Drei Jahre Große Koalition hat unter digitalpolitischen Gesichtspunkten vieles ins Rennen gebracht. Doch sozialdemokratische Politik ist erst fertig, wenn sie am Arbeitsplatz und in den Schulen ankommt und digitale Souveränität garantiert wird. Fortschritt muss sozial und digital sein. Deshalb sollten wir jetzt nicht auslaufen. Sprint ist noch einmal angesagt. Was darf man also hoffen vom letzten Jahr der „GroKo“?
Am Arbeitsplatz…
Unser Arbeitsminister Hubertus Heil hat vorgelegt. Der Koalitionspartner will nicht mitziehen. Doch im Koalitionsvertrag steht deutlich, dass wir einen Rechtsrahmen zur Erleichterung von mobiler Arbeit schaffen. Wir wissen: Die Möglichkeit zum Homeoffice bringt mehr Zeitsouveränität. Das ist vielen Lebensmodellen einfach angemessener, besonders in Familien mit zwei arbeitenden Elternteilen. Zusammen mit unserem Arbeitsminister drängen wir auf die Umsetzung des Koalitionsvertrags. Eine laufende Studie des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik zeigt, dass über 80 Prozent der Befragten zufrieden mit der Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten. Diese Stimmen müssen gehört werden.
Mitbestimmung ist ein Muss und erzeugt positive Effekte in allen Bereichen. Das gilt für die großen digitalen Unternehmen genauso wie für Start-ups. Oft fehlt es an der Einbindung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Wir wollen das ändern. Auch wollen wir eine bessere monetäre Mitarbeiterbeteiligung fördern und damit Anreize setzen für gute Arbeit und eine neue Solidarität in der digitalen Arbeit. Olaf Scholz legt dafür ein Maßnahmenpaket mit steuerlichen Erleichterungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor. Das wollen wir noch bis Ende des Jahres umsetzen.
…den Schulen...
Für ein gutes Zusammenleben brauchen Kinder Bildungschancen. Doch der Digitalpakt hinkt. Es reicht nicht, wenn die Länder Einzelmaßnahmen vorschlagen während die Kultusministerinnen und -minister sich im Länder-Wettbewerb verheddern. Lehrende und Lernende brauchen schnell bessere digitale Bedingungen. Deshalb haben Saskia Esken und die Bundeskanzlerin das Thema in diesem Corona-Sommer auch zur Chefinnensache erklärt. Wir bauen Kompetenzzentren für digitale Bildung auf, fördern eine konsequente Ausstattung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten bleiben und den Aufbau von Cloud- und Lehrmanagementsystemen. In den Schulen brauchen wir offen lizensierte Lehr- und Lernmittel. Doch Laptops alleine reichen nicht, wir brauchen auch günstigen Internetzugang für Schülerinnen und Schüler. Hier erwarten wir im kommenden Jahr deutlich mehr Engagement von der Unions-Fraktion.
...digitale Souveränität stärken
Alle Veränderung hängt auch am leistungsfähigen Netz. Wir hatten uns in Sachen Infrastruktur viel vorgenommen und manches ist geschafft. Das Parlament hat Milliarden zur Verfügung gestellt, aber der zuständige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer macht seinen Job nicht.
Die Diskussion um die 5G-Netzwerkausrüster haben wir als SPD vorangetrieben. Es ist gut, dass sich endlich ein Konsens bei 5G abzeichnet, der auch zu einem Ausschluss von nicht-vertrauenswürdigen Anbietern führen kann. Denn unsere technische Infrastruktur bildet auch die Grundlage für unsere digitale Souveränität. Jetzt brauchen wir dringend das IT-Sicherheitsgesetz 2.0. Im Bundesinnenministerium muss endlich ankommen, dass IT-Sicherheit fundamentaler Bestandteil der inneren Sicherheit ist.
Im digitalen Unternehmenswettbewerb brauchen wir eine neue Fairness, denn Internetkonzerne mit ihrer Monopolmacht zerstören unsere europäische Vielfalt. Maßgeblich für die Innovations- und Wettbewerbsförderung sind verlässliche gesetzlichen Rahmenbedingungen für Zukunftstechnologien. Wir wollen Innovation fördern und unsere europäische digitale Souveränität stärken. Mit der Umsetzung der Blockchain-Strategie schaffen wir weltweit die ersten verlässlichen Rahmenbedingungen für elektronische Wertpapiere. Denn gesetzliche Verlässlichkeit ist der deutsche und europäische Wettbewerbsvorteil. Dabei müssen der Mensch und eine gemeinwohlorientierte Gesellschaft im Zentrum stehen.
Für ein eigeständiges Digitalministerium
Es zeigt sich: Wir haben Vieles ins Rollen gebracht. Ein Jahr vor Ende der Legislaturperiode ist aber auch klar, dass eine stärkere digitalpolitische Koordinierung innerhalb der Bundesregierung dringend notwendig ist. Unsere logische Konsequenz: Ein eigenständiges Digitalministerium.
Jens Zimmermann ist
digitalpolitischer Sprecher der SPD Bundestagsfraktion, Elvan Korkmaz-Emre
seine Stellvertreterin. Heute und morgen Abend laden sie zur Veranstaltung „Unsere Digitale Zukunft“, an der unter anderem Saskia Esken, Olaf Scholz
und Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft, Wirtschaft und
Zivilgesellschaft teilnehmen.