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Verkehr & Smart Mobility

Standpunkte Ein zentrales Instrument auf Deutschlands Klimapfad

Uta Maria Pfeiffer, Mobilitätsexpertin beim BDI
Uta Maria Pfeiffer, Mobilitätsexpertin beim BDI Foto: Promo

Die Bundesregierung will die LKW-Maut ab 2024 auf alle Nutzfahrzeuge über 3,5 Tonnen ausweiten und eine CO2-Komponente einführen. Die Verwendung von schweren E-Transportern darf jedoch kein Nachteil sein. Und die Einnahmen müssen vor allem in den Aufbau der Ladeinfrastruktur fließen.

von Uta Maria Pfeiffer

veröffentlicht am 20.03.2023

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Die Klimaziele erfordern einen massiven Hochlauf alternativer Antriebstechnologien im Straßengüterverkehr. Bereits 2030 müssten 76 Prozent der in Deutschland neu zugelassenen schweren Nutzfahrzeuge gemäß einer Studie des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und der Unternehmensberatung BCG über einen alternativen Antrieb verfügen.

Die Lkw-Maut hat sich in der Vergangenheit bereits als wirksamer Hebel für eine Lkw-Flottenerneuerung erwiesen. Die Absicht der Bundesregierung, eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen bei gleichzeitiger Vermeidung einer Doppelbelastung durch den CO2-Preis vorzunehmen, ist deshalb sehr zu begrüßen. Eine CO2-Komponente in der Lkw-Maut schafft verbesserte Anreizstrukturen für eine Flottenmodernisierung in Richtung CO2-Effizienz: Die Kostenbelastung steigt nicht wie bislang weitestgehend pauschal, sondern vielmehr möglichst präzise entlang des CO2-Ausstoßes.

Enger Beteiligungsprozess nötig

Die Einführung und Staffelung der CO2-basierten Lkw-Maut sollte sich jedoch an der Marktverfügbarkeit von Fahrzeugen mit alternativen Antriebstechnologien orientieren und mit hinreichendem Planungsvorlauf beschlossen werden. Das Bundesverkehrsministerium ist daher aufgefordert, ein entsprechendes Gesamtkonzept möglichst schnell vorzulegen und intensiv mit den betroffenen Branchen, idealerweise über einen engen Beteiligungsprozess, zu diskutieren.

Nur so können die Unternehmen der Transport- und Logistikbranche frühzeitig Gewissheit über die im Folgejahr anstehenden Mautkosten erlangen und die Kosten anschließend an ihre Industrie- und Privatkunden weitergeben. Um einen europäischen Flickenteppich nationaler Mautgesetzgebungen zu vermeiden, muss die Bundesregierung nicht zuletzt auch bei den europäischen Partnern für eine schnelle Umsetzung werben.

Europarechtliche Gestaltungsspielräume nutzen

Außerdem ist es wichtig, die vorhandenen Gestaltungsspielräume für die Mautbefreiung und Mautreduzierung emissionsfreier und emissionsarmer Nutzfahrzeuge vollumfänglich zu nutzen. Das wahrt Kontinuität und Planungssicherheit für die Unternehmen. Batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) und Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) sind als Null-Emissions-Fahrzeuge (ZEV) klassifiziert und können bis 2025 von der Infrastrukturkomponente der Maut befreit werden. Anschließend können die EU-Mitgliedstaaten den Anteil der Mautreduzierung in dem vorgegebenen Rahmen festlegen: Bei emissionsfreien Nutzfahrzeugen liegt dieser Gestaltungsspielraum ab 2026 bei 50-75 Prozent, für emissionsarme Fahrzeuge bei 30-50 Prozent. Deutschland sollte diesen Rahmen voll ausnutzen.

Um auch das hohe THG-Einsparungspotenzial CO2-neutraler oder CO2-armer Kraftstoffe wie beispielsweise E-Fuels, HVO100, Bio-LNG oder Bio-CNG zu nutzen, gilt es in Abstimmung mit den betroffenen Akteuren ein zuverlässiges und praktikables Nachweisverfahren zu entwickeln, um eine nachträgliche Mautreduzierung zu ermöglichen.

Elektromobilität bei leichten Nutzfahrzeugen unterstützen

Was die Ausweitung auf alle Lkw über 3,5 Tonnen angeht, sollte die europarechtliche Möglichkeit genutzt werden, emissionsfreie Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 4,25 Tonnen von der Lkw-Maut weiter ganz auszunehmen. Ohne eine solche Regelung würden leichte Nutzfahrzeuge, die allein infolge des Zusatzgewichts durch alternative Antriebe die 3,5 Tonnen-Grenze überschreiten, gegenüber Fahrzeugen mit konventionellem Antrieb benachteiligt. Dadurch würde der Hochlauf der Elektromobilität in diesem Fahrzeugsegment behindert.

Doppelbelastung unbürokratisch vermeiden

Wichtig ist zudem, eine Doppelbelastung im Zusammenwirken mit anderen CO2-Bepreisungsinstrumenten unbürokratisch zu vermeiden. Angesichts dieser komplexen Herausforderung wäre es daher pragmatisch, zunächst an den in der EU-Wegekostenrichtlinie verankerten Richtwerten für den CO2 -Zuschlag anzusetzen und so für einen 40-Tonner mit einem Aufschlag von 8 Cent pro Kilometer zu starten. Dies entspräche einem Kostensatz von circa 100 Euro pro Tonne CO2 und würde den Mautsatz um etwa 42 Prozent erhöhen.

Mehreinnahmen für Klimaschutz im Güterverkehr verwenden

Die deutsche Industrie benötigt für das Erfüllen der Transportbedarfe alle Verkehrsträger. Daher sollten die im Zuge der CO2-Differenzierung der Maut generierten Mehreinnahmen für Klimaschutzmaßnahmen im Güterverkehr genutzt werden, insbesondere für den zügigen Ausbau einer bedarfsgerechten Tank- und Ladeinfrastruktur. Eine Verwendung für logistikfremde Maßnahmen schwächt die Akzeptanz der Lkw-Maut. 

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