raums müssen hier zwingend im Vordergrund stehen.
Hierzu gehören insbesondere breite und gesonderte Radwege. Die Errichtung von ausreichenden Abstellplätzen muss in der Planung ebenfalls bedacht werden. Selbst beim Ausbau beider Forderungen wird anderen Formen der Mobilität weiterhin genügend Platz geboten. Eine effiziente und bedarfsgerechte Aufteilung des öffentlichen Raums ist der entscheidende Faktor für das Gelingen einer nachhaltigen und zukunftsgerechten Mobilitätswende.
Ungenutzte Flächen für dezentrale Mikro-Depots
Geht um eine sinnvolle Verteilung und Nutzung urbaner Räume, gilt es, den Blick ebenfalls in den Untergrund und auf nicht genutzte Flächen zu richten. Immer häufiger sehen sich Parkraumanbieter einem enormen Platzpotenzial gegenüber, das bislang ungenutzt blieb. Vereinzelte Anbieter reagieren nun und bieten die freistehenden Flächen zur Etablierung von dezentralen Mikro-Depots an.
Die Vorteile hierbei liegen auf der Hand: Ungenutzte Fläche werden ökologisch und ökonomisch sinnvoll verwendet, die zur Verfügung stehenden Parkräume sind flächendeckend verteilt sowie optimal an bestehende Infrastruktur angebunden und bieten ausreichend Platz, um entsprechende Mengen an Waren zu kommissionieren, umzuladen oder kurzzeitig zu lagern.
Die Neuplanung sowie Entwicklung diverser Containerhubs in Städten schaffen großes Potenzial, das aufgrund der voranschreitenden Urbanisierung und des Wachstums innerstädtischer Warenströme dringend genutzt werden muss. Die Anforderungen eines niedrigen Rohstoff-, Energie- und Flächenverbrauchs schaffen vor dem Hintergrund steigender Warenlieferungen die Notwendigkeit, zusätzliche Verteilzentren zu etablieren.
Nur so kann die steigende Komplexität im Bereich der City-Logistik den Handlungs- und Lösungsbedarf langfristig zuverlässig abdecken. Etwaige Förderungen für die Etablierung dieser Depots sowie der politische Wille, diese ungenutzten Flächen zu einem gewissen Anteil an die aktuelle und künftige Nachfrage gesetzlich anzupassen, würde einer innovativen Stadtplanung und somit einer nachhaltigen Verkehrswende zugutekommen.
Somit fehlt es neben entsprechenden politischen Förderungen allen voran an einer durchdachten Infrastrukturplanung. Die derzeitige Diskrepanz zwischen politischen Lippenbekenntnissen, den Erwartungen der Branche und der Gesellschaft ist eklatant. Das Potenzial etwaiger Geschäftsmodelle, Partnerschaften und innovativer Ideen ist bereits vorhanden, doch wie so oft hapert es an sinnvollen und verlässlichen politischen Rahmenbedingungen.