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Verkehr & Smart Mobility

Standpunkte Mikromobilität 2.0 – ein Sicherheitswettbewerb unter den Anbietern

Claudius Leibfritz, Vorstand bei Allianz Partners und CEO Automotive
Claudius Leibfritz, Vorstand bei Allianz Partners und CEO Automotive Foto: PR

E-Tretroller-Verleiher haben aus dem Debakel der ersten Bikesharer gelernt: Sicherheitskonzepte sind entscheidend, um neuen Mobilitätskonzepten zum Durchbruch zu verhelfen, schreibt Allianz-Vorstand Claudius Leibfritz. Nur so lasse sich Vertrauen in neue Mobilitätsangebote herstellen. Dabei seien sowohl die Anbieter selbst als auch die Versicherer gefordert.

von Claudius Leibfritz

veröffentlicht am 17.09.2020

aktualisiert am 11.01.2023

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Die Mobilität befindet sich in einem grundlegenden Wandel. Angesichts des drohenden Verkehrskollapses in den Metropolregionen greifen wir zunehmend auf alternative Mobilitätskonzepte, wie zum Beispiel Sharing-Angebote, zurück. Der Trend: Mikromobilität – also die Nutzung von „shared“ E-Scootern, E-Bikes oder E-Mopeds zur Überbrückung insbesondere kurzer Distanzen. Die veränderten Stadtbilder in den letzten Monaten zeigen, dass die E-Scooter-Flotten aus den Innenstädten nicht mehr wegzudenken sind.

Von wenig regulierten Fahrradflotten zur Mikromobilität 2.0

Vor einigen Jahren gab es einen ähnlichen Trend: Asiatische Bikesharing-Anbieter fluteten die Innenstädte mit Leihfahrrädern. Doch der Enthusiasmus für die Mikromobilität 1.0 schwand schnell. Zugestellte Gehwege, Vandalismus, Diebstahl und defekte Produkte sorgten für Gegenwind. Erschwerend hinzu kamen Preisschlachten sowie finanzieller Druck durch die rasante Expansion und hastig ausgearbeitete Geschäftsmodelle – schnell verschwanden viele Fahrrad-Flotten wieder aus den Städten.

Nun sehen wir eine neue Welle der Mikromobilität 2.0, die die urbane Mobilität in Europa seit dem vergangenen Jahr komplett revolutioniert. Die neuen E-Scooter und E-Bike-Anbieter haben aus den Fehlern ihrer Vorgänger gelernt und werden von vielen Kunden positiv angenommen. Entscheidende Faktoren sind vor allem Sicherheit, Internationalität und niedrige Eintrittshürden. Wer sich bei einem lokalen Mobilitätsanbieter mit nur wenigen Klicks anmeldet, kann dessen App meist über Ländergrenzen hinweg nutzen.

Doch bei allem Optimismus – auch die Mikromobilität 2.0 hat Verbesserungspotenzial. Ohne ausgewiesene Parkflächen stehen E-Scooter häufig im Weg. Das stört Anwohner und Fußgänger und kann für Menschen mit Sehbehinderung zur Gefahr werden. Auch Berichte über Vandalismus häufen sich. So landeten in Lyon im Herbst 2019 mehr als 100 E-Scooter in der Rhône. Nach enormen Auswirkungen durch die Lockdowns der letzten Monate hat das Geschäft wieder Fahrt aufgenommen, und gerade jetzt, wo die Menschen wieder in die Städte strömen, aber soziale Distanz wahren möchten, ist Mikromobilität eine interessante Alternative zu den öffentlichen Verkehrsmitteln.

Sicherheit – das Thema Nummer eins

Als Versicherungsunternehmen verfolgen wir die Diskussion über Unfälle mit E-Scootern mit besonderem Interesse. Unseren Forschungen zufolge trägt dazu vorrangig die Unerfahrenheit der Fahrer bei. Hinzu kommt, dass viele der Nutzer E-Scooter eher als Spaßfahrzeug und weniger als ernstzunehmendes Verkehrsmittel betrachten. Es braucht noch einiges an Aufklärungsarbeit, bis sich zum Beispiel  das Tragen eines Helmes und Nüchternheit „am Steuer“ auch auf dem E-Scooter als Selbstverständlichkeit etablieren werden. 

Viele Anbieter haben bereits entsprechende Initiativen gestartet, darunter Helmprogramme. Gemeinsam mit unserem Partner Lime haben wir beispielsweise eine Sicherheitskampagne ins Leben gerufen, bei der wir unter anderem 50.000 Helme für E-Scooter Nutzer bereitstellen. Der Anbieter Tier stattet in ersten Städten E-Scooter mit Helm aus, und ein anderer Anbieter rief in der Vergangenheit zum „Helm-Selfie“ auf. Zudem wurden die neuen E-Scooter-Generationen mit neuen Sicherheitsfeatures ausgestattet: Größere Reifen, bessere Bremsen und ein niedrigerer Schwerpunkt verbessern Stabilität und Handhabung. Funktionen zur Erkennung von Fahrten auf dem Bürgersteig und Alkoholkonsum sowie Lenker aus antibakteriellem Material erhöhen die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. Aktuell liefern sich die Anbieter einen regelrechten Wettbewerb um das beste Sicherheitskonzept.

Automatisch und ohne zusätzliche Kosten versichert 

Auch Versicherungen tragen ihren Teil dazu bei, Mikromobilität sicherer zu gestalten und die gesellschaftliche Akzeptanz voranzutreiben. Versicherungsprogramme bieten ein zusätzliches Maß an Sicherheit für den Fahrer sowie Dritte und sind zunehmend eine Voraussetzung für Betreiberlizenzen. Gemeinsam mit Lime hat unser Unternehmen im Mai ein umfassendes und internationales Versicherungsprogramm etabliert, bei dem Lime-Nutzer nun automatisch und ohne zusätzliche Kosten unfall- und haftpflichtversichert sind, sobald sie auf ihren E-Scooter oder ihr E-Bike steigen. Gekoppelt daran ist eine globale Informationskampagne zum Thema Straßenverkehrssicherheit und Mikromobilität.

Alles in allem bin ich überzeugt: Die Mikromobilität 2.0 wird sich weiter etablieren und nicht etwa ihrem Vorgänger als kurzlebiger Trend in die Versenkung folgen. Die Allianz nimmt dabei eine aktive Rolle ein. Es ist wichtig, die operative Komplexität für die Kunden der „New Mobility“ zu verringern, Vertrauen in die Fortbewegungsmittel der Zukunft zu stärken und so die neue Mobilität aktiv mitzugestalten.

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